Emscherkunstweg reicht jetzt bis in den Landschaftspark Duisburg-Nord

Die „Neustadt“ als Blickfang am Grünen Pfad weckt Erinnerungen
Von Petra Grünendahl

Von links: Kuratorin Britta Peters mit den Künstlern Marta Dyachenko und Julius von Bismarck vor dem Goliath, vorne das Freizeit- und
Allwetterbad Schwerte. Foto: Daniel Sadrowski.

„Miniaturstädte werden üblicherweise als ‚best of’ einer Region oder Stadt gebaut. Wir sind mit einem anderen Anspruch an unser Werk gegangen“, erklärte der in Berlin lebende Künstler Julius von Bismarck (*1983). Aus Stahl, Beton, Edelstahl und Aluminium, mit Fensterverzierungen, Wandreliefs, unzähligen kleinen Fensterscheiben aus Acrylglas äußerst ausgefeilt umgesetzt, bringen die Bauten Gewichte von 350 Kilogramm bis 6,6 Tonnen auf die Waage.

Julius von Bismarck und Marta Dyachenko vor den City Wohnturm Bergkamen, vorne das Gammel-Wohnhaus Hamm. Foto: Daniel Sadrowski.

Von Bismarck hat in Zusammenarbeit mit der Architektin und Künstlerin Marta Dyachenko (*1990 in Kiew/Ukraine) jeden Bau in der „Neustadt“ eigenständig und eine Skulptur für sich konzipiert. Auf einer Grünfläche am Fahrradweg „Grüner Pfad“ zwischen Alter Emscher und A42 sind zwei Straßenzüge entstanden, an denen Nachbauten von abgerissenen Gebäuden aus dem Ruhrgebiet eine fiktive Stadt, die „Neustadt“, bilden. Wichtig war den Künstlern nicht der originalgetreue Nachbau, sondern dass die Bauten ihrem gealterten Zustand beim Abriss entsprechen: Vom Leben gezeichnet stehen sie für ihre Zeit im Ruhrgebiet.

Von links: Volkshochschule Essen, Citywohnturm Bergkamen, Gammel-Wohnhaus Hamm und Kirche St. Joseph Essen. Foto: Julius von Bismarck.

Von 1904 bis in die Mitte der 1970er-Jahre entstammen die Originale, die Stück für Stück seit 2006 abgerissen worden waren. „Hier wurde Geschichte wird aus dem Stadtbild getilgt“, erklärte Kuratorin Britta Peters, künstlerische Leiterin der Urbane Künste Ruhr. „Das waren politische Entscheidungen.“

 
 
 

Gruppenbild (von links): Prof. Dr. Uli Paetzel, Marta Dyachenko, Britta Peters, Dr. Vera Battis-Reese, Julius von Bismarck und Karola Geiß-Netthöfel. Foto: Daniel Sadrowski.

Die „Neustadt“ ist das mittlerweile 19. Kunstwerk entlang des Emscherkunstwegs, der von der Emscherquelle in Holzwickede bis zur Mündung in den Rhein führt. Das erste Kunstwerk auf Duisburger Boden stellten Karola Geiß-Netthöfel (Regionaldirektorin Regionalverband Ruhr RVR), Prof. Dr. Uli Paetzel (Vorstandsvorsitzender der Emschergenossenschaft) und Dr. Vera Battis-Reese (Geschäftsführerin Kultur Ruhr GmbH) zusammen mit den Künstlern Julius von Bismarck und Marta Dyachenko sowie Kuratorin Britta Peters online vor.

Vorne die Volkshochschule Essen, hinten Citywohnturm Bergkamen, rechts die Kirche St. Joseph Essen. Foto: Julius von Bismarck.

Die Auswahl der Gebäudetypen und Bauaufgaben folgte keinem strengen System, sondern ästhetischen, skulpturalen Kritierien und dem Wunsch der Künstler, einen Querschnitt des lokalen Städtebaus aufzuzeigen. So steht neben einem Essener Mietshaus aus der Gründerzeit der Wohnkomplex einer einstigen Modellsiedlung von 1965 oder die Wohnanlage „Goliath“ (beide aus Marl). In der Nachbarschaft der „Neustadt“ erzählen weitere Wohneinheiten im Plattenbaustil von der Sozialgeschichte der 1960er- und 1970er Jahre. Schulen, Kirchen und Schwimmbäder komplettieren das Bild. Aus Duisburg stammen der Hochbunker vom Hochfelder Markt (Abriss 2016) und die Pauluskirche in Marxloh (Abriss 2014). Die Auswahl lässt natürlich auch Fragen zum Denkmalschutz aufkommen, gehörten manche Gebäude doch einst zu den Ikonen der modernen Architektur der Nachkriegszeit. Vielen Bauten ist gemein, dass sie auf eine lange „Leidensgeschichte“ zurückblicken können: Oftmals verfielen die Architekturen, weil von den Verantwortlichen eine Nutzung, Umnutzung oder Sanierung nicht errungen werden konnte. Die „Neustadt“ eröffnet eine Erinnerungsmaschine, die über das privat Erlebte hinausgeht.

 

Von links: Volkshochschule Essen, Citywohnturm Bergkamen, Gammel-Wohnhaus Hamm und Kirche St. Joseph Essen. Foto: Daniel Sadrowski.

Die Arbeit provoziert Fragen zur Entwicklung des urbanen Raums: Warum wurde dieses Gebäude abgerissen? Wer entscheidet, ob eine Architektur erhaltenswert ist? Aus ökologischer Sicht würde man manches vielleicht heute anders sehen, denn im Beton steckt viel Energie: „Wenn man abreißt, muss man überlegen, ob es verantwortungsvoll ist“, meinte Julius von Bismarck. Offensichtlich spielen ökonomische Aspekte eine große Rolle: Wer kennt nicht das Argument, neu zu bauen sei billiger als eine Sanierung? Weniger bekannt ist, dass die Bau- und Gebäudewirtschaft mittlerweile 38 Prozent der globalen CO2-Emission verursacht. Besonders nachhaltig ist ein Abriss jedenfalls nicht. Ökologische Fragen sind von Bismarck und Dyachenko wichtig: Wie gelingt nachhaltiges Bauen oder eine sinnvolle Stadtplanung, die dauerhaft oder flexibel funktioniert?

[Diese Thematik haben wir kürzlich aus einem anderen Blickwinkel aufgegriffen: siehe auch hier …]

 

 
Die „Neustadt“ in der Metropole Ruhr

Vorne links die Weißen Riesen Kamp-Lintfort, hinten der schwarze Goliath Marl, rechts davor der ein weiterer Wohnkomplex aus Marl. Foto: Daniel Sadrowski.

Entstanden ist die „Neustadt“ im Playmobil-Format von 1:25 in Berlin. Per Binnenschiff kamen die bislang 22 Gebäudekomplexe über den Mittellandkanal, den Dortmund-Ems-Kanal und den Rhein-Herne-Kanal nach Duisburg. Das Kraftwerk Gustav Knepper aus Dortmund (Sprengung im Februar 2019) soll noch folgen und seinen Platz in Duisburg finden. Finanziert wird die die großflächige Installation, die den Emscherkunstweg nun dauerhaft bereichert, vom Land NRW. Die 54. Stadt der Metropole Ruhr, wie die RVR-Direktorin das Werk bezeichnete, ist ab dem 1. Mai auf einem ca. 1.850 Quadratmeter großen Gelände am Rande des Landschaftsparks Duisburg-Nord für Besucher öffentlich zugänglich. Das Areal liegt direkt am Grünen Pfad in etwa dort, wo dieser auf die Emscherpromenade trifft (Karte siehe unten).

Stadt-Miniatur „lebt“ am Emscherkunstweg

Per Binnenschiff gelangten die Bauten der Neustadt zum Landschaftspark Duisburg-Nord. Foto: Studio Bismarck.

Für Julius von Bismarck und Marta Dyachenko sind die ehemaligen realen Gebäude „Beton gewordene Visionen“, die jetzt in der „Stadt einer nicht eingetroffenen Zukunft“ wiederauferstehen. Mit der Zeit wird die vorhandene Vegetation die fiktive Stadt einbetten und ihre Maßstäblichkeit verschieben: Sträucher und Pflanzen können wie Bäume wirken. Andere Häuser bleiben selbst in der vielfachen Verkleinerung noch übermenschlich groß. Nicht zuletzt besitzt die neue Stadt aus „alten Häusern“ eine große Aufenthaltsqualität und verführt dazu, über die Entwicklung der eigenen unmittelbaren Umgebung nachzudenken.

Per Binnenschiff gelangten die Bauten der Neustadt zum Landschaftspark Duisburg-Nord. Foto: Heinrich Holtgreve.

Der Emscherkunstweg wird getragen von den Kooperationspartnern Urbane Künste Ruhr, Emschergenossenschaft und Regionalverband Ruhr. Er steht unter der Schirmherrschaft von Isabel Pfeiffer-Poensgen, Ministerin für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen. Der Skulpturenweg ist aus dem temporären Ausstellungsformat Emscherkunst hervorgegangen, das seit 2010 den Umbau des Emscher-Systems durch die Emschergenossenschaft begleitet hat. Ziel ist es, eine permanente Sammlung herausragender künstlerischer Arbeiten im öffentlichen Raum aufzubauen.

Hier geht es zu unserer Fotostrecke …

Hier ist der Link zum Standort bei Google Maps (Karteausschnitt unten) fürs Navi:
https://www.google.com/maps/place/51%C2%B029’04.1%22N+6%C2%B047’29.0%22E/@51.48447,6.7892113,17z/data=!3m1!4b1!4m5!3m4!1s0x0:0x0!8m2!3d51.48447!4d6.7914

Lage der Neustadt am Rande des Landschaftsparks Duisburg-Nord. Karte: Google Maps.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Daniel Sadrowski (5), Julius von Bismarck (2), Studio Bismarck (1), Heinrich Holtgreve (1), Karte: Google Maps

 

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Deutsche Oper am Rhein stellte Projekt „UFO – Junge Oper Urban“ vor

Die Oper sucht den Weg zu Kindern und ihren Themen
Von Petra Grünendahl

Der Klangkörper des UFO. Skizze: raumlabor berlin.

„Wir wollen jetzt auch auf jüngere Kinder zugehen: Sie abholen und ihr Verständnis fürs Musiktheater wecken“, erklärte Anna-Mareike Vohn, Leiterin der Jungen Oper am Rhein, die Zielsetzung von UFO. „UFO – Junge Oper Urban“ ist ein neues Projekt der Deutschen Oper am Rhein für die Spielzeiten 2021/22 und 2022/23. „Kinder sollen die Oper als unmittelbaren Teil ihrer Lebenswirklichkeit kennen lernen“, so Rheinopern- Chefdramaturgin Anna Melcher. UFO solle Themen der Kinder in den Blick nehmen und die Oper als experimentelles Musiktheater zu einem jungen Publikum bringen. Zielgruppen sind die Altersklassen 4+, 8+ und 12+, was vom Kindergarten bis in die Schule reicht. Das UFO ist mobil und wird in den nächsten drei Jahren an acht Standorten in Duisburg und Düsseldorf Station machen, wo Kinder sich in die Entwicklung von Bühnenstücken einbringen können. Das UFO möchte als mobiles Klanglabor und Spielstätte mit Impulsen aus dem Leben und Erleben der Kinder ein Musiktheater-Repertoire entwickeln. Umgesetzt und auf eine Bühne im Klassenzimmerformat gebracht wird das Ganze dann professionell durch Sänger und Tänzer der Deutschen Oper am Rhein sowie Musiker der beiden Musikensemble Duisburger Philharmoniker und Düsseldorfer Symphoniker. Im UFO begegnen den Kindern Komponisten, Librettisten, Regieteams und Bühnenkünstler, die mobile Spielformate entwickeln und aufführen. Ausgelegt sind die mobilen Klangstätten auf ca. 30 Besucher pro Aufführung.

 

Christoph Meyer, Generalintendant der Deutschen Oper am Rhein Düsseldorf Duisburg. Foto: Screenshot.

Die Deutsche Oper am Rhein stellte das Projekt in einem Online-Pressegespräch vor. Neben dem Generalintendanten Prof. Christoph Meyer, Anne Melcher und Anna-Mareike Vohn standen Michaela Dicu und Immanuel de Gilde (beide Projektteam „UFO – Junge Oper Urban“), Jan Liesegang (raumlabor berlin als Entwickler der mobilen Klangstätte) sowie Dr. Christian Esch, Direktor NRW KULTURsekretariat Wuppertal, Rede und Antwort. Die Aufführungen von UFO begleitet die Junge Oper am Rhein mit einem umfangreichen Vermittlungsprogramm, das den Ideen der Kinder Raum geben möchte. Bei seinen Erkundungen im Stadtteil wird das UFO zudem von lokalen Institutionen wie Jugendzentren, Schulen und Universitäten unterstützt. Die Junge Oper am Rhein ist quasi die „Nachwuchsförderung“ der Deutsche Oper am Rhein, die sich speziell an eine junges bis jüngeres Publikum wendet. „Wir wollen hier nicht die Jugend- oder Kinderoper auf der großen Bühnen ersetzen, sondern ergänzen“, so Christoph Meyer, den sein besonderes Engagement in diesem Bereich seit seinem Amtsantritt auszeichnet. Gefördert wird das Projekt in Rahmen des Neue-Wege-Programms vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen in Zusammenarbeit mit dem NRW KULTURsekretariat Wuppertal.

 

 
Urbanes Klangtheater dicht am Publikum

Der Klangkörper des UFO. Skizze: raumlabor berlin.

Seine erste Station schlägt das UFO am Kuhtor in der Duisburger Innenstadt auf: Ab September 2021 erarbeitet hier das Klangkunst-Duo Merzouga (Eva Pöpplein und Janko Hanushevsky) gemeinsam mit der Kinderbuchautorin Nikola Huppertz und der Regisseurin Kerstin Steeb ein Musiktheaterstück für Kinder ab 6 Jahren, das den Arbeitstitel „Die unbedingten Dinge“ trägt und am 1. Oktober 2021 Premiere (Uraufführung) haben soll. Es wird die Geschichte zweier Freunde erzählen, die in dringender Mission durch die Zeit reisen. Im Januar 2022 landet das UFO am Anne-Frank-Haus, einem Jugendzentrum im Düsseldorfer Stadtteil Garath. Dort wird der für seine Kindertheaterstücke mehrfach ausgezeichnete Belgier Jan Sobrie (Libretto und Inszenierung) zusammen mit der Komponistin Misha Cvijovic ein neues Stück für Kinder ab 8 Jahren entwickeln – Arbeitstitel: „Als wir nicht mehr wussten, wer wir waren“. Es erzählt von einer großen Freundschaft und den gemeinsamen Traumwelten einer ehemaligen, mittlerweile an Demenz erkrankten Opernsängerin und einem Kind. Die Uraufführung ist für den 17. Februar 2022 geplant.

Junge Oper Urban: Die Stationen von UFO. Kartenmaterial: Google Maps.

Alle zwei bis drei Monate schlägt die Junge Oper Urban an einem anderen Ort auf – im April 2022 in Duisburg-Bruckhausen (am Kulturbunker), im Juni 2022 im Glasmacherviertel in Düsseldorf-Gerresheim, im Oktober 2022 in Ruhrort/Laar (am Eisenbahnhafen), im Dezember 2022 im WGZ-Bank-Park in Düsseldorf-Oberbilk, im März 2023 in der Duisburger Altstadt (Innenhafen) und schließlich im Juni 2023 in Düsseldorf-Golzheim, direkt am Rhein. Die erarbeiteten Stücke sollen dann jeweils an der nächsten Station des UFOs zu sehen sein, damit sie in beiden Städten auf die Bühne kommen.

 

 
Ein Trailer zum Projekt
… wird nachgereicht, sobald er veröffentlicht ist.

 
UFO – Junge Oper Urban

Der Klangkörper des UFO. Skizze: raumlabor berlin.

In enger Zusammenarbeit mit der Jungen Oper am Rhein wird „UFO – Junge Oper Urban“ über insgesamt drei Jahre neue Wege beschreiten, bestehende Kooperationen in den beiden Städten vertiefen und neue Bande mit Schulen und Kindergärten, aber auch sozialen Einrichtungen knüpfen. Organisiert wird das Projekt von Michaela Dicu, die zusammen mit Immanuel de Gildeund der Dramaturgie der Deutschen Oper am Rhein die Ideen für das Mobile Klanglabor entwickelt und umsetzt. Aktuelle Informationen zum UFO – Junge Oper Urban sind auf der Website www.operamrhein.de hinterlegt.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: raumlabor berlin (Skizzen), Google Maps (Karten), Screenshot

 

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Drees & Sommer: Nachhaltiges und innovatives Bauen

Wenn Gebäude zu Rohstsoff-Depots und recycling-fähig werden
Von Petra Grünendahl

Mehrfach ausgezeichnet: Das neue Verwaltungsgebäude der RAG im Welterbe Zeche Zollverein wurde nach den neuesten Nachhaltigkeitsstandards geplant und gebaut. Foto: Petra Grünendahl.

Das neue Verwaltungsgebäude der RAG Aktiengesellschaft in Essen orientiert sich an modernsten Nachhaltigkeits-Standards. Das zweigeschossige Gebäude in L-Form entstand auf einer sanierten Teilfläche des ehemaligen Kokereigeländes der Zeche Zollverein. Zu den Besonderheiten zählt neben den begrünten Innenhöfen die begrünte Dachlandschaft: eine Grün-Oase mit Aufenthaltsqualität, deren Photovoltaik-Anlagen nicht nur Strom produzieren, sondern teilweise als Pergola auch Schatten spenden. Technik-Aggregate sind größtenteils in der Peripherie untergebracht statt konventionell auf dem Dach. Ein Wohlfühlraum für Mitarbeiter: „Das ist das wichtigste Merkmal der Immobilie – und das teuerste“, erklärte Diplom-Ingenieur Frank Kamping, Geschäftsführer der Kölner Niederlassung von Drees & Sommer. Man kommt von der Gebäudefront wie über eine Gartentreppe auf das Dach: Dieser Aufgang ist allerdings Mitarbeitern von RAG und RAG-Stiftung vorbehalten.

 

Diplom-Ingenieur Frank Kamping, Geschäftsführer der Kölner Niederlassung von Drees & Sommer. Foto: Petra Grünendahl.

„Prof. Dr. Hans-Peter Noll, damals Geschäftsführer der RAG Montan Immobilien, wollte 2015 für die RAG das nachhaltigste Gebäude auf dem ehemaligen Zechengelände bauen“, erzählte Frank Kamping. „Von der ersten Idee an waren wir mit an Bord. Für den Projektentwickler Kölbl Kruse haben wir dann als Generalfachplaner mit dem Aachener Architekturbüro kadawittfeld den Neubau auf dem Areal der Zeche Zollverein in Essen realisiert.“ Eingezogen sind 2018 die RAG-Stiftung und die RAG Aktiengesellschaft mit rund 200 Mitarbeitern, Bauherr war die RAG Montan Immobilien GmbH, die seit 2012 auf dem Nachbargrundstück ihren Sitz hat. Eingebunden hat Frank Kamping schon früh das Umweltinstitut EPEA (Environmental Protection Encouragement Agency), eine Tochter-Gesellschaft von Drees & Sommer, die sich mit rezirkulierbarem* Bauen und dem „Cradle to Cradle“-Designprinzip (C2C)** beschäftigt. „Wir haben die RAG-Leute dafür begeistern können, das Gebäude so zu bauen, dass es demontiert und rezirkuliert werden kann.“ Im vergangenen Jahr zeichneten Bundesumweltministerium und Umweltbundesamt das nachhaltige und innovative Projekt mit einem Sonderpreis des Bundespreises für Umwelt & Bauen aus. Außerdem wurde das Gebäude mit dem Essener Architekturpreis 2020 geehrt.

 

Mehrfach ausgezeichnet: Das neue Verwaltungsgebäude der RAG im Welterbe Zeche Zollverein wurde nach den neuesten Nachhaltigkeitsstandards geplant und gebaut. Foto: Petra Grünendahl.

Das eigenständig gestaltete Gebäude fügt sich in Bauform und Fassade gut in das denkmalgeschützte Ensemble des Welterbes ein. „Das Design haben die Architekten gemacht, wir haben uns um alle Ingenieursdienstleistungen gekümmert“, so Frank Kamping. Das umfasste die ganze Generalfachplanung von der Tragfähigkeitsplanung über Haustechnikplanung und Geothermie (die mit CO2-Bepreisung auch wirtschaftlich immer interessanter wird) bis hin zur „Cradle to Cradle“-Zertifizierung (C2C)**. Das C2C-Designprinzip beschreibt eine besondere Qualität der eingesetzten Materialien: Alle Baustoffen können nach ihrer Nutzung entweder wiederverwertet oder recycelt werden. „Wenn man Nachhaltigkeit und Bewertung von Baustoffen, Lebenszykluskosten, Betriebskosten und Alternativ-/Variantenbewertungen berücksichtigen will, muss man großen Einfluss auf das Planungsgeschehen haben“, erklärte der Planer die umfassende Beteiligung seiner Gesellschaft am Bau. Das Gebäude erhielt von der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) das Prädikat „Platin“ für die höchste Stufe der Nachhaltigkeit.

 

 
„the blue way“ vereint Ökologie und Ökonomie

Auf die begrünte Dachlandschaft des neuen RAG-Verwaltungsgebäude kommen nur Mitarbeiter. Foto: Petra Grünendahl.

Drees & Sommer verbindet mit seiner ganzheitlichen Entwicklungs-Philosophie „the blue way“ Ökologie und Nachhaltigkeit mit Wirtschaftlichkeit. Investitions- und Betriebskosten, Funktionalität und Prozessqualität sind in der Projektplanung ebenso berücksichtigt wie Gestaltung, Gesundheit, Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit. Nur damit lasse sich die Wertschöpfung für einen Auftraggeber über den gesamten Immobilien-Lebenszyklus sichern, so die Devise.

 

Die Alu-Fassade ist rezirklierbar: Das neue Verwaltungsgebäude der RAG im Welterbe Zeche Zollverein wurde nach den neuesten Nachhaltigkeitsstandards geplant und gebaut. Foto: Petra Grünendahl.

Auf eine elektrische Klima-/Lüftungsanlage beim RAG-Neubau konnte weitgehend verzichtet werden: „Man braucht sie nicht, weil wir gesunde Baustoffe haben, die für ein gutes Klima sorgen.“ Holz (Eichenparkett) und Teppichböden, die Feinstaub absorbieren, thermoaktive Betondecken und eine geothermische Heizwärmeversorgung erhöhen Behaglichkeit und Nutzerzufriedenheit. Die Bürogestaltung reicht von Einzel- bis hin zu Großraumbüros mit Glastrennwänden. „Heute würden wir mit Recycling-Beton bauen, der mit seiner Beimischung großes Potenzial hat“, erklärte Frank Kamping. „Der war damals in der benötigten Menge noch nicht lieferbar, aber die Entwicklung geht da sehr stark voran.“ Beispielhaft ist auch die Fassade aus lackierten Aluminium-Profilen von der Firma Schüco, die demontiert und rezirkuliert werden können.

 

 
„Cradle to Cradle“ sichert Materialkreislauf und Recycling-Fähigkeit

Mehrfach ausgezeichnet: Das neue Verwaltungsgebäude der RAG im Welterbe Zeche Zollverein wurde nach den neuesten Nachhaltigkeitsstandards geplant und gebaut. Foto: Petra Grünendahl.

Das Gebäude hat als eines der ersten einen so genannten „Material Passport“, einen Materialpass, der darüber Auskunft gibt, welche Stoffe in welcher Qualität und Menge dort verbaut wurden. Bei einem Rückbau haben diese Materialen dann auch einen Marktpreis. Und man kann sie nicht nur recyceln, sondern vollwertig für neue Dinge verwenden. „Das ist ein kartografiertes System von Rohstoffen, die einem Materialkreislauf zugeführt werden können“, erklärte der Diplom-Ingenieur. „Das ist quasi ein Gebäude als Rohstoff-Depot, als Energie-Depot und letztendlich als gesundes Gebäude für Menschen“, so Kamping zu den maßgeblichen Eigenschaften.

 

Das überdachte Parkdeck der RAG-Verwaltung ist begrünt und begehbar. Foto: Petra Grünendahl.

Mittlerweile würde man auch sehr viel mehr mit Holz bauen, erzählte er: Mit einem Betonkern für den Aufzug und die Statik. „Die Geschossdecken und auch die Fassaden kann man dann sehr schön mit Holz bauen als Holz-Hybridgebäude. Holz ist ein sehr angenehmer Baustoff, den braucht man nicht verkleiden: Der ist fertig.“ Wenn Holz abgelagert sei, biete es eine tolle Haptik, gutes Aussehen und einen angenehmen Geruch. Ein weiterer Vorteile von Holz als Baustoff: Er trägt, bleibt aber dabei elastisch. Wie zum Beispiel auch Stahl, aber im Gegensatz zu Beton, der porös ist. „Das ist etwas, was wir in der Beratung und in der Planung sehr stark kommen sehen“, argumentierte der Planer: Holzelemente könne man modular anwenden, sehr gut zuschneiden, vorfertigen – und sie später wieder auseinander bauen. „Holz ist ein sehr flexibler Baustoff, den man auch nachträglich einbauen oder Einbauten verändern kann.“ Mittlerweile wird Holz auch aus Aspekten des Brandschutzes ganz anders gesehen: Mit wenig Sauerstoffanteilen brennt Holz nicht gut. Das heißt auch: Holz stellt kein höheres Risiko dar, was sich so langsam auch in den Landesbauordnungen nieder schlägt. „Holz ist ein zäher, aber elastischer Baustoff, der dem Bauen entgegen kommt.“

 

Auf die begrünte Dachlandschaft des neuen RAG-Verwaltungsgebäude kommen nur Mitarbeiter. Foto: Petra Grünendahl.

Eine weitere Tendenz im Neubau von Immobilien sieht Frank Kamping im modularen Bauen mit BIM (Building Information Modeling), einer Arbeitsmethode der vernetzten Planung, Ausführung und Bewirtschaftung von Bauwerken mithilfe von Software. „Modellbasiert das Gebäude digital vorzudenken, zu entwickeln und zu optimieren – und es dann später real zu bauen: Das sind Elemente, die uns auch qualitativ weiter bringen“, sagte der Experte. Höhere Berater- und Planerkosten fielen hier zwar an, beeinflussten aber letztendlich Millionenbeträge, die man im Bau und über den Lebenszyklus des Gebäudes einsparen könne. Eigennutzer könnten dieser Rechnung oft schneller folgen als Projektentwickler, die dabei nicht direkt profitierten. Seit immer mehr institutionelle Anleger Immobilien mit Nachhaltigkeitszertifizierung kauften, ändere sich das: „Wir denken auch, dass sich die Immobilienbewertung dahin wendet und wenden muss, ‚Cradle to Cradle’-Immobilien, die einen Rohstoffanteil im Gebäude haben, den man später wieder heben kann, höher zu bewerten.“

 

 
Nachhaltiges Bauen wird auch im Wohnungsbau interessant

Auf die begrünte Dachlandschaft des neuen RAG-Verwaltungsgebäude kommen nur Mitarbeiter. Foto: Petra Grünendahl.

Der Energieverbrauch in Gebäuden ist immer weiter runter gegangen über die Jahre: „Da sind wir Weltmeister!“ so Kamping. „Wir machen die Dinge immer effizienter, müssen jetzt aber sehen, dass wir Immobilien – auch Wohngebäude – rezirkulierbar* machen. Und mit den niedrigen Zinsen steige besonders das Interesse von Investoren an Wohnimmobilien. Hier könne man die Ansätze des nachhaltigen Bauens mit modernsten Anforderungen anbringen und transferieren: In neuer Gestaltung mit regenerativen Energien und rezirkulierbaren Materialien. Und immer mehr auch namhafte Architekturbüros hätten mittlerweile Interesse an der Gestaltung von Wohnimmobilien. „All das hält langsam massiv Einzug und das lässt die Qualität der Wohnungen, egal ob Sozialwohnung oder Eigentum, massiv ansteigen: Wohnungen werden lebenswerter.“

 

Mehrfach ausgezeichnet: Das neue Verwaltungsgebäude der RAG im Welterbe Zeche Zollverein wurde nach den neuesten Nachhaltigkeitsstandards geplant und gebaut. Foto: Petra Grünendahl.

„Nachhaltig zu bauen steht nicht im Widerspruch dazu, das Bauen schneller zu machen“, erklärte Frank Kamping. Mit Modularbauweise und vorfertigten Teilen zum Beispiel aus Holz oder Aluminium, die ausgelegt sind auf Flexibilität und Wiederverwendbarkeit. Entworfen für die Demontage bieten sie den Vorteil kontinuierlicher Materialkreisläufe durch Leasing- und Rücknahmeprogramme der Hersteller: „Wie wäre es, wenn der, der die Aluminiumprofile anbringt, sie in 30 Jahren wieder abbaut, recycelt und neu – nach neuesten Erkenntnissen gefertigt – wieder anbringt?“, fragte Kamping. Das gehe woanders noch viel weiter: Die Fassade werde nur geleast, also genutzt statt besessen. „Das ist nicht nur nachhaltig, sondern wird langfristig auch günstiger.“ Ziel müsse dabei auch eine Reduzierung der CO2-Emissionen im Bau sein. Der Einsatz natürlicher Baumaterialien trage bei zu einer Verbesserung der Raumluftqualität und des Wohlbefindens der Nutzer. Entscheidend für den Immobilieneigentümer seien aber auch Aspekte wie Lebenszykluskosten: Wie lange können die Bauteile halten? „Mit Pflege und Instandhaltung kann man Gebäude länger in Betrieb halten“, brachte Kamping den Zusammenhang von zielgenauen Investitionen und ihrer Wirtschaftlichkeit auf den Punkt.In den letzten Jahren wurde aber immer klarer, dass nur mit dem Neubau alleine die Optimierung des Energieverbrauchs im Gebäudebestand an Grenzen stößt: „Viele Immobilien in unseren Städten sind in die Jahre gekommen und brauchen dringend eine Sanierung. Nicht immer bietet sich schließlich ein Neubau an“, so der Immobilien-Fachmann, denn: „die alte Architektur kann reizvoll sein oder an dem Standort würde heute solch eine Immobilie nicht mehr genehmigt.“ Mehr zu diesem Thema gibt es hier …

 

 
Nachhaltiges Bauen: eine inderdisziplinäre Aufgabe

Auf die begrünte Dachlandschaft des neuen RAG-Verwaltungsgebäude kommen nur Mitarbeiter. Foto: Petra Grünendahl.

Drees & Sommer hat nachhaltiges Bauen seit den 1980er-Jahren auf dem Programm. Zunächst nur als Beratung, später wurde der Unternehmensleitung klar, dass man hier auch die Planung mit anbieten musste. „Wir sind sehr interdisziplinär aufgestellt: Architekten, Bauingenieure, Haustechniker, Elektroingenieure und spezialisierte Nachhaltigkeitsmanager arbeiten gemeinsam an zukunftsweisenden Lösungen für erfolgreiche Gebäude und lebenswerte Städte“, berichtete Frank Kamping. Für die Nachhaltigkeit von Gebäuden gibt es Zertifizierungen für Baumaterialien wie „Cradle to Cradle Certified™“ und für Gebäudesysteme nach DGNB (Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen). „Cradle to Cradle“ kommt aus Amerika, von wo Mitbegründer Prof. Dr. Michael Braungart das Designprinzip nach Deutschland gebracht hat: Nicht „weniger schädlich“, sondern „aktiv gesund bauen“ heißt die Devise. Das heißt also: Materialien beim Bau zu verwenden, die aktiv zur Gesundheit beitragen und solche, die man später wieder zurückbauen und recyceln kann.

 

Diplom-Ingenieur Frank Kamping, Geschäftsführer der Kölner Niederlassung von Drees & Sommer. Foto: Petra Grünendahl.

Frank Kamping ist Diplom-Ingenieur für Versorgungstechnik (FH Münster) und hat berufsbegleitend ein Wirtschaftsingenieur-Studium absolviert. Weiter qualifiziert hat er sich noch zum Immobilienökonom (ebs) und Chartered Surveyor (MRICS). 2008 kam er zu Drees & Sommer, wo er als Experte für Generalfachplanung in Köln einstieg: TGA-Planung (Technischen Gebäudeausstattung) mit dem Fokus Gebäudetechnik, Modularität, Digitalisierung, Energiekonzepte, Bauphysik und Fassadentechnik einschließlich aller Randgebiete. Seit 2013 ist er Mitglied der Geschäftsleitung und seit 2015 Geschäftsführer für die Generalfachplanung Köln / Düsseldorf.

 
„Wir betreuen vielschichtige Projekte. Unsere Kunden wollen viele von unseren unterschiedlichen Leistungen aus Beratung, Planung und Entwicklung aus einer Hand haben.“ Das erleichtere natürlich Durchführung von Projekten. „Für große Projekte braucht man als Planer die entsprechende Maschinerie und Man-Power: Kompetente Leute, die die Pläne liefern, die Themen betreuen und das termingerecht.“ Die kann Drees & Sommer mit seinem breiten Spektrum an Standorten und entsprechend qualifizierten Mitarbeitern mit dem nötigen Know-how bieten.

 
Erfahrungen aus Großprojekten flössen natürlich auch in die Projekte ein, die man nicht öffentlichkeitswirksam in den Medien finde, bekräftigte Kamping. „Kleinere Auftraggeber bekommen dasselbe Know-how zur Verfügung gestellt wie die Großen, nur eben in einem herunter gebrochenen Maßstab.“ Auch der Wohnungsbau partizipiert heute von den Erkenntnissen und Erfahrungen aus gewerblichen Projekten.

 

 
RAG Aktiengesellschaft

Mehrfach ausgezeichnet: Das neue Verwaltungsgebäude der RAG im Welterbe Zeche Zollverein wurde nach den neuesten Nachhaltigkeitsstandards geplant und gebaut. Foto: Petra Grünendahl.

Die RAG Aktiengesellschaft wurde 1968 zur Konsolidierung der Steinkohleförderung als Ruhrkohle AG gegründet – mit Sitz in Herne. Sie verlegte 2018 ihren Sitz nach Essen auf das Gelände des UNESCO-Welterbes Zeche Zollverein. Nach dem Ende der Steinkohleförderung in Deutschland 2018 ist sie nun operativ in der Pflicht für die Ewigkeitsaufgaben wie Wasserhaltung und Grundwasserreinigung in den ehemaligen Abbaugebieten, die von der RAG-Stiftung finanziert werden. Die RAG steht damit heute für eine nachhaltige Flächenentwicklung und die Abwicklung von Bergbau-Altlasten.
www.rag.de
Die RAG Montan Immobilien GmbH kümmert sich als RAG-Tochter um Vermarktung, Nachnutzung und Revitalisierung ehemaliger Bergbau-Flächen.
www.rag-montan-immobilien.de

Hier geht es zu unserem Artikel „Drees & Sommer: Nachhaltigkeit und Optimierung im Gebäudebestand – Gebäude von heute sind die Kunden von Morgen“.

 

 
Drees & Sommer
Drees & Sommer mit Hauptsitz in Stuttgart ist ein international tätiges Unternehmen für Beratung, Planung und Projektmanagement im Bau- und Immobiliensektor. Das Unternehmen mit rund 4.000 Mitarbeitern an 46 Standorten weltweit wurde 1970 gegründet. Seit Anfang der 1980er-Jahre organisiert sich Drees & Sommer im Partnermodell mit eigenen Gesellschaften an den Standorten und für Schwerpunktbereiche bzw. Expertenteams. Die Partnergesellschaften agieren als Tochtergesellschaften unter der Holding Drees & Sommer SE (Societas Europaea), einer partnergeführten Europäischen Aktiengesellschaft. Anteilseigner der SE sind aktive und ehemalige Führungskräfte. Das macht die Drees & Sommer-Gruppe unabhängig von Dritten wie (externen) Investoren. Im Jahr 2019 generierte das Unternehmen einen Konzernumsatz von über 500 Mio. Euro mit unterschiedlichsten Dienstleistungen für 4.250 Bauprojekte weltweit. Kunden sind private und öffentliche Bauherren sowie Investoren.

 
Fünf der Standorte mit rund 300 Mitarbeitern befinden sich in Nordrhein-Westfalen: Köln, Aachen, Düsseldorf, Dortmund und Münster. „Düsseldorf hat sich aus Köln heraus entwickelt“, so Kamping, seit 2015 Geschäftsführer der Generalfachplanung in Köln / Düsseldorf, „aber wir haben festgestellt: Das sind ganz unterschiedliche Märkte: Das Büro-Segment ist in Düsseldorf viel größer, auch der Anteil der Developer ist höher als in Köln.“ Aachen lebe von der Nähe zur RWTH, erklärte Kamping. Dortmund entstand aus dem Verbund zum Ruhrgebiet und Münster ist Universitätsstadt. Der Schwerpunkt für Planung liege aber immer noch in Köln, von wo aus er mit seinem Team das RAG-Gebäude betreut habe, erzählte der Geschäftsführer. Beraten und managen sei von allen Standorten möglich. „Wir haben mittlerweile in Düsseldorf eine eigene Planungsabteilung, denn für das integrierte Planen – wir nennen es „integrated Design“ – brauchen wir spezielle Teams.“ Das bedeute dann eine Planungsmannschaft ab 25, 30 Leuten an dem jeweiligen Standort.

 
„NRW ist ein großer Standort mit Tradition. Wir sind homogen von den Gesamtstrukturen, verfügen über eine breite Kundenlandschaft von universitärer Lehre und Bildung über Immobilienbesitzer und -gesellschaften (Property Companies), Investoren oder die öffentliche Hand bis hin zum Wohnungsbau.“ Und er hob hervor: Hier – in NRW und im Ruhrgebiet – gebe es Transformationsprozesse in der Energiebranche (RWE, Eon, Inogy), die „wir begleiten möchten.“ Dazu zähle auch im Ruhrgebiet der Strukturwandel wie bei der Zeche Zollverein in Essen oder beim Phoenixsee in Dortmund: „Auch das Projekt Phoenixsee haben wir mit Entwicklungsmanagement und Infrastrukturplanung begleitet. Das ist schon ein Aushängeschild in der Größenordnung.“
www.dreso.com

*) rezirkulierbar = recycling-fähig, Kreislaufwirtschaft.
**) Cradle to Cradle (C2C) = engl. „von Wiege zu Wiege“, sinngemäß „vom Ursprung zum Ursprung“, ein Ansatz zur konsequenten Kreislaufwirtschaft.

Hier geht es zu unserem Artikel „Drees & Sommer: Nachhaltigkeit und Optimierung im Gebäudebestand – Gebäude von heute sind die Kunden von Morgen“.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl

 

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Drees & Sommer: Nachhaltigkeit und Optimierung im Gebäudebestand

Gebäude von heute sind die Kunden von Morgen
Von Petra Grünendahl

Bausubstanz aus den 1950er-, 1960er- oder 1970er-Jahren. Foto: Petra Grünendahl.

„Wenn Sie hier aus dem Fenster schauen: Das sind alles Sanierungsobjekte. Die Frage ist nicht ob, sondern wann“, erklärte Diplom-Ingenieur Frank Kamping, Associate Partner am Kölner Standort von Drees & Sommer. „Hier“ ist in der Kölner Innenstadt. Solche Gebäude aus den 1950er-, 1960er- und 1970er-Jahren finden sich aber in jeder größeren Stadt: in Deutschland, im Ruhrgebiet und auch in Duisburg. Viele Immobilien in unseren Städten sind in die Jahre gekommen und bräuchten dringend eine Sanierung und Modernisierung.

Bausubstanz aus den 1950er-, 1960er- oder 1970er-Jahren. Foto: Petra Grünendahl.

„Es gibt zwar die eine oder andere Fassade mit einen Wärmedämmverbundsystem, aber das haben Firmen gemacht, die einfach nur Dämmstoffe verkaufen wollten“, berichtete Kamping. Diese Dämmstoffe aus den frühen Jahren der „energetischen Sanierung“ sind heute Sondermüll. Spätschäden auch an der Gebäudesubstanz seien mitunter ganz erheblich: Schimmelpilzbildung oder die Versottung* von Mauerwerken könnten auch gesundheitliche Auswirkungen haben. Für eine nachhaltige Sanierung, die letztendlich sogar Kosten spart, brauche es, so der Experte, einen konzeptionellen Ansatz, der sämtliche Prämissen von der Bausubstanz bis zum Energiebedarf berücksichtige. „Beim Bauen im Bestand erlebt man immer wieder Überraschungen, aber es macht natürlich Spaß, insbesondere historische Bauaufgaben zu begleiten“, so Kamping. Als Beispiel führte er die Generalsanierung des Polizeipräsidiums in Düsseldorf an, welches wie das Polizeipräsidium in Duisburg aus den frühen 1930er-Jahren stammt, allerdings sogar unter Denkmalschutz steht.

 

Diplom-Ingenieur Frank Kamping, Geschäftsführer der Kölner Niederlassung von Drees & Sommer. Foto: Petra Grünendahl.

Drees & Sommer berät Immobilieneigentümer und Bauherren im Gebäudemanagement sowie bei der Planung von Neubauten und Sanierung. Ziel ist der nachhaltige Neubau oder die kosteneffiziente Sanierung, die modernsten technischen und ökologischen Standards entspricht und sich durch einen wirtschaftlichen Umgang mit Ressourcen und Energie auszeichnet. Das international tätige Beratungs- und Planungsunternehmen hat nachhaltiges Bauen seit den 1980er-Jahren auf dem Programm. Zunächst nur als Beratung, aber: „Uns wurde klar, dass nur das Projekt zu managen nicht Ziel führend ist“, so der Diplom-Ingenieur. „Man muss sich mit den Gebäuden auseinander setzen und mit Simulationswerkzeugen ihren Energiebedarf zu ermitteln. Damit wir in die Inhalte von Gebäuden eingreifen konnten, übernahmen wir schließlich mehr und mehr auch die Planungsaufgaben“, beschrieb der Diplom-Ingenieur Versorgungstechnik den Aufbau von erweiterten Kompetenzen bei Drees & Sommer und die Expansionsstrategie, in diese Aufgabenbereiche hinein zu wachsen.

 

 
Die Projekte von Morgen stehen schon: Neues Leben für alten Baubestand

Das Polizeipräsidium Düsseldorf stammt aus den frühen 1930er-Jahren und steht unter Denkmalschutz. Foto: Petra Grünendahl.

Schließlich wurde vor allem die „Optimierung im Bestand“ ein ganz großes Thema, denn Fortschritte in Energie-Effizienz und Nachhaltigkeit von Immobilien lassen sich nur erzielen, wenn auch im Gebäudebestand saniert wird: „Das haben wir schon vor zehn Jahren als etwas Eigenes erkannt: Wir kriegen die Nachhaltigkeitsziele nur hin, wenn Gebäude nach und nach saniert werden.“ – „Die Neubauquote bei gewerblichen Gebäuden liegt zurzeit bei einem Prozent im Jahr: Das ist viel zu niedrig!“, so der Experte. „Wir bräuchten mindestens das Doppelte, um die Energiefresser – und das sind diese alten Gebäude bis in die 1970er-Jahre hinein – zu eliminieren: Klimaanlagen, unhygienische Luftbefeuchter, ungedämmte Fassaden und einfach verglasten Fenster kosten viel Energie.“

 

Das Polizeipräsidium Düsseldorf stammt aus den frühen 1930er-Jahren und steht unter Denkmalschutz. Foto: Petra Grünendahl.

Man könne natürlich immer überlegen: Baut man so etwas neu? Oder will man diese mitunter historische Substanz in den Städten erhalten? In der engen Bebauung der Innenstädte bieten sich Abriss und Neubau nicht immer an. An mancher Stelle würde man heute keine Baugenehmigung mehr bekommen für das, was dort schon steht (Bestandsschutz). Zumal Abriss und Neubau mehr Ressourcen und Energie benötigen als eine Revitalisierung, die auch unter diesem Gesichtspunkt deutlich nachhaltiger sein kann. Neben einer energetischen Sanierung und dem Einbau modernster Technik kann man die Gebäude auch optisch durch eine Neugestaltung der Fassaden modernisieren. „Mit diesen Maßnahmen kann man im Bestand ein neues Gebäude schaffen.“

 

Das Dreischeibenhaus neben dem Schauspielhaus in Düsseldorf wurde 1957 bis 1960 erbaut und in den Jahren 2012/2013 grundlegend saniert und revitalisiert. Foto: Petra Grünendahl.

Zu seinen Highlights an Revitalisierungen zählt Frank Kamping neben dem Polizeipräsidium auch das Dreischeibenhaus in Düsseldorf. Erbaut wurde das markante Hochhaus nach Entwürfen der Architekten HPP zwischen 1957 und 1960 für die Phoenix Rheinrohr (ab 1964 Thyssen). Als thyssenkrupp 2010 seine Hauptverwaltung im thyssenkrupp-Quartier in Essen konsolidierte, wurde das Gebäude an einen Investor verkauft. Völlig veraltet waren Klimatechnik und technische Ausstattung, so dass das denkmalgeschützte Gebäude vor einer Neuvermietung umfassend saniert und modernisiert werden musste. Zusammen mit den Architekten HPP hat Drees & Sommer die Revitalisierung geplant: „Über Machbarkeitsstudien haben wir uns überlegt: Wie kann man die Immobilienuhr in diesem Gebäuden zurück drehen? Für welche Nutzung soll es am Markt positioniert werden?“ Ziel der umfassenden und tief greifenden Revitalsierung 2012/2013 war die Nutzung durch viele unterschiedliche Mieter, die entsprechend kleinteiligere Zuschnitte von Büroflächen brauchten als der Thyssen-/thyssenkrupp-Konzern als Gesamtnutzer des Gebäudes. Heute entspricht es modernsten Standards technischer und energetischer Gebäudeausstattung, was rasch zu einer vollständigen Vermietung aller Flächen führte. Unter anderem zog Alltours 2014 vom Innenhafen weg ins Dreischeibenhaus.

 

 
Revitalisierung bietet Chance auf Neupositionierung am Markt

Das Dreischeibenhaus in Düsseldorf wurde 1957 bis 1960 erbaut und in den Jahren 2012/2013 grundlegend saniert und revitalisiert. Foto: Petra Grünendahl.

„Selbst wenn man Gebäude nur mit einer Fassaden-Dämmung energetisch sanieren will, braucht man einen gründlichen Fahrplan für Bauphysik und Energieansatz“, erklärte Frank Kamping. Das biete großes Potenzial für die angestrebte CO2-Reduzierung, werde aber meist nur auf Handwerker-Ebene gemacht statt auf einem Energiemanagement-Level mit einem ganzheitlichen Ansatz. Überwiegend den Neubauten ist es zu verdanken, dass der Energieverbrauch in Gebäuden immer weiter runter gegangen ist über die Jahre: „Da sind wir Weltmeister! Wir machen die Dinge immer effizienter, wir müssen jetzt aber auch sehen, dass wir auch Bestandsimmobilien rezirkulierbar** machen“, so der Immobilien-Experte. Es tut sich allerdings noch ein weiteres Problem auf, wenn man an Immobilien im Bestand geht: Es wurden früher massiv Schadstoffe verbaut wie Asbest, Mineralfaser oder PCB, um hier nur ein paar Beispiele zu nennen. Die gilt es zu identifizieren, auszubauen und fachgerecht zu entsorgen: Vollständig, wenn das Gebäude abgerissen soll, oder – bei einer Sanierung – alles, was nicht verkapselt ist (und damit keine Gefahr für Gebäude-Nutzer darstellt).

 

Das Dreischeibenhaus in Düsseldorf wurde 1957 bis 1960 erbaut und in den Jahren 2012/2013 grundlegend saniert und revitalisiert. Foto: Petra Grünendahl.

Viel Energie ist in bestehenden Gebäuden gebunden: In Form von Material und dem Aufwand des Baus. Dieses Gebäude weiter zu nutzen, ist nachhaltiger als Abriss und Neubau. „Dazu muss man sich aber auch anschauen: Ist die Marktpositionierung noch richtig? Ist die Immobilie unter Marktgesichtspunkten überhaupt sanierungsfähig?“, brachte der Revitalisierungs-Fachmann weitere Aspekte ins Spiel. Was damals mit niedrigen Geschosshöhen gebaut wurde, entspreche heute nicht mehr dem Standard, wo lichte Höhen gefragt sind. „Da beraten wir: Wie sind die Sanierungspotenziale? Mit welchen Budgets können wir arbeiten? Lohnt sich das überhaupt?“ Denn außer Gebäudeschadstoffen wird auch Brandschutz bei einer Sanierung zum Thema. Da müsse man überlegen: Was kann man da überhaupt noch verwerten. Oft würden solche Gebäude bis auf dem Kern zurück gebaut und wieder neu aufgebaut, erzählte Kamping. Wichtig sei auch, Architekten für die Gebäude-Gestaltung mit einzubinden: „Da werden aus der alten Grundsubstanz dann ganz neue Bauten.“

 

Bausubstanz aus den 1950er-, 1960er- oder 1970er-Jahren. Foto: Petra Grünendahl.

In vielen Fällen seien Gebäude-Nutzer die treibende Kraft für eine Sanierung: „Es zieht, die Fassade ist klapprig, die Klimaanlage funktioniert nicht mehr richtig, es fehlen Digitalisierungsmöglichkeiten“, zählte der Immobilien-Planer auf. Das mindere die Attraktivität einer Immobilie und mache Investitionen für den Eigentümer interessant.

Günstig und langlebig, aber nicht nachhaltig: Fassadenplatten aus Asbestzement. Foto: Petra Grünendahl.

„Bei Machbarkeitsstudien stellen wir dann auch fest, welche Instandhaltungsstaus dort ohnehin bestehen. Wir beraten da nicht nur Einzeleigentümer, sondern auch institutionelle Anleger, die ganze Portfolios haben, wie man am besten sanieren kann.“ Und: „Manchmal bezieht man auch die Mieter in die Revitalisierungsstrategie ein: Wir vereinbaren neuen Mietpreis, setzen aber dafür auch Sonderwünsche um.“ Vor allem eines sollten Immobilieneigentümer beachten, so Kamping: „Der Anspruch an revitalisierte Immobilien ist nicht geringer als an Neubauten. Wer da zu kurz springt, nur eine ‚Revitalisierung light’ macht, hat hinterher kein wettbewerbsfähiges Produkt gegenüber einem Neubau.“

 
Cradle to Cradle (C2C)*** macht Investition nachhaltig

Bausubstanz aus den 1950er-, 1960er- oder 1970er-Jahren. Foto: Petra Grünendahl.

Großes Thema beim „Cradle to Cradle“-Designprinzip ist die Nachhaltigkeit der bereits investierten Energie beim Bau: Beton ist in der Herstellung unheimlich energieintensiv, so dass es ein großer Gewinn ist, wenn der entkernte Rohbau eines Objektes stehen bleibt. „Und auf die Gestaltung solcher Revitalisierungsobjekte haben sich mittlerweile auch gute Architekten spezialisiert“, betonte Frank Kamping. „Uns als Drees & Sommer treibt der Gedanke einer ‚blue City’, die sich ökologisch und ökonomisch rechnet: Innovation mit bestmöglicher Rendite.“ Eine Revitalisierung könne ganze Stadtquartiere nachhaltig aufwerten.

Hier geht es zu unserem Artikel „Drees & Sommer: Nachhaltiges und innovatives Bauen – Wenn Gebäude Rohstsoff-Depots und recycling-fähig werden“.

 

 
Drees & Sommer
Drees & Sommer mit Hauptsitz in Stuttgart ist ein international tätiges Unternehmen für Beratung, Planung und Projektmanagement im Bau- und Immobiliensektor. Das Unternehmen mit rund 4.000 Mitarbeitern an 46 Standorten weltweit wurde 1970 gegründet. Seit Anfang der 1980er-Jahre organisiert sich Drees & Sommer im Partnermodell mit eigenen Gesellschaften an den Standorten und für Schwerpunktbereiche bzw. Expertenteams. Die Partnergesellschaften agieren als Tochtergesellschaften unter der Holding Drees & Sommer SE (Societas Europaea), einer partnergeführten Europäischen Aktiengesellschaft. Anteilseigner der SE sind aktive und ehemalige Führungskräfte. Das macht die Drees & Sommer-Gruppe unabhängig von Dritten wie (externen) Investoren. Im Jahr 2019 generierte das Unternehmen einen Konzernumsatz von über 500 Mio. Euro mit unterschiedlichsten Dienstleistungen für 4.250 Bauprojekte weltweit. Kunden sind private und öffentliche Bauherren sowie Investoren.

 
Fünf der Standorte mit rund 300 Mitarbeitern befinden sich in Nordrhein-Westfalen: Köln, Aachen, Düsseldorf, Dortmund und Münster. „Düsseldorf hat sich aus Köln heraus entwickelt“, so Kamping, seit 2015 Geschäftsführer der Generalfachplanung in Köln / Düsseldorf, „aber wir haben festgestellt: Das sind ganz unterschiedliche Märkte: Das Büro-Segment ist in Düsseldorf viel größer, auch der Anteil der Developer ist höher als in Köln.“ Aachen lebe von der Nähe zur RWTH, erklärte Kamping. Dortmund entstand aus dem Verbund zum Ruhrgebiet und Münster ist Universitätsstadt. Der Schwerpunkt für Planung liege aber immer noch in Köln, von wo aus er mit seinem Team das RAG-Gebäude betreut habe, erzählte der Geschäftsführer. Beraten und managen sei von allen Standorten möglich. „Wir haben mittlerweile in Düsseldorf eine eigene Planungsabteilung, denn für das integrierte Planen – wir nennen es „integrated Design“ – brauchen wir spezielle Teams.“ Das bedeute dann eine Planungsmannschaft ab 25, 30 Leuten an dem jeweiligen Standort.

 
„NRW ist ein großer Standort mit Tradition. Wir sind homogen von den Gesamtstrukturen, verfügen über eine breite Kundenlandschaft von universitärer Lehre und Bildung über Immobilienbesitzer und -gesellschaften (Property Companies), Investoren oder die öffentliche Hand bis hin zum Wohnungsbau.“ Und er hob hervor: Hier – in NRW und im Ruhrgebiet – gebe es Transformationsprozesse in der Energiebranche (RWE, Eon, Inogy), die „wir begleiten möchten.“ Dazu zähle auch im Ruhrgebiet der Strukturwandel wie bei der Zeche Zollverein in Essen oder beim Phoenixsee in Dortmund: „Auch das Projekt Phoenixsee haben wir mit Entwicklungsmanagement und Infrastrukturplanung begleitet. Das ist schon ein Aushängeschild in der Größenordnung.“
www.dreso.com

*) Versottung von Mauerwerk = Durchdringung mit Wasser, Teer und Säuren.
**) rezirkulierbar = recycling-fähig, Kreislaufwirtschaft.
***) Cradle to Cradle (C2C) = engl. „von Wiege zu Wiege“, sinngemäß „vom Ursprung zum Ursprung“, ein Ansatz zur konsequenten Kreislaufwirtschaft.

Hier geht es zu unserem Artikel „Drees & Sommer: Nachhaltiges und innovatives Bauen – Wenn Gebäude Rohstsoff-Depots und recycling-fähig werden“.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl

 

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Ratssitzung in Duisburg: Matthias Börger zum neuen Beigeordneter gewählt

Duisburg wird “sicherer Hafen”
Von Petra Grünendahl

Der Stadtrat wählte einstimmig: Oberbürgermeister Sören Link gratulierte dem neuen Beigeordneten Matthias Börger. Foto: Petra Grünendahl.

Zwar stand die Wahl eines neuen Beigeordneten für das Dezernat VI erst auf TOP 91 im Nachtrag zur Ratssitzung, aber traditionell werden solche Punkte natürlich vorgezogen. Nach dem einstimmigen Votum des Stadtrates konnte sich dann Matthias Börger auf seinen Amtsantritt am 1. Mai freuen. Für acht Jahre gewählt übernimmt er das Dezernat VI mit den Bereichen Umwelt und Klimaschutz, Gesundheit, Verbraucherschutz und Kultur. Der bisherige Beigeordnete Dr. Ralf Krumpholz wurde hier in seiner letzten Sitzung von Oberbürgermeister Sören Link verabschiedet.

 

Sitzung es Rates der Stadt Duisburg in der Mercatorhalle. Foto: Uwe Köppen / Stadt Duisburg.

Zur zweiten Sitzung in diesem Jahr traf sich der Rat der Stadt Duisburg in der Mercatorhalle. Die Tagesordnung war zwar über 100 Punkten lang, wurde aber ohne große Diskussionen abgearbeitet. Beschlüsse zu Vorlagen der Verwaltung waren zumeist einstimmig, teils auch mit überwältigender Mehrheit. Anträge bekamen klare Mehrheiten oder eben auch klare Ablehnung. Anfragen werden aktuell erst im Nachgang fürs Protokoll beantwortet, um die Ratssitzung in Corona-Zeiten nicht unnötig in die Länge zu ziehen. Abgesegnet wurde unter anderem die Bewerbung für das Modellprojekt Smart Cities, die Planfeststellung für die Deponie Lohmannsheide, die die Umgehung Hamborn/Walsum sowie der Flächennutzungsplan Süd mit dem Bebauungsplan Rahmerbuschfeld. Ebenso beschloss der Rat auf gemeinsamen Antrag von SPD, CDU, Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke, die Duisburg zum „Sicheren Hafen“ für Geflüchtete zu machen.

 

 
Und dann war da noch: ein dotierter Sitz im Aufsichtsrat

Sitzung es Rates der Stadt Duisburg in der Mercatorhalle. Foto: Uwe Köppen / Stadt Duisburg.

Verzögerungen gab es zur Tagesordnung an sich und bei der Wahl des Aufsichtsrates für die Netze Duisburg GmbH. Diese Aufsichtsratsposten sind wohl gut dotiert im Gegensatz zu anderen politischen Gremien, denn die AfD beantragte hier eine (sehr aufwändige) geheime Abstimmung, die den Sitzungsverlauf massiv verzögerte. Ziel war, Stimmen für ihre Kandidaten von nicht öffentlich bekannten Unterstützern zu bekommen. Diese Strategie hatte die Fraktion ja bereits in der vorletzten Sitzung im Dezember erfolgreich angewandt.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl (1), Uwe Köppen (2)

 

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Lesetipp: Zugänge zum Eisen – Die Geschichte des Landschaftsparks Duisburg-Nord

Heute ein Besuchermagnet: Das ehemalige Meidericher Hüttenwerk zum Anfassen
Von Petra Grünendahl

Hochofenkulisse im Landschaftspark Duisburg-Nord. Foto: Petra Grünendahl.

Schon 1758 wurde in der St.-Antony-Hütte in Oberhausen-Osterfeld (heute LVR Industriemuseum) Roheisen gewonnen. Aber erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, nachdem Koks die Holzkohle bei Roheisengewinnung ersetzte, konnte sich das Ruhrgebiet als Standort für die Eisenhüttenindustrie etablieren: In der Nähe von Steinkohlebergwerken entstanden Hütten- und Stahlwerke. Nach Errichtung eines integrierten Hüttenwerks in Bruckhausen in den 1890er-Jahren plante August Thyssen ein zweites Hochofenwerk, welches er ab 1901 in Meiderich bauen ließ. Es sollte seine Stahlwerke in Bruckhausen und Mülheim beliefern. 1912 ging der letzte der fünf in Reihe stehenden Hochöfen in Betrieb.

Hochofenkulisse im Landschaftspark Duisburg-Nord. Foto: Petra Grünendahl.

Der Fokus auf spezielle Eisensorten gab der Hütte den Beinamen „Apotheke des Ruhrgebiets“. 1985 schloss Thyssen das Hüttenwerk, um Überkapazitäten vom Markt zu nehmen. Und mit der Schließung der Hütte stellte sich die Frage: Was tun mit rostenden Stahlgiganten, Betonbunkern und einer 200 Hektar großen belasteten Industriebrache? Interessierte Bürger kämpften gegen eine Demontage und für eine Nachnutzung. Sie wollten die Identität stiftende Wirkung dieser Wahrzeichen der Industrialisierung in der Region erhalten – und kämpfen gegen den Willen vieler Lokalpolitiker schließlich erfolgreich für den Erhalt. Ihnen kam dabei zugute, dass auch die nordrhein-westfälische Landesregierung einen Ansatz zum Strukturwandel suchte, der ab 1988 geplant und umgesetzt wurde. Der Umbau zum Landschaftspark um das Industriedenkmal konnte beginnen. Seit 2000 stehen die meisten Anlagen des Hüttenwerks unter Denkmalschutz. Es ist heute Teil der Route der Industriekultur sowie der Europäischen Route der Industriekultur (ERIH).

 

Zugänge zum Eisen. Titelbild: Klartext Verlag.

Mit der Geschichte des Meidericher Hüttenwerkes bis zum Landschaftspark Duisburg-Nord, so der Untertitel, beschäftigt sich das Buch „Zugänge zum Eisen“. Das Werk vermittelt in Texten, Fotos und Grafik die geschichtlichen und fachlichen Hintergründe des Hüttenwerks und des heutigen Landschaftsparks Duisburg-Nord, der nach dem Kölner Dom die meistbesuchte Touristen-Attraktion in NRW ist. Im nahezu komplett erhaltenen Hüttenwerk mit drei Hochöfen und technischen wie baulichen Nebenanlagen lässt sich auch heute noch der Weg vom Erz zum Roheisen und die Produktionsabläufe der montanindustriellen Großanlage nachvollziehen. Die Publikation baut eine „Brücke der Orientierung“ von der industriellen Vergangenheit des Werkes zur Neunutzung der Werksanlagen. Dabei konnte das Redaktionsteam rund um Autor Michael Clarke auf historische Fotos vom thyssenkrupp Konzernarchiv sowie Funktionsskizzen zurückgreifen, die Produktionsprozesse veranschaulichen.

 

 
Vom Industrieraum zum Freizeitareal

Zugänge zum Eisen: Blick ins Buch. Foto: Petra Grünendahl

Das Buch „Zugänge zum Eisen“ ist thematisch in zwei große Abschnitte gegliedert. Sehr detailliert ist die Aufarbeitung der Geschichte des Hüttenwerks auch im historischen Kontext seiner Zeit und der gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen. Das reicht von der Entstehung des Ruhrgebiets im 19. Jahrhundert, der Industrialisierung Duisburgs und dem Unternehmen von August Thyssen über die Weltkriege bis zur ersten großen Stahlkrise, die das Ende des Werks bedeutete. Autor Michael Clarke zeichnet die Entwicklung des Hüttenwerks nach bis zur Stilllegung und zur Diskussion einer Nachnutzung der Flächen.

 

Zugänge zum Eisen: Blick ins Buch. Foto: Petra Grünendahl

Im zweiten Teil beschreibt er die technischen und baulichen Anlagen des Hüttenwerks und ihre Funktionen, die Prozesse der Roheisengewinnung sowie Zeche und Kokerei Friedrich Thyssen 4/8, die das Hüttenwerk mit Koks versorgten. Viele dieser Anlagen des Hüttenwerks sind im Landschaftspark Duisburg-Nord noch erhalten, benachbarte Zeche und Kokerei (Friedrich Thyssen 4/8) sind jedoch längst abgerissen. Detailliert beschreibt Clarke auch die Um- und Nachnutzung der Anlage heute.

 

Masselgießanlage des Hüttenwerks im Landschaftspark Duisburg-Nord. Foto: Petra Grünendahl.

Mit der Internationalen Bauausstellung Emscher Park (IBA) wurde das Meidericher Hüttenwerk 1990 bis 1999 zum Zentrum dieses industriekulturellen Großprojektes und hauchte der Industriebrache neues Leben ein. 1994 wurde erste Bereiche des heutigen Landschaftsparks der Öffentlichkeit übergeben. Projektträger war in den ersten Jahren im Rahmen der IBA Emscher Park die Landesentwicklungsgesellschaft Nordrhein-Westfalen (LEG) im Auftrag der Stadt Duisburg. 1997 wurde dann mit der Landschaftspark Duisburg-Nord GmbH eine stadteigene Gesellschaft gegründet, die fortan die Geschicke des Parks lenkte.

Masselgießanlage des Hüttenwerks im Landschaftspark Duisburg-Nord. Foto: Petra Grünendahl.

Noch heute wird der Landschaftspark von einer städtischen Betriebsgesellschaft (Duisburg Kontor Hallenmanagement GmbH) gemanagt. Neben Raum für Erholung und verschiedene Freizeitaktivitäten gibt es hier auch immer wieder unterschiedlichste Kulturveranstaltungen und Events. Das Parkgelände ist täglich und rund um die Uhr geöffnet und zu jeder Jahreszeit wirklich sehenswert. Der Eintritt zum Areal ist kostenfrei, der Zugang zu Veranstaltungen nicht unbedingt. Wegen Corona sollten Besucher des Landschaftsparks aber zurzeit die AHA-Regel beachten: Abstand halten, Hygiene beachten, Alltagsmaske tragen.

 

 
 
Buch und Verlag

Zugänge zum Eisen: Blick ins Buch. Foto: Petra Grünendahl

Das 144-seitige Buch „Zugänge zum Eisen“ der Duisburg Kontor Hallenmanagement GmbH (Herausgeber) ist im Essener Klartext Verlag erschienen. Das bebilderte Taschenbuch im Format 14 x 21 cm ist für 14,95 Euro im Besucherzentrum des Landschaftsparks Nord, der Tourist Information Duisburg auf der Königstraße sowie im lokalen Buchhandel erhältlich (ISBN 978-3-8375-2136-8). Verständliche Texte und Grafiken erleichtern auch Einsteigern in die Materie das Verständnis für Prozesse und Zusammenhänge. Gerade bei der Beschreibung der einzelnen Standorte und Anlagen würde man sich vielleicht als Ortsunkundiger mehr Fotos wünschen, um die beschriebenen Gebäude besser einordnen zu können. Eine Karte im Anhang gibt einen geografischen Überblick über Park und Anlagen. Den Plan gibt es online zum Download, man bekommt ihn aber auch als Flyer im Besucherzentrum im ehemaligen Hauptschalthaus. Weitere Informationen rund um den Landschaftspark – auch zu Führungen – gibt es unter www.landschaftspark.de.

 

Zugänge zum Eisen: Blick ins Buch. Foto: Petra Grünendahl

Der Klartext Verlag wurde 1983 gegründet, seit 2007 ist er Teil der Funke Mediengruppe. Seine Heimat liegt im Ruhrgebiet, wo auch der überwiegende Teil seiner Publikationen angesiedelt ist: Freizeitführer, Sachbücher, Kalender und Bildbände. Mit der „Von oben“-Reihe kann man Städte nicht nur im Ruhrgebiet, sondern in ganz Deutschland aus der Vogelperspektive bewundern. Und mit der Klugscheißer-Reihe (siehe hier: Duisburg für Klugscheißer) lernt der Leser Neues zu verschiedenen Orten, Themen und Fußballvereinen – unterhaltsam und fundiert, denn, so der Verlag: „wir machen Bücher mit Qualität und gerne auch mal einem Augenzwinkern.“
www.klartext-verlag.de

 

Karte mit Infografik: Landschaftspark Duisburg-Nord.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl (8), thyssenkrupp Konzernarchiv, Duisburg (historische Fotos), Karte mit Infografik: Landschaftspark Duisburg-Nord, Titelbild und Infografiken: Klartext Verlag

 

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GEBAG präsentiert Siegerentwurf „Am Alten Güterbahnhof“ in Duisburg

Die Stadt von Morgen:
Duisburgs neue Visitenkarte

Von Petra Grünendahl

Am Alten Güterbahnhof. Visualisierung: CKSA.

„Wohnen, Arbeiten und Leben werden sich verändern. Die Stadt von Morgen wird ganz anders aussehen als heute“, brachte GEBAG-Geschäftsführer Bernd Wortmeyer das Ergebnis des Wettbewerbs auf den Punkt. Der Entwurf von den „Duisburger Dünen“ war in der Bürgerbeteiligung bei den Duisburgern am besten angekommen. Der Entwurf für das schmale, lang gezogene Gelände des alten Güterbahnhofs in der Duisburger Innenstadt stellte die Planer mit seinem Zuschnitt vor Herausforderungen. Mit einer Gewerbebebauung entlang der Bahngleise, daneben ebenfalls in Nord-Süd-Ausrichtung ein Zug von Wohnbebauung, dem sich schließlich eine breit angelegte Parkanlage als Lärmdämmung zur Autobahn hin anschließt, deren strukturierte Oberfläche mit dünen-ähnlichen Erhebungen dem Projekt seinen Arbeitstitel gab. Ein See in der Parkanlage vermittelt Aufenthaltsqualität. Der Entwurf des Teams von CKSA Christoph Kohl Stadtplaner Architekten und fugmann-janotta und Partner mbH (beide Berlin) kam nicht nur bei Duisburgern gut an, sondern gewann auch mit Abstand das einstimmige Votum einer neunköpfigen Fach-Jury.

 

Am Alten Güterbahnhof. Foto: Screenshot.

Insgesamt sieben Teams aus Architektur und Landschaftsplanung hatten im Rahmen der zweiten Wettbewerbsphase ihre Konzepte überarbeitet. Den Siegerentwurf und das weitere Verfahren stellten in einem digitalen Pressegespräch Bernd Wortmeyer, Oberbürgermeister Sören Link und Planungsdezernent Martin Linne vor: Zusammen mit Jörg Faltin (Faltin + Sattler, Düsseldorf, zuständig für die Durchführung und Moderation des Wettbewerbsverfahrens)

Verkehrsanbindung Am Alten Güterbahnhof. Skizze: CKSA.

und dem Juryvorsitzenden Prof. Johannes Ringel sowie Prof. Christoph Kohl (CKSA) und Harald Fugmann (fugmann-janotta) als Vertreter des siegreichen Teams. „Das wird eine neue Visitenkarten für die Stadt“, freute sich Sören Link. An der Zufahrt zur Innenstadt soll sie ein positives Bild vermitteln und das Image der Stadt fördern. Prof. Johannes Ringel erläuterte die Entscheidung der Jury: „Der Entwurf überzeugt durch seine charismatische Idee, einen großzügigen Park bis zur Innenstadt zu führen. Der Entwurfsidee gelingt es, die notwendigen Vernetzungen im Stadtgefüge zu leisten und bietet im Vergleich zu anderen Entwicklungsgebieten ein Alleinstellungsmerkmal für die Stadt Duisburg.“ Er freute sich, dass die Meinung der Bürger mit denen der Jury übereinstimmte, was bei solchen Wettbewerben nicht unbedingt die Regel ist.

 

 
Wohnen, Arbeiten und Leben: Neues Quartier soll Raum für alle Generationen bieten

Lageplan Am Alten Güterbahnhof. Skizze: CKSA.

„Hier entsteht eine neues Stück Duisburg, maßgeschneidert und ideal für die Zukunft aufgestellt“, lobte Bernd Wortmeyer den Entwurf. Die GEBAG als Eigentümer hat hier die Zügel in der Hand. Sie will das Areal möglichst kleinteilig vermarkten. Investoren können sich hier mit ihren Entwürfen um einzelne Projekte bewerben. „Wir hoffen auf viele Architekten, die hier mitbauen“, sagte Christoph Kohl, dessen stadtplanerischer Entwurf erst dadurch zum Leben erweckt wird.

Die Loveparade-Gedenkstätte am Alten Güterbahnhof. Skizze: CKSA.

„Was wir heute bauen, muss beständig sein und darf keiner Wirtschaftlichkeit geopfert werden“, wünschte er sich. Ein besonderes Anliegen war ihm die Loveparade-Gedenkstätte: Sie soll seitlich wieder geöffnet werden – möglicherweise sogar auf die ursprüngliche Breite –, um sich zum Gelände hin zu öffnen, damit man sie in die Gestaltung mit einbeziehen kann. Auch die Unterführung Karl-Lehr-Straße wird – soweit möglich – frei gelegt und an das Quartier angebunden und integriert.

 

Am Alten Güterbahnhof. Modellfoto: photoprop.

„Der ausgewählte Siegerentwurf bildet nun die Grundlage für die weiteren Planungen für den städtebaulichen Rahmenplan. Das Bauleitplanverfahren soll im Herbst nach dem entsprechenden Aufstellungsbeschluss starten“, erklärte Martin Linne das weitere Vorgehen. „Bis dahin ist noch alles veränderbar. Aber die Kernelemente dieses Siegerentwurfs sollen nicht in Frage gestellt werden.“ Die GEBAG rechnet aktuell damit, dass der Bebauungsplan im Jahr 2023 Rechtskraft erlangen wird und ab 2024 gebaut werden kann. Martin Linne avisiert rund 1.000 Wohneinheiten sowie Gewerbeeinheiten für 8.000 bis 10.000 Arbeitsplätze. Das sei aber flexibel, so der Planungsdezernent. Das Projekt wird voraussichtlich im Jahr 2032 abgeschlossen sein.

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GEBAG
Die Duisburger Gemeinnützige Baugesellschaft AG (GEBAG) wurde 1872 gegründet und zählt zu den ältesten Baugesellschaften Deutschlands. Seit 2012 ist die heutige GEBAG Duisburger Baugesellschaft mbH mit aktuell über 12.300 Wohnungen das größte Immobilienunternehmen der Stadt. Sie bietet rund 35.000 Duisburgern ein Zuhause: Bezahlbar und in einer guten, zeitgemäßen Qualität. Die GEBAG ist das kommunale Immobilienunternehmen der Stadt Duisburg und beschäftigt rund 190 Mitarbeiter. Seit mehr als 140 Jahren prägt sie die Gestaltung und Entwicklung der Stadt Duisburg maßgeblich mit. www.gebag.de

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Screenshots (3), Skizzen: CKSA (4), Modellfotos: photoprop (2)

 

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IHK-Handelsforum Ruhr: Innenstädte unter Druck

Ein Jahr nach dem ersten Lockdown sind neue Konzepte gefragt
Von Petra Grünendahl

Boris Hedde (l.) und Dr. Fritz Jaeckel begrüßten zum IHK-Handelsforum Ruhr. Foto: Screenshot.

Nicht erst seit Corona stehen die Innenstädte im Ruhrgebiet unter Druck. Corona und der Lockdown beschleunigen jedoch die Abwärtspirale, die mehr Käufer in den Online-Handel abwandern lässt, der nicht nur corona-konform, sondern auch 24/7 zur Verfügung steht. Händler und Dienstleister sehen sich seit dem ersten Lockdown vor einem Jahr vor großen Problemen: Vor allem inhabergeführte Geschäfte und kleine Selbstständige leiden und können fehlende Einnahmen nicht auffangen. „Die Menschen sind verzweifelt, weil sie ihre Rücklagen angreifen müssen, um zu überleben“, berichtete Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen mit Sitz in Münster / Gelsenkirchen. Wenn die Wirtschaft wieder öffnen darf, wird sich zeigen, welche Geschäfte wieder öffnen: Nicht jeder wird einen Neubeginn schaffen, was unvermeidlich zu einer Insolvenzwelle führen dürfte. Das erhöht die ohnehin vorhandene Zahl der Leerstände, für die Konzepte gefunden werden müssen, um Innenstädte als Verweil- und Erlebnisräume für Menschen wieder attraktiv zu machen. Denn dass sich die Leute nach einem Ende des Lockdowns und eine Rückkehr zu so etwas wie Normalität sehnen, steht außer Frage.

 

Diplom-Kaufmann Jörg Lehnerdt (r.) präsentierte die Ergebnisse des Handelsreports 2021. Foto: Screenshot.

Was nicht auf den ersten Blick im Stadtbild zu sehen ist, zeigt der neue IHK-Handelsreport Ruhr. Der Report, den die sechs Industrie- und Handelskammern des Ruhrgebiets alle zwei Jahre erstellen, lieferte reichlich Stoff für eine Diskussion über die Zukunft der Innenstädte, die über 120 Handelsexperten und Stadtplaner beim IHK-Handelsforum Ruhr online führten. „Die Corona-Pandemie hat den Handlungsdruck extrem erhöht“, unterstrich Fritz Jaeckel. Der bereits seit einigen Jahren laufende Prozess von Strukturveränderungen im Handel, der sich an leerstehenden oder anderweitig genutzten Ladenlokalen ablesen lasse, sei durch die Pandemie enorm beschleunigt worden. „Auf die Innenstädte im Ruhrgebiet kommen tiefgreifende Veränderungen zu, die wir nicht einfach laufen lassen können, sondern gemeinsam positiv gestalten müssen“, forderte Jaeckel. Dipl.-Kaufmann Jörg Lehnerdt von der BBE Handelsberatung GmbH (Köln), der die Ergebnisse des IHK-Handelsreports Ruhr präsentierte, unterstützte Jaeckel: „Noch prägen die großen Fashion-Anbieter die Innenstädte und Shoppingcenter des Ruhrgebiets, allerdings hat der Rückzug aus der Fläche als Folge des boomenden Onlinehandels bereits begonnen. Corona wird diesen Trend beschleunigen.“ Als Frequenzbringer für Innenstädte und Ortszentren sind demnach dringend neue Konzepte gefragt.

 

 
Trends und strategische Entwicklungsperspektiven

Podiumsdiskussion online (v. o. l.): Moderator Boris Hedde, Dr. Jan Heinisch, Ariane Breuer und David Schraven. Foto: Screenshot.

Traditionsgemäß stand eine „Podiumsdiskussion“ im Mittelpunkt der Veranstaltung, bei der Experten Ideen und Perspektiven aus unterschiedlicher Sichtweise darstellten. Die nötige Vielfalt der Perspektiven brachten Dr. Jan Heinisch, Staatssekretär im Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW, Ariane Breuer, Initiatorin „Die Stadtretter“ und Geschäftsführerin von „Clever expandieren“, sowie David Schraven, Mitbegründer der Marktviertel-Initiative in Bottrop, auf das Podium.

 
„Der Lockdown bedroht zunächst Handel und Dienstleistungen im Stadtzentrum, dann die Vitalität der Innenstädte insgesamt“, warnte Jan Heinisch vor den weitergehenden Konsequenzen der Entwicklung. Die Experten waren sich deshalb einig, dass die Innenstädte und Ortszentren der Zukunft multifunktional aufgestellt sein müssten. „Stadt ist nicht nur Handel: Stadt ist Leben, also auch Wohnen, Gastronomie, Kultur und Mobilität. Eine Stadt müsse als Erlebnisort konzipiert werden, als Begegnungsstätte und Raum der Kommunikation. Da, wo sich der Einzelhandel aus den Innenstädten zurückziehe, müssten andere Nutzungen rein, betonte Jörg Lehnerdt. Dafür müssten aber auch Immobilienbesitzer mitziehen, die bislang wegen höherer Mieterträge lieber an den Handel vermieteten.

 
„Die Menschen müssen wieder gerne in die Stadt kommen und dort verweilen“, sagte Ariane Breuer, Sprecherin der „Stadtretter“-Initiative. Und das auch an Sonntagen, wenn der Handel nicht offen habe, ergänzte Jan Heinisch. David Schraven, Mitbegründer der Marktviertel-Initiative aus Bottrop, ist überzeugt davon, dass die Zukunft der Zentren von Kunden und ihrem Engagement vor Ort abhängt. „Wir brauchen mehr davon in den Innenstädten.“ Er appelliert, den Fokus verstärkt auf die Unterstützung für lokale Marketingmaßnahmen zu richten, die Publikum anlocken. Aktuelle Förderprogramme der Landesregierung wie das Sofortprogramm zur Stärkung unserer Innenstädte und Zentren in Nordrhein-Westfalen gingen dabei schon in die richtige Richtung.

 

 
Initiativen und Konzepte müssen Kunden mitnehmen

Abschließende Umfrage unter den Teilnehmern des IHK-Handelsforums Ruhr. Foto: Screenshot.

„Ad hoc-Hilfen sollen besonders betroffene Kommunen entlasten, während neue Investitionsspielräume ebenso wie gemeinsam mit Kommunen, Händlern und Stadtplanern entwickelte Zukunftskonzepte vitale, digitale und kreative Perspektiven schaffen“, so Dr. Jan Heinisch über geplante Unterstützungsmaßnahmen. Er wies darauf hin, dass noch Fördergelder in Höhe von 30 Millionen Euro aus dem Sofortprogramm Innenstadt zur Verfügung stehen. Kommunen könnten noch bis Ende April Anträge stellen. Zukünftig wird es nach Ansicht der Experten unerlässlich sein, Förderprogramme zu verstetigen und alle Beteiligten mit in den Stadtentwicklungsprozess einzubeziehen. „Niemand schafft es allein, unsere Innenstädte und den Einzelhandel wiederzubeleben“, betonte Ariane Breuer.

 
IHK-Hauptgeschäftsführer Jaeckel resümierte: „Nur durch eine enge Zusammenarbeit von Politik, Verwaltung, Standortgemeinschaften und Unternehmen sowie von Eigentümern und lokaler Immobilienwirtschaft wird es gelingen, attraktive und zukunftsfähige Innenstädte und Ortszentren zu erhalten oder wiederherzustellen.“ All diese Akteure gelte es nun jeweils vor Ort an einen Tisch zu bringen, um gemeinsam neue Ideen für die Innenstadt von morgen zu entwickeln und umzusetzen. Dabei dürften auch die Verbraucher nicht vergessen werden: „Den Menschen vor Ort muss noch stärker bewusst gemacht werden, dass sie mit ihrem Einkaufsverhalten direkten Einfluss darauf haben, wie ihre Innenstadt oder ihr Ortszentrum in Zukunft aussieht“, betonte der Hauptgeschäftsführer der derzeit federführenden Ruhr-IHK Nord Westfalen. Jede Stadt müsse Konzepte für ihre eigenen Stärken entwickeln und umsetzen, so Ariane Breuer. „Die Initiative Stadtretter hat großen Zuspruch, bislang sind 650 Kommunen dabei, die voneinander lernen und sich miteinander austauschen.“ Die Maßnahme für alle Städte gebe es nicht. Was macht uns aus und wo wollen wir hin? Die Frage nach ihrer eigenen Identität und Alleinstellung müsse letztendlich jede Kommune für sich beantworten.

 
Den Handlungsdruck verdeutlichte auch das Ergebnis der abschließenden Umfrage unter den Teilnehmern der Veranstaltung. 77 Prozent der Teilnehmer „machen sich Sorgen“, wenn sie an die Zukunft ihrer Innenstadt denken, nur 15 Prozent sagen, dass sie „gut aufgestellt“ ist.

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IHK-Handelsreport Ruhr
Der IHK-Handelsreport Ruhr und eine Aufzeichnung des IHK-Handelsforums Ruhr wird im Internet veröffentlicht unter www.ihkhandelsreport.ruhr.

Vor zwei Jahren war die Niederrheinische IHK in Duisburg Gastgeber im Lehmbruck Museum: In der Rückschau von heute durchaus mit beachtenswerten Inhalten.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text)

 

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„Internationale Wochen gegen Rassismus“ in Duisburg vom 15. bis 28. März

Zeichen gegen Rassismus und Diskriminierung setzen
Von Petra Grünendahl

Lesung von Alice Hasters im Programm der „Internationalen Wochen gegen Rassismus“. Foto: Screenshot.

„Eigentlich wollten wir ja schon im vergangenen Jahr dabei sein, aber dann kam uns Corona dazwischen“, erzählte Marijo Terzic, Leiter des Kommunalen Integrationszentrums der Stadt Duisburg. „Dieses Mal wollten wir es uns nicht nehmen lassen, obwohl lange nicht klar war, ob wir die Veranstaltungen real oder nur digital machen können“, erklärte Benjamin Wilde. Jetzt wird die hybrid: Ein paar Veranstaltungen mit Präsenz soll es corona-konform geben, alle Veranstaltungen alle werden auf der Webseite http://www.iwgrdu.de abgebildet und können dort – teilweise auch interaktiv – begleitet werden. Ein großer Aktionstag in der Innenstadt, der eigentlich hätte Bestandteil sein sollen, muss aber zum Bedauern der Organisatoren vom Kommunalen Integrationszentrum entfallen. Dafür ist es aber gelungen, viele Organisationen und Institutionen als Anbieter eines vielfältigen Programms zu gewinnen, welches, so Britta Söntgerath, „bundesweit einzigartig umfassend ist.“ Und noch immer melden sich Akteure, die mitmachen wollen. Mit dabei sind unter dem Motto „DU gegen Rassismus und Diskriminierung“ zum Beispiel der Stadtsportbund Duisburg, der Jugendring Duisburg, der DGB Niederrhein, Aufstehen gegen Rassismus, der Flüchtlingsrat Duisburg, aric NRW, Amnesty International, die Seebrücke Duisburg, das Deutsche Rote Kreuz, Heroes Duisburg (Jungs e. V.), die Polizei Duisburg und viele mehr.

 

Die Pressekonferenz zu den „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ fand online statt. Von links: oben Marijo Terzic und Julia Rombeck, unten Britta Söntgerath und Benjamin WIlde. Foto: Screenshot.

Duisburg beteiligt sich in diesem Jahr erstmals an den „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ (IWgR), die schon seit 26 Jahren – getragen von der Stiftung für die Internationalen Wochen gegen Rassismus und dem Arbeitskreis ECCAR (European Coalition of cities against racism), dem Duisburg seit Ende 2016 angehört, – immer im März stattfinden. Das Format und die geplanten Veranstaltungen stellte Marijo Terzic zusammen mit Julia Rombeck und Benjamin Wilde vom Kommunalen Integrationszentrum sowie Britta Söntgerath vom Flüchtlingsrat vor. Die „Internationalen Wochen gegen Rassismus“ (IWgR) finden in diesem Jahr in der Zeit vom 15. bis 28. März unter dem Motto „Solidarität.Grenzenlos“ statt. Dem Aufruf zur Beteiligung gegen Rassismus und Diskriminierung sind bereits über 35 Duisburger Organisationen und Akteure gefolgt, hinter denen viele weitere Mitwirkende stehen. Als Highlight wird ein Aktionstag am Samstag, 27. März, von 13 bis 18 Uhr als digitale Messe gestaltet.

 

 
Vielfältige Akteure bieten einmaliges Programm

Flyer zu den „Internationalen Wochen gegen Rassismus“.

„Wir wären natürlich viel lieber am großen Aktionstag in der Innenstadt auch auf Passanten zugegangen und mit ihnen ins Gespräch gekommen“, erzählte Julia Rombeck. Denn: „Mit dem reinen Veranstaltungsprogramm erreicht man ja eher die Leute, die sich ohnehin schon mit der Thematik Rassismus und Diskriminierung auseinander setzen.“ Allerdings hofft man durchaus, mit einer groß angelegten Öffentlichkeitskampagne auch in den sozialen Medien doch mehr Leute über diesen Kreis hinaus zu erreichen.

 
Mit Veranstaltungen, Lesungen und Berichten aus der Arbeit der unterschiedlichsten Organisationen, Diskussionen in (angemeldeten) Gruppen (u. a. mit der Polizei Duisburg), Videos, Konzerten und künstlerischen Veranstaltungen zum Teil auch mit Diskussionsmöglichkeiten will man mit Menschen ins Gespräch kommen, auch wenn es weitestgehend nur digital geht: Über Rassismus, Ausgrenzung und Diskriminierung auf individueller, institutioneller, struktureller und diskursiver Ebene. Am 27. März soll ein Aktionstag als digitale Konferenz zwischen 13 und 18 Uhr ein Forum zum Mitmachen und Mitdiskutieren bieten.

 
Der Programmflyer listet schon eine ganze Reihe an Veranstaltungen, das Programm wird aber auf der Webseite der Veranstaltung laufend aktualisiert und erweitert. Ab dem 15. März kann man dort auch an den Aktionen – teils auch interaktiv – teilnehmen. Das Kommunale Integrationszentrum Duisburg findet man unter www.wir-sind-du.de.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Rat der Stadt Duisburg beschloss Neuzuschnitt der Dezernate

Ersatz für Cölve-Brücke einen Schritt weiter
Von Petra Grünendahl

Ausschreibungstext für das neue Dezernat. Quelle: Ratsvorlagen.

Im Raum stand das Modell einer neuen Dezernatsverteilung, die im Entwurf der Verwaltung mit großer Mehrheit so beschlossen wurde. Damit wurde der Weg frei, die Stelle eines „Beigeordneten für das Dezernat für Umwelt und Klimaschutz, Gesundheit, Verbraucherschutz und Kultur“ zum 1. Mai 2021 ausschreiben zu können (siehe nebenstehende Anzeige). Die Grünen haben aus den eingehenden Bewerbungen das Vorschlagsrecht für die Besetzung der Stelle, deswegen auch der Focus auf Umwelt. Das bisherige „Super“-Dezernat von Astrid Neese gibt nicht nur die Kultur ab, sondern auch den Bereich Familie mit Jugendamt und Jugendhilfe. Es verbleiben bei ihr Bildung, Arbeit und Soziales. Auch an anderer Stelle wurden Zuständigkeiten verschoben und neu aufgeteilt. Mitunter etwas willkürlich. Ob der neue Plan immer so sinnvoll ist, muss die Zukunft entscheiden.

 

Ratssitzung in der Mercatorhalle. Foto: Petra Grünendahl.

Der Rat der Stadt Duisburg trat zu seiner ersten Sitzung in diesem Jahr in der Mercatorhalle zusammen, um wichtige Entscheidungen zu treffen. Gleich in der Eröffnung sagte Oberbürgermeister Sören Link zu, die Anfragen auf der Tagesordnung im Nachgang schriftlich beantworten zu lassen, um die Tagesordnung gestrafft und zügig abarbeiten zu können. Auch der eine oder andere Antrag wurde entweder zurückgezogen oder auf die nächste Ratssitzung geschoben. Das war im Sinne aller, denn der Rat tagt unter Corona-Bedingungen in der Mercatorhalle nicht nur hinter Plexiglas-Scheiben, sondern auch mit medizinischer Maske über Mund und Nase. Und es straffte die 58-Punkte-Tagesordnung (im öffentlichen Teil) merklich. Die Beschlussvorlagen der Verwaltung gingen überwiegend einstimmig durch, im Gegensatz zu manch einem Antrag aus den Ratsfraktionen.

 

 
Cölve-Brücke, verkaufsoffene Sonntage, Wettbüros und Elternbeiträge

Gebietsübertragungen zwischen Moers und Duisburg. Quelle: Ratsvorlagen.

Einen Schritt weiter ist ein Ersatz für die gesperrte Cölve-Brücke: Der Stadtrat beschloss einstimmig die Gebietsübertragung des Gebiets, mit dem die Cölve-Brücke bislang auf Moerser Stadtgebiet liegt. Zusammen mit dem Beschluss des Moerser Stadtrats kann die Übertragung in die Wege geleitet werden, die „uns handlungsfähig macht“, so der zuständige Stadtentwicklungs-Dezernent Martin Linne. Damit ist der Weg für einen Neubau ebenso frei wie für einen zweiten Versuch, bis zu dessen Fertigstellung eine Behelfsbrücke zu installieren, um Anwohnern ihre Verkehrsituation zu erleichtern. Knackpunkt der Ablehnung durch die Bezirksregierung war ja, dass die Stadt Duisburg für eine Brücke Geld ausgeben wollte, die gar nicht auf ihrem Gebiet lag.

 

Ratssitzung in der Mercatorhalle. Foto: Petra Grünendahl.

Mit deutlicher Mehrheit stimmte der Rat für Verkaufsoffene Sonntage zu besonderen Anlässen (Kunsthandwerkermarkt, Lack und Chrom, Weihnachtsmarkt, Traditionsveranstaltungen und Stadtteilfeste), so denn eine Lockerung der Corona-Beschränkungen diese Feste in der City und in den Stadtteil-Zentren überhaupt zulässt. Als Dringlichkeitsbeschluss ging einstimmig ein Bebauungsplan für die Heerstraße in Hochfeld durch, der die Ansiedlung weitere Wettbüros / Vergnügungsstätten unterbindet.

Neue Dezernatsverteilung. Quelle: Ratsvorlagen.

Einstimmig übernahm der Rat auch die Beschlussvorlage der Verwaltung, Elternbeiträge und Verpflegungsentgelte für Kitas, Tagespflege und Betreuungsangebote in der Schule für Januar 2021 zu erstatten. Sollte sich das Land hier weiterhin mit 50 Prozent beteiligen, wird es zeitnah auch für Februar eine Erstattung geben. Immerhin mit Mehrheit beschloss der Rat eine Resolution auf Antrag der Fraktion Die Linke, die „das Land Nordrhein-Westfalen und den Bundestag [aufruft], die Kommunen wegen der corona-bedingten Mindereinnahmen und Mehrausgaben deutlicher und nachhaltiger als bislang zu unterstützen.“ Eine dringend nötige Maßnahme, die man nicht deutlich genug immer wieder betonen kann und muss.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Stadt informierte zu Corona: Duisburger haben den Ernst der Lage verstanden

Viele Impfungen ermöglichen größere Freiheiten
Von Petra Grünendahl

Oberbürgermeister Sören Link. Foto: Petra Grünendahl.

„Wir impfen seit dem 27. Dezember in Alten- und Pflegeheimen, seit dem 8. Februar auch im Impfzentrum im TaM“, erklärte Sören Link. Leider stehe bislang zu wenig Impfstoff zur Verfügung, um der Bevölkerung schnellstmöglich eine Impfung anbieten zu können. Mit der Zertifizierung des zweiten Impfstoffs und der Lieferung größerer Mengen sehe man aber der Zeit entgegen, die Impfzeiten im zentralen Impfzentrum im Theater am Marientor (TaM) in größerem Maße ausschöpfen zu können. „Wir haben mit Beginn der Pandemie sehr viel getestet, gezielt Kontakte verfolgt und restriktive Maßnahmen ergriffen, die eine Verbreitung reduzierten“, so der OB, der die Stadt auch weiterhin sehr gut aufgestellt sieht. Strikte Kontrollen machten Bürgern den Ernst der Lage deutlich: „Die Duisburger verstehen die Lage und handeln verantwortungsvoll: Damit kriegen wir die Pandemie in den Griff“, lobte er. Die Zahlen seien mittlerweile massiv gesunken: Sie schwanken aktuell rund um einen Inzidenzwert von etwas über 50.

 

Wirtschaftsdezernent Andree Haack, aktueller Leiter des Krisenstabes. Foto: Petra Grünendahl.

Oberbürgermeister Sören Link informierte bei einem Pressetermin im Ratssaal über den bisherigen Verlauf und den aktuellen Stand der Corona-Pandemie in Duisburg. Neben OB Link gaben Krisenstabsleiter Andree Haack, Gesundheitsamtsleiter Ludwig Hoeren und Christian Umbach, stellv. Leiter der Feuerwehr Duisburg, Auskunft. Das Impfzentrum im TaM hat am 8. Februar seine Arbeit aufgenommen, sei aber bislang noch nicht ansatzweise ausgelastet. Erst 6 von 14 Impfstraßen sind in Betrieb und das auch nur halbe Tage. „Mit mehr Impfstoff wollen wir erst die sechs Impfstraßen ganztägig auslasten, bevor die anderen dazu kommen“, erklärte Hoeren. Die bislang dort Geimpften lobten das Prozedere und die professionelle Arbeit im Impfzentrum: Auch Fragen zur Impfung würden zur Zufriedenheit der Patienten beantwortet.

 

 
Seit dem 10. Februar zweiter Impfstoff

Christian Umbach, stellv. Leiter der Feuerwehr Duisburg. Foto: Petra Grünendahl.

„Wir haben die Alten- und Pflegeheime fast durch: Alle, die geimpft werden wollten“, erklärte Christian Umbach: Bewohner seien zu 90 Prozent durchgeimpft, Pflegekräfte zu 80 Prozent. Dass auch der zweite Impfstoff sicher und zur Eindämmung der Pandemie erfolgreich eingesetzt werden kann, bestätigten die Vertreter der Stadt einhellig. „Beim AstraZeneca-Impfstoff könnten sich in bestimmten Gruppen etwas 6 Prozent der Geimpften infizieren, beim Biontech-Impfstoff (Pfizer) sind es 4 Prozent“, rückte Gesundheitsamtsleiter Hoeren die Zahlen in Relation. Beide Impfstoffe würde aber schwere Infektionsverläufe verhindern. In Punkto Nebenwirkungen, die bei der Corona-Impfung wie bei auch allen anderen Impfungen auftreten könnten, beruhigte Hoeren: „Sogar rund 30 Prozent der Placebo-Empfänger (Anmerkung: die also gar keinen Impfstoff bekommen hatten!) klagten über Nebenwirkungen.“

 

Ludwig Hoeren, Leiter des Gesundheitsamtes. Foto: Petra Grünendahl.

Nach den Impfungen in den Heimen sowie dem Start im Impfzentrum (Ü80) werden als nächstes mobile Pflegekräfte geimpft, die alte und pflegebedürftige Menschen zu Hause versorgen, sowie Krankenhauspersonal, die Kontakt zu möglichen Infizierten haben können. Bislang wurden in Duisburg etwa 29.500 Impfungen verabreicht, davon 18.500 Erstimpfungen und 11.000 Zweitimpfungen. Die Zahlen sollen massiv steigen, sobald der benötige Impfstoff da ist. „Jeder wird geimpft, auch wenn er keine Krankenversicherung hat“, machte Ludwig Hoeren deutlich. Auch für Obdachlose werde man Lösungen finden: „Die in Einrichtungen untergebracht sind, sind leichter zu erreichen. Mit den Draußenschläfern ist das schon schwieriger.“ Für die Impfgruppe Ü70 bleiben die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) für die Terminvergabe zuständig. „Danach übernehmen wir das mit unseren eigenen Systemen“, erklärte der stellvertretende Feuerwehr-Chef Umbach. Ab Mitte März sollen größere Mengen des Impfstoffs zur Verfügung stehen, so Andree Haack. Das wäre dann auch die Zeit, ab der man die Hausärzte zum Impfen mit ins Boot holen könne. Auch über Impfungen in Betrieben sei er im Gespräch, erzählte Haack.

 
Die zuletzt wieder etwas steigenden Werte bei Neuinfektionen seien ausschließlich auf die Mutationen des Virus zurückzuführen: Überwiegend die britische Variante, aber jetzt habe sich auch aus einer Quelle die Südafrikanische verbreitet, so der Gesundheitsamtsleiter. Aktuell gemeldet sind 364 Infizierte bei einem Inzidenzwert von 55,5. „Wir wollen möglichst viele möglichst schnell impfen“, erklärte Sören Link, der aber auch betonte: „Wir sollten nicht zu früh zu einer Normalität zurückkehren. Erst wenn ein großer Teil unserer Bevölkerung geimpft ist, kann der Schritt zu mehr Freiheiten erfolgen!“

 

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Finanzielle Hilfen müssen ankommen
Zunächst sollen Schulen und Kitas wieder öffnen. Dort, so die bisherige Erkenntnis, ist das Infektionsrisiko nicht so hoch, wenn die Einrichtungen ihre Hygienekonzepte umsetzen. „Allerdings können wir erst mit zwei, drei Wochen Verzögerung den Einfluss auf das Infektionsgeschehen beurteilen“, erklärte Krisenstabsleiter Haack. Er hofft auf Schnelltests, um hier zeitnah Klarheit zu schaffen. Die Öffnung der Wirtschaft entscheiden Bund und Land, aber: „das muss mit Maß passieren“, so OB Link. „Wir dürfen nicht zu früh zurück in eine Normalität und müssen in Duisburg alles tun, dass die Infektionszahlen nicht wieder hoch gehen.“ Es sei aber richtig, Maßnahmen an Inzidenzwerte zu knüpfen, erklärte Andree Haack. „Die Bevölkerung fühlt sich sicherer damit!“ Sören Link betonte, wie wichtig Fortschritte beim Impfen für ein Öffnen und Lockerungen im Sommer seien: „Viele Impfungen machen mehr Lockerungen möglich.“

 
Allerdings mahnte der Oberbürgermeister auch beim Land NRW an: „Die versprochnen Hilfen für Unternehmen müssen schnell fließen, sonst bricht uns was weg. Es kann nicht sein, dass man hier noch auf die November- und Dezember-Hilfen wartet: Wir haben Mitte Februar.“ Für Öffnungsszenarien warte man jetzt auch auf die Schnelltests, so Andree Haack: „Wenn die zertifiziert sind und wir sie in ausreichender Menge haben, können wir Infizierte schneller identifizieren.“ Tests und die Eindämmung von Infektionsketten bleibt also Priorität.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Lehmbruck Museum in Duisburg präsentiert Programm 2021

Alles ist Skulptur: Lehmbruck und Beuys, Nevin Aladağ und die heimische Kunstszene
Von Petra Grünendahl

Museumsdirektorin Dr. Söke Dinkla. Foto: Screenshot.

„Wir hoffen, im März hier wieder Besucher begrüßen zu dürfen“, erklärte Museumsdirektorin Dr. Söke Dinkla. Die vor dem Corona-Lockdown gerade eröffnete Ausstellung von Stephan Balkenhol, die Besucher von Nah und Fern lockte, geht bis Pfingsten in die Verlängerung. Vom 7. Mai bis 5. September soll sich im Rahmen von Sculpture 21st die deutsche Künstlerin Nevin Aladağ in der Glashalle zum Kantpark präsentieren:

Kulturdezernentin Astrid Neese. Foto: Screenshot.

Die Bildhauerin verknüpft in ihren Arbeiten Materialien mit Metaphern und Geschichten, die es zu erkunden gilt. Und als Highlight stellt das Lehmbruck Museum vom 26. Juni bis 1. November mit „Lehmbruck – Beuys. Alles ist Skulptur“ Parallelen zwischen den beiden Bildhauern dar, die – trotz unterschiedlichen Generationen (Lehmbruck 1881–1919, Beuys 1921–1986) entstammend – künstlerisch in einer künstlerischen Beziehung zueinander standen: „Skulptur ist das Wesen der Dinge, das Wesen der Natur, das, was ewig menschlich ist”, diese Einsicht Wilhelm Lehmbrucks nahm Joseph Beuys zum Ausgangspunkt seiner Sozialen Plastik. Er bezeichnete Lehmbruck auch als seinen „Lehrer“. Parallel zur Ausstellung „Lehmbruck – Beuys“ in Duisburg findet in der Bundeskunsthalle Bonn „Beuys – Lehmbruck. Denken ist Plastik“ (25. Juni bis 17. Oktober 2021) statt. Einen Katalog für beide Ausstellungen haben die Verantwortlichen gemeinsam gestaltet. Die als Kooperation angelegte Ausstellung ist Teil des Programms zum Jubiläumsjahr „beuys 2021. 100 jahre joseph beuys“.

 

Plakat zur Ausstellung „Lehmbruck – Beuys. Alles ist Skulptur“. Quelle: Lehmbruck Museum.

Einen Ausblick auf die Planungen für 2021 gaben Söke Dinkla und Kulturdezernentin Astrid Neese, die zugleich auch Bilanz zogen für das vergangene Jahr, welches vom Corona-Lockdown geprägt war. Die corona-bedingten Restriktionen des Museums hinterließen natürlich Lücken bei den Besucherzahlen: Nur gut halb so viele Besucher kamen ins Museum hinein, dafür lockten aber die digitalen Angebote auch viele virtuelle Besucher an, die man auf Grund der Entfernung nicht so leicht erreicht. Zum Programm des Lehmbruck Museums zählen mittlerweile auch (kostenpflichtige) Online-Führungen, die stark nachgefragt werden. Das bringt Geld in die Museumskasse, bis Eintrittsgelder wieder fließen können. „Wir haben damit auf jeden Fall unser Publikum erweitert“, bilanzierte die Museumsdirektorin. Finanziell sei man gut durch das Corona-Jahr gekommen, auch weil sich Förderer und Sponsoren finanziell mehr engagiert hätten, so Dinkla.

 
Vom 27. November 2021 bis 30. Januar 2022 stellt dann die Duisburger Kunstszene aus: „Vor Ort 2021“ zeigt die Interessengemeinschaft Duisburger Künstler eine Auswahl an Skulpturen, Gemälden, Zeichnungen, Fotografien und Videoarbeiten. Aus 118 Bewerbungen hat eine Jury 38 Werke mit höchst unterschiedlichen künstlerischen Positionen höchster Qualität ausgewählt. Mit „RuhrKunstUrban – Museum findet Stadt“ startet in diesem Jahr ein Kunstvermittlungsprojekt für Schüler als museale Bildungsarbeit der RuhrKunstMuseen, zu denen auch das Lehmbruck Museum gehört. Das Projekt reicht bis ins kommende Jahr.

 

 
Das Lehmbruck Museum

Lehmbruck Museum. Foto: Dr. Thomas Köster.

Das mitten in Duisburg im Kantpark gelegene Lehmbruck Museum ist ein Museum für Skulptur. Seine Sammlung moderner Plastiken von Künstlern wie Alberto Giacometti, Pablo Picasso, Hans Arp und natürlich Wilhelm Lehmbruck ist europaweit einzigartig. Beheimatet ist das Museum in einem eindrucksvollen Museumsbau inmitten eines Skulpturenparks, der zum Schlendern und Entdecken einlädt.

Namensgeber des Hauses ist der Bildhauer Wilhelm Lehmbruck, der 1881 in Meiderich, heute ein Stadtteil von Duisburg, geboren wurde. Lehmbruck ist einer der bedeutendsten Bildhauer der Klassischen Moderne. Er hat mit seinem Werk maßgeblichen Einfluss auf nachfolgende Künstlergenerationen und ist auch nach seinem frühen Freitod im Jahr 1919 bis heute einflussreich geblieben.

 

 
Öffnungszeiten und Eintrittspreise

Stephan Balkenhol im Lehmbruck Museum. Foto:: Petra Grünendahl.

Zur Zeit ist das Lehmbruck Museum corona-bedingt geschlossen. Wenn das Haus hoffentlich im März wieder öffnen darf, wird die Ausstellung von Stephan Balkenhol noch bis Pfingstmontag, 24. Mai, im Anbau (Wechselausstellungsbereich) zu sehen sein. Geöffnet ist das Lehmbruck Museum üblicherweise dienstags bis freitags ab 12 Uhr, samstags und sonntags ab 11 Uhr. Die Öffnungszeiten gehen bis 17 Uhr, donnerstags an Terminen der plastikBAR (erster Donnerstag im Monat ab 17.30 Uhr) bis 20 Uhr. An Feiertagen gelten ggf. besondere Öffnungszeiten. Regulär kostet der Eintritt 9 Euro (ermäßigt* 5 Euro), eine Jahreskarte 35 Euro (ermäßigt* 20 Euro). Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre in Begleitung von Angehörigen sowie Blinden- und Demenzbegleitung haben kostenlos Eintritt. Schulklassen und Kindergärten zahlen pro Person 2 Euro (gilt nur für Selbstführergruppen), eine Familienkarte (2 Erwachsene plus Kinder bis 14 Jahre) gibt es für 15 Euro. Jeden ersten Freitag im Monat gilt: „Pay what you want“. Ausgenommen davon sind angemeldete Gruppen.

Wilhelm Lehmbruck: „Der Gestürzte“ (vorne) und „Der Jüngling“ (hinten). Foto: Petra Grünendahl.

Zu seinen Sonderausstallungen bietet das Lehmbruck Museum verschiedene Veranstaltungen als Rahmenprogramm an. Öffentliche Führungen durch das Museum gibt es jeden Sonntag um 11.30 Uhr. Für Informationen steht die Kunstvermittlung des Lehmbruck Museums unter Telefon 0203 / 283-2195 oder eMail kunstvermittlung@lehmbruckmuseum.de zur Verfügung (Zu Preisen und Buchungen für Führungen geht es hier).

 
Für Führungen und Veranstaltungen aus dem Rahmenprogramm sind aktuell grundsätzlich Anmeldungen erforderlich. Die Veranstaltungen finden vorbehaltlich eventueller Veränderungen aufgrund der Corona-Pandemie statt. Es kann zu kurzfristigen Anpassungen kommen. Außerdem ist die Anzahl der Besucher im Museum begrenzt: Auf aktuell 100 im Wechselausstellungsbereich sowie 300 im gesamten Museum: Es kann zu Wartezeiten kommen, falls diese Anzahl erreicht ist. Siehe auch: https://lehmbruckmuseum.de/update-coronavirus/.

(*) Ermäßigung erhalten gebuchte Gruppen, Selbstführer ab 20 Personen, Menschen mit Behinderung (ab 70%), Schüler & Studenten, Wehr- & Zivildienstleistende sowie Menschen mit Sozialhilfebezug.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl (2), Screenshots (2), Dr. Thomas Koester (1), Plakat

 

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Ruhrgebiets-IHKs: Konjunkturbericht zeigt, was Wirtschaft sorgt

Wirtschaft im Ruhrgebiet sucht Perspektive
Von Petra Grünendahl

Konjunkturumfrage der Ruhr IHKs im Online-Pressegespräch. Foto: Screenshot.

„Die Politik sollte Unternehmen keine Tag länger geschlossen halten, als es für Gesundheit der Bevölkerung notwendig ist“, erklärte Lars Baumgürtel, Vizepräsident der IHK Nord Westfalen, Geschäftsführer der ZINQ GmbH & Co. KG, Gelsenkirchen. „Die Ruhrwirtschaft tritt auf der Stelle und droht in eine gefährliche Schieflage zu kippen“, resümierte er. Das Eigenkapital sei gerade in besonders betroffenen Branchen und bei Solo-Selbstständigen vielfach aufgebraucht, Liquiditätsengpässe drohten ebenso wie schlussendlich die Insolvenz. Dabei zeichnete der Unternehmer aus Gelsenkirchen ein differenziertes Bild von der Lage der Wirtschaft. Denn, so sein zweiter Befund: „Die Spaltung der Wirtschaft durch Corona verfestigt sich mit jedem weiteren Tag im Lockdown.“ Die geringen Hoffnungen auf Besserung ruhen dabei vor allem auf der Industrie. Handel und Dienstleistungen, so sie vom Lockdown direkt oder indirekt betroffen sind, leiden massiv. „Unsere Hotline zur Corona-Hilfe hat sich zum Sorgentelefon entwickelt“, berichtete Stefan Schreiber, Hauptgeschäftsführer der IHK Dortmund. Eine Perspektive zur Öffnung aus dem Lockdown sei zwingend nötig, so die Interessenvertreter der Wirtschaft.

 

Konjunkturumfrage der Ruhr IHKs. Quelle: IHKs im Ruhrgebiet.

Den 106. Konjunkturbericht Ruhrgebiet stellte die federführende IHK Nord Westfalen (mit Standorten in Münster und Gelsenkirchen / Emscher-Lippe) im Online-Pressegespräch vor. Rede und Antwort standen IHK-Vizepräsident Lars Baumgarten und Hauptgeschäftsführer Dr. Fritz Jaeckel (beide IHK Nord Westfalen), Dr. Gerald Püchel (IHK Essen, Mülheim an der Ruhr, Oberhausen) und Stefan Schreiber (IHK Dortmund). Von der Krise würden zunehmend auch Unternehmen erfasst, die von den vom Lockdown direkt betroffenen Branchen abhängig sind, ergaben die Umfragen. Der IHK-Konjunkturklimaindikator, der die aktuelle wirtschaftliche Lage und die Erwartungen der Unternehmen in einem Wert zusammenfasst, ist zum Jahresbeginn gegenüber der Herbstumfrage 2020 zwar um knapp zwei Punkte gestiegen, bleibt mit 98 Punkten aber deutlich unter dem langjährigen Durchschnitt von 115.

 

 
Strukturwandel ist live zu beobachten

Konjunkturumfrage der Ruhr IHKs. Quelle: IHKs im Ruhrgebiet.

„Die Ökonomen streiten sich: Ist der Lockdown so weiter tragbar? Industrie ist noch gut ausgelastet, gerade in Europa. Die Lieferketten funktionieren. Auch am Bau sind die Tätigkeiten lebhaft. Unter dem Lockdown leiden vor allem Handel und Dienstleistungen“, erklärte Dr. Fritz Jaeckel, Hauptgeschäftsführer der IHK Nord Westfalen. „Was uns Sorgen macht, ist die fehlende Öffnungsperspektive für eine realistischen Planung: Reise, Gastronomie, personenbezogene Dienstleistungen und der Handel brauchen einen Anlauf. Da gibt es Konzepte, die haben gezeigt: Das funktioniert. Das verschafft Unternehmen ein Geschäft, um Miete und Löhne zu bezahlen. Das gibt zwar kein Einkommen, aber es hält den Laden am Laufen. Wir könnten uns angesichts sinkender Inzidenzwerte aber mehr zutrauen.“ Sonst, so warnte er, wird ein großer Teil der Unternehmen diese Phase nicht überleben: „Sie geben ihr Geschäft auf, weil sie nicht mehr die Kraft haben, an den Markt zurück zu kommen.“ Und: „Wir werden uns auf immer wiederkehrende Infektionsherde einrichten müssen, aber man ist überall in der Wirtschaft verantwortlich mit Maßnahen umgegangen.“ Lars Baumgürtel betonte: „Auch für uns Unternehmen sind gesunde Mitarbeiter wichtig!“

 

Konjunkturumfrage der Ruhr IHKs. Quelle: IHKs im Ruhrgebiet.

„Unternehmen brauchen Perspektiven. Der industrielle Kern ist ja keine Insel: Wir sitzen da als Wirtschaft mit Industrie und Dienstleistern mittel- bis langfristig alle in einem Boot. Das Wegbrachen von Handwerk und Dienstleistern hätte auch für uns Konsequenzen“, so der Gelsenkirchener Unternehmer. „Aktuell kämpfen viele Unternehmen im Ruhrgebiet unverschuldet ums Überleben“, verdeutlichte Baumgürtel, was hinter den Zahlen steckt. Eine Gruppe von Unternehmen habe Einschränkungen hinnehmen oder ganz schließen müssen, um die Bevölkerung zu schützen. „Das Lebenswerk vieler Unternehmer und ihre Altersvorsorge sind akut und sehr konkret von Vernichtung bedroht“, so Baumgürtel. Er appellierte an die Politik, die Unternehmen keinen Tag länger geschlossen zu halten, als dies für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung zwingend erforderlich ist.

 

 
Betroffen seien das Gastgewerbe und der innerstädtische Einzelhandel beispielsweise mit Textilien, Bekleidung und Schuhen. „Der Strukturwandel ist hier live zu beobachten, genau wie der Wandel der Strukturen in den Innenstädten“, kommentierte Baumgürtel insbesondere die Verlagerung zum Online-Handel. Zum Teil noch stärker betroffen seien die so genannten persönlichen Dienstleistungen wie die Reisewirtschaft, die Veranstaltungsbranche sowie Kulturschaffende und beispielsweise Fitness-Studios. Ebenso die vielen Solo-Selbstständigen, betonte Baumgürtel und forderte Respekt ihnen gegenüber: „Sie haben immer für sich selbst gesorgt und sich ihren Arbeitsplatz selbst geschaffen.“

 

 
Potenziale voran treiben

Konjunkturumfrage der Ruhr IHKs. Quelle: IHKs im Ruhrgebiet.

Vergleichsweise gut sieht es aktuell in einigen Bereichen der Industrie aus: Lieferketten stehen, mitunter lässt allerdings die Nachfrage (noch) etwas zu wünschen übrig. Fast ein Viertel der Unternehmen insgesamt berichtet von Eigenkapital-Rückgängen, knapp 17 Prozent von Liquiditätsengpässen. Die höchsten Anteile haben hier das Gastgewerbe (60 bzw. 55 Prozent) und die personenbezogenen Dienstleister (57 bzw. 41 Prozent). Auch hier liefert die Industrie die besten Zahlen: Nur etwas über neun Prozent haben Liquiditätsengpässe. Die finanziellen Verhältnisse spiegeln sich auch in der Personalplanung wider. „Flankiert durch die massive Inanspruchnahme der Kurzarbeiterregelung stehen in vielen Branchen die Zeichen mehrheitlich noch auf Halten des Fachpersonals“, fasste Baumgürtel die Antworten der Unternehmen zusammen. Zwei Drittel planen mit einem gleichbleibenden Beschäftigtenstand. Allerdings nicht im Gastgewerbe und bei den personenbezogenen Dienstleistern im Ruhrgebiet, wo nach den Ergebnissen der Umfrage der IHKs im Ruhrgebiet in den nächsten Monaten mit größerem Personalabbau zu rechnen sein wird.

 

 

Konjunkturumfrage der Ruhr IHKs. Quelle: IHKs im Ruhrgebiet.

Wachstumspotenziale sieht Baumgarten im Ruhrgebiet vor allem für die IT-Branche und in der Digitalisierung: „Wir haben eine gute Infrastruktur, hoffnungsvolle Start-ups und eine aktive Gründerszene. Wir können mit IT-Sicherheit ebenso punkten wie mit Forschung und Lehre an unseren Universitäten. Wir haben entsprechend ausgebildete Fachkräfte, brauchen aber auch – gerade auch in Coronazeiten – Konzepte und Ideen für die Ausbildung (mit und ohne Studium!), um die Fachkräfte auszubilden, die hoch spezialisierte Aufgaben übernehmen können. Natürlich setzen wir dabei auch auf die Duale Berufsausbildung, brauchen aber zusätzlich entsprechende Weiterbildung, die wir von den IHKs entwickeln und anbieten müssen.“

 

Konjunkturumfrage der Ruhr IHKs. Quelle: IHKs im Ruhrgebiet.

Auch beim Thema Wasserstoff sieht der IHK-Vizepräsident das Ruhrgebiet gut und zukunftsfähig aufgestellt: „Wir waren immer Energie-Region und Wasserstoff ist ein Zukunftsmodell. Das Ruhrgebiet ist im Wasserstoff die führende Region mit besten Ausgangsbedingungen für Wasserstoff und Wasserstoff-Technologie. Wir haben die nötige Infrastruktur, auch in der Anwendung. Wasserstoff ist nicht nur für die Großindustrie ein Thema, z. B. in der Stahlproduktion, sondern auch Mittelstand bei den Maschinen- und Anlagenbauern. Und: Wasserstoff als Beitrag zum Klimaschutz“, so Baumgürtel. „Wir sind ein attraktiver Standort für Unternehmen mit unserem Wasserstoff-Cluster, aber: wir brauchen mehr Gewerbeflächen, um solche Unternehmen ansiedeln zu können.“

 

 
Konjunkturumfrage der IHKs im Ruhrgebiet

Die Niederrheinische IHK an der Mercatorstaße. Foto: Petra Grünendahl.

Die IHKs im Ruhrgebiet haben fast 1.000 Unternehmen mit insgesamt 140.000 Beschäftigten unter anderem gefragt, wie sie ihre gegenwärtige wirtschaftliche Lage beurteilen, ob sie von Insolvenz bedroht sind und mit welcher Geschäftsentwicklung sie in den kommenden Monaten rechnen. Die Ergebnisse ähneln denen des Rheinischen Wirtschaftsberichts, den die diesmal hier federführende Niederrheinische IHK Duisburg gerade (hier …) vorgestellt hatte. Die Unternehmen im hiesigen IHK-Bezirk haben auch zum Ruhrlagebericht beigetragen.

Mehr zum 106. Konjunkturbericht der IHKs im Ruhrgebiet findet man hier: https://www.ihks-im-ruhrgebiet.de/presse/konjunkturbericht-jahresanfang-2021-5033346.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Duisburger SPD über Rats-Kooperation, Parteitag und Mitgliederbefragung

Positve Stadtentwicklung und neue Führungsverantwortung im Fokus
Von Petra Grünendahl

Sarah Philipp. Foto: Screenshot.

„Unsere Gespräche mit den Grünen gehen jetzt in die Arbeitsgruppen, um Details einer möglichen Kooperation zu auszuarbeiten“, erklärte Sarah Philipp, stellvertretende Vorsitzende der SPD Duisburg. „Ein einfaches ‚weiter so’ konnte es nach den Verlusten bei den Kommunalwahlen nicht geben, auch wenn wir weiterhin die stärkste Fraktion sind“, so die Landtagsabgeordnete weiter. Man sehe Gemeinsamkeiten, auf denen man eine Kooperation mit den Grünen aufbauen könne, aber es gebe auch Differenzen. „Wir brauchen verlässliche Mehrheiten, um wichtige Projekte voran zu bringen“, betonte Bruno Sagurna, Fraktionsvorsitzender der SPD im Rat der Stadt Duisburg. „Wir können uns nicht Punkt für Punkt neue Mehrheiten suchen und uns von Thema zu Thema hangeln.“ Auf der Agenda stünden für die SPD, so Sarah Philipp, Sicherheit – hierzu zählen soziale Sicherheit und Arbeitsplätze ebenso wie die Sicherheit auf den Straßen – und Fortschritt mit dem Fokus auf bezahlbarem Wohnen und lebenswerten Stadtteilen. Dazu nannte Bruno Sagurna als weitere große Themen die Stadtentwicklung, Haushalt und neue Gewerbe-Ansiedlungen.

 

Bruno Sagurna. Foto: Screenshot.

Im Online-Pressegespräch gaben Vertreter der SPD und ihrer Ratsfraktion in Duisburg Einblicke und Auskunft zu aktuellen Themen. Neben Sarah Philipp und Bruno Sagurna war Gisela Walsken, ebenfalls stellvertretende Vorsitzende der SPD Duisburg, für Fragen bereit. Neben den Kooperationsverhandlungen für eine Zusammenarbeit im Rat der Stadt thematisierten sie den geplanten digitalen Parteitag am 11. März und die Mitgliederbefragung zur künftigen Führung des SPD-Unterbezirks Duisburg. Ein Präsenz-Parteitag, der zur Abstimmung notwendig ist, kann, so hoffen die Verantwortlichen, eventuell im Mai mit einem entsprechenden Hygienekonzept stattfinden.

 

 
Parteitag und Wahl eines neuen Vorsitzenden

Gisela Walsken. Foto: Screenshot.

Der Parteitag am 11. März solle digital und hybrid stattfinden, erläuterte Sarah Philipp. Irgendwo – eventuell im Steinhof – müssen dann Leute zusammen kommen, die Mitglieder könnten sich dann online zuschalten. „Wir haben schon viele Anträge für die Tagesordnung vorliegen und müssen darüber in die Diskussion kommen.“ Zu den Themen zählen unter anderem die Zukunft Duisburgs als Stahl-Standort, aber auch Themen, die Corona erst in den Fokus gerückt hatte, wie zum Beispiel die Digitalisierung von Schulen.

 
Ein Einzelkandidat sowie ein Führungsduo haben bislang ihren Hut ins Rennen um den Vorsitz des SPD-Unterbezirks geworfen. „Weitere Kandidaten aus den Reihen der SPD Duisburg – egal, ob Einzelbewerber oder Team aus Frau und Mann – können sich bis zum 19. Februar bewerben“, sagte Gisela Walsken. Die Kandidaten sind der aus Homberg stammende Bundestagsabgeordnete Mahmut Özdemir und als Gespann Sarah Philipp und OB Sören Link. Eine Mitgliederbefragung läuft vom 8. bis 25. März schriftlich ab. Die Kandidaten müssen sich im Vorfeld verpflichten, das Ergebnis anzuerkennen. Der oder die Sieger der Befragung soll den Delegierten des Unterbezirksparteitages (voraussichtlich im Mai 2021) vorgeschlagen und offiziell gewählt werden. „Sollte ein Führungs-Duo aus der Befragung als Sieger hervorgehen, muss die Satzung des Unterbezirks vor der Wahl entsprechend angepasst werden“, erklärte Walsken.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Screenshots aus dem Pressegespräch

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Niederrheinische IHK: Rheinische Wirtschaft fordert Öffnungsperspektive

Nachhol-Effekte wird es eher nicht geben
Von Petra Grünendahl

Dr. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK. Foto: Michael Neuhaus / Niederrheinische IHK.

„Viele Unternehmer sind verzweifelt, weil ihnen die Lebensgrundlage entzogen wurde“, berichtete Dr. Stefan Dietzfelbinger, Hauptgeschäftsführer der Niederrheinischen IHK. Besonders getroffen hat es Gastronomie, Veranstaltungsbranche, Einzelhandel und personenbezogene Dienstleistungen: „Viele Unternehmer stehen vor den Trümmern ihrer Existenz. Da fließen bei Beratungsgesprächen mit unseren Mitarbeitern auch schon mal Tränen“, so Dietzfelbinger weiter. Die niederrheinische IHK ist sehr bemüht, den Unternehmern zumindest beim Erschließen von Fördermitteln unter die Arme zu greifen. Fördermittel seien sehr wichtig, sagte Dietzfelbinger, aber darüber hinaus bräuchten die Unternehmer Perspektiven für die Zukunft. Allerdings, so räumte er ein: „Nicht alle sind gleich betroffen. Für einige Unternehmer hat sich wenig geändert, andere profitieren sogar.“ Gut behaupten können sich die IT-Branche, Banken und Versicherungen, das Gesundheitswesen und die Baubranche.

 

Die Niederrheinische IHK an der Mercatorstaße. Foto: Petra Grünendahl.

Im Online-Pressegespräch stellte die Niederrheinische IHK den gemeinsamen Konjunkturbericht der Industrie- und Handelskammern im Rheinland vor. Zwischen Aachen und Wuppertal, Kleve und Bonn haben die sieben IHKs zum Jahresbeginn 2021 Unternehmen zur Wirtschaftslage und ihren Erwartungen befragt. Rund 3.200 Betriebe aus Industrie, Handel und Dienstleistungen hatten sich beteiligt. Der so entstandene Konjunkturklimaindex, der Lage und Erwartungen zusammenfasst, liegt bei 97 Punkten, er hält damit trotz Lockdown das niedrige Niveau aus dem Herbst (98 Punkte). Im Frühjahrs-Lockdown 2020 war er von 108 Punkten zum Jahresbeginn 2020 auf 68 Punkte abgestürzt. Der Bericht ist online abrufbar unter https://www.ihk-niederrhein.de/rheinland-barometer.

 

 
Krise hat Verlierer und Gewinner

Lockdownbremst die Erholung der Wirtschaft. Quelle: IHKs im Rheinland.

Die Schere öffnet sich zwischen Verlierern der Pandemie und Unternehmen, die sich behaupten können. Zu den Verlierern zählen neben den vom Lockdown betroffenen Unternehmen auch solche, die von Aufträgen aus diesem Branchen abhängen. Alle Branchen drückt die Sorge vor der rückläufigen Nachfrage. Dietzfelbinger: „Die Nachfrage aus dem Inland, aber auch von den Auslandsmärkten, hat deutlich nachgelassen. Die Unternehmen sind verunsichert und sie planen sehr vorsichtig bei Investitionen und Personal. Diese Zurückhaltung ist eines der größten langfristigen Risiken der Krise.“

 

Auswirkungen auf die Branchen sehr unterschiedlich. Quelle: IHKs im Rheinland.

„Wir verstehen, dass die Politik auf ein dynamisches Pandemiegeschehen auch situativ reagieren muss und auf Sicht fährt. Vielen Unternehmen fehlt aber jede Perspektive. Nach einem Jahr Corona-Pandemie und über 25 neuen Regelungen brauchen die Unternehmen mehr Klarheit“, so Dietzfelbinger. Konkret fordern die IHKs im Rheinland einen Stufenplan, der Kriterien festlegt, wann welche Geschäfte wieder öffnen dürfen. Es sei an der Zeit, einen Weg aus der Krise aufzuzeigen, so die IHKs. Zumal: Zum Öffnen bräuchten die Unternehmen einen Vorlauf. Indikatoren wie Inzidenz, Krankenhaus-Patienten oder die Zahl der Geimpften könnten da Leitschnur für eine vorsichtige Öffnung sein. „Wir werden wohl lernen müssen, mit dieser Pandemie zu leben. Dafür brauchen wir einen Plan, denn das Rheinland ist eine Grenzregion mit vielen Pendlern.“ Dazu brauche es neben Hygienekonzept und Masken auch technische Sicherheitsmaßnahmen wie Luftfilterung.

 

 
Angebot braucht wieder Nachfrage

Lockdownbremst die Erholung der Wirtschaft. Quelle: IHKs im Rheinland.

„Noch sehen wir keine Auffälligkeiten, aber wir stellen uns natürlich die Frage: Wann kommt die Insolvenz-Welle?“, bemerkte der IHK-Hauptgeschäftsführer. „Wir hoffen, dass es dazu nicht kommt. Aber was ist, wenn Fördermittel auslaufen?“ Den Unternehmern fehle die Liquidität. Fördermittel flössen zu langsam. Anträge müssten unbürokratischer werden. Nachhol-Effekte erwarte kaum ein Unternehmen – schon gar nicht in diesem Jahr. Erst 2022 erwarte man, dass die Wirtschaft wieder anlaufe, wenn man die Pandemie rechtzeitig in den Griff kriege. „Wirtschaft ist auch Psychologie“, betonte Dietzfelbinger. Mehr denn je bräuchten Unternehmer Perspektiven zur Planung: Wann kann ich mein Geschäft wieder ans Laufen kriegen? Und wann dürfen Kunden wieder zu mir kommen?

 

 
Niederrheinische IHK
Die Niederrheinische IHK vertritt das Gesamtinteresse von rund 69.000 Mitgliedsunternehmen aus Industrie, Handel und Dienstleistungen in Duisburg und den Kreisen Wesel und Kleve. Sie versteht sich als zukunftsorientierter Dienstleister und engagiert sich als Wirtschaftsförderer und Motor im Strukturwandel. Zur Gruppe der IHKs im Rheinland zählen neben Duisburg, Wesel und Kleve die Kammerbezirke Krefeld / Mittlerer Niederrhein, Düsseldorf, Wuppertal / Bergisches Land, Aachen, Köln und Bonn / Rhein-Sieg.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text)
Foto: Petra Grünendahl (1), Michael Neuhaus (1)

 

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Lesetipp: „Ende offen” von Peter Strauß

Weiter denken: Über den eigenen Tellerrand hinaus in die Zukunft
Von Petra Grünendahl

Lesetipp: „Ende offen“ von Peter Strauß. Foto: Petra Grünendahl.

Für die Zukunft sehen wir uns durch unser politisches System, Demokratie und soziale Marktwirtschaft, sowie den technischen Fortschritt gut gerüstet. Wir leben in einem System von Sicherheiten, verlassen uns auf die Steuerung durch Politik und Wirtschaft. Dabei, so Autor Peter Strauß, lassen wir Potenziale ungenutzt, uns und unser Zusammenleben in Gesellschaft und Wirtschaft wirklich weiter zu bringen. Stattdessen müssten wir mehr in unser aller Bildung, Reifung und Verantwortungsbewusstsein investieren. Auf fast 500 Seiten liefert Strauß eine Bestandsaufnahme von Problemen unserer heutigen Welt: Ungleichheit, Gewalt, Umweltverschmutzung und Ressourcenverbrauch, Egoismus und Gedankenlosigkeit. Deren Ursache sei, so der Autor, die Entwicklung des Menschen, die einerseits dem evolutionären Erbe, andererseits kultureller Prägung verhaftet ist. Peter Strauß legt die Widersprüche unserer Existenz schonungslos offen, um ein Nachdenken über unser Sein und unsere Zukunft zu provozieren. Zu sehr auf technologischen und wirtschaftlichen Fortschritt ausgerichtet, vernachlässigen wir geistigen und soziologischen Fortschritt, meint Strauß: Wir denken zu kurzfristig. Und er warnt: Veränderungen kommen nicht von alleine – wir müssen jetzt die Weichen stellen.

 
In seinem Buch „Ende offen“ hat Autor Peter Strauß seine Gedanken zum „Weg des Menschen aus der Steinzeit in die Zukunft“, so der Untertitel, zusammen getragen. Er stellt damit das evolutionäre Erbe des Menschen von seiner Entstehung bis in die heutige Gesellschaft auf den Prüfstand. Woher kommt der Mensch und was wurde und wird ihm an kultureller Prägung mitgeben? Strauß hat dazu seine Gedanken zusammengetragen und ausgearbeitet: Ganzheitlich, themen- und systemübergreifend und nicht zuletzt global mit einem Blick auf die Welt, in der wir schließlich alle leben. Er identifiziert „Fehler im System“ wie Macht, Gier und die massive Ungleichheit und erklärt, woher sie kommen und warum wir sie zum Besten unserer Gesellschaft – nicht nur regional, sondern weltweit – besser ausmerzen sollten.

 
Man muss nicht in allen Schlussforderungen mit dem Autor übereinstimmen, kann sogar durchaus anderer Meinung sein. Es ist aber durchaus herausfordernd und befriedigend, Strauß’ Gedankengänge nachzuvollziehen, um sich und seine Gedankenwelt auf den Prüfstand zu stellen. Mehr Refektion(sfähigkeit) ist gefordert für einen Weg in eine gemeinsame Zukunft, der nicht von politischen und wirtschaftlichen Interessen motiviert ist und nur Einzelnen nutzt.
Die Welt ist weder alternativlos noch die beste aller möglichen Welten, so Strauß. Die nötigen Rahmenbedingungen einer Veränderung seien leicht zu formulieren, führt der Autor aus. Allerdings seien die, die sie initiieren könnten, daran nicht unbedingt interessiert.

 

 
 
Gesellschaftliche Strukturen auf den Prüfstand stellen

Lesetipp: „Ende offen“ von Peter Strauß. Foto: Petra Grünendahl.

„Warum sollten wir uns daran stören, dass ein anderer seltsame Dinge tut, solange uns das nicht schadet?“, fragt Peter Strauß. Warum führt „anders sein“ zu Ablehnung und Ausgrenzung? – „Wir müssen uns von der Sicherheit eng gefasster Regeln entfernen.“ Toleranz fördert auch die persönliche Freiheit des Einzelnen. Unsere Stärke ist Vielfalt: Wir sind alle verschieden. Die einzige Grenze der Freiheit werde erreicht, wenn andere beeinträchtigt werden. Die Zukunft liege, so Strauß, im „Miteinander aller in Individualität und Vielfalt“, wobei sich der Individualismus „nicht mehr in der extremen Macht Einzelner (Egoismus), sondern in umfassender Freiheit aller“ ausdrücken werde. Wenn es gelänge, Gewalt und Orientierungslosigkeit weltweit zu reduzieren, Gewalt und Aggression nicht mehr von einer Generation auf die nächste weiterzugeben, könnten bewaffnete Konflikte und Kriege der Vergangenheit angehören.

 
Zu eng seien manchmal die Grenzen des eigenen Denkens, fordert der Autor den Leser heraus. Zu sehr in ihren individuellen Systemen verhaftet sei immer noch die Suche nach Lösungen. Ein optimales System müsse, so Strauß, mit der Unvollkommenheit von Menschen umgehen können. Trotz Individualisierung, Identitätsfindung und persönlicher Freiheit gehe es nicht um „Ich oder die Gemeinschaft“, sondern um das Ziel des „Ich in der Gemeinschaft“: Für einen Weg in die Zukunft, der allen nutzt. Gute Anregungen und Stoff zur Diskussion, zum Nachdenken und zur (Selbst-)Reflektion findet der Leser jedenfalls in Peter Strauß’ Ausführungen mehr als reichlich.

 

 
Das Buch und der Autor

Autor Peter Strauß. Foto: privat.

Peter Strauß, geboren 1968 in Wiesbaden, arbeitet seit zwanzig Jahren als Ingenieur in der Autoindustrie und hat dabei Einblicke in Strukturen verschiedener Unternehmen gewonnen. Als Projektleiter erlebt er täglich die Herausforderungen zwischenmenschlicher Kommunikation und Zusammenarbeit. Seine Wahlheimat Berlin fasziniert ihn mit ihrer Vielfalt an Menschen, Kulturen und alternativen Lebensmodellen. Neben seiner Arbeit beschäftigt er sich mit Psychologie und Soziologie, insbesondere mit der Kindererziehung und ihren Auswirkungen auf das gesamte Leben.
https://www.peterstrauss.berlin
https://tredition.de/autoren/peter-strauss-30583/

 
Das 488-seitige Buch ist erschienen beim Self-Publisher tredtion als gebundene Ausgabe, Taschenbuch und e-Book. Zu Preisen von 30 Euro (gebunden, ISBN 978-3-347-02028-3), 25 Euro (Taschenbuch, ISBN 978-3-347-02027-6) und 10 Euro (e-Book, ISBN 978-3-347-02029-0) ist es auch im lokalen Buchhandel zu haben.
https://tredition.de/publish-books/?books/ID128726/Ende-offen

Peter Strauß im Kurz-Interview:

Kurz-Interview zum Buch "Ende offen" von Peter Strauß from Peter Strauß on Vimeo.

 
© 2021 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl (1), privat (1)

 

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Lesetipp: „Die Ruhr und ihr Gebiet“ von der Brost-Stiftung

Jahrhunderte spannender Entwicklungen in Geschichten und Bildern
Von Petra Grünendahl

Die inszenierte Ruhrquelle bei Winterberg im Sauerland 2020. Aufnahme von Martin Schlauch. Foto: Petra Grünendahl.

Die Ruhr steht Namen gebend für das Ruhrgebiet, welches sie im Süden durchzieht: Sie verbindet auf 219 km Länge das Sauerland / Westfalen mit Duisburg und dem Rheinland. Ab Mitte des 19. Jahrhunderts bildete sich in dem ehemals ländlichen Raum ausgehend von den Steinkohlefunden an der Ruhr ein Ballungsgebiet bis zur Lippe, das von Bergbau und Hüttenindustrie geprägt wurde. Diese Region zwischen Ruhr und Lippe, Moers und Hamm meint man heute mit der Bezeichnung Ruhrgebiet (und klammert den sauerländischen Flusslauf aus): Genau genommen müsste man sie aber eher als Emschergebiet bezeichnen, denn hier im Norden hatte sich die Wandlung zur Industrieregion, die man mit dem Ruhrgebiet assoziiert, tatsächlich vollzogen. Die Region wurde zum Herzstück der Industrie im Deutschen Reich, der Bundesrepublik Deutschland und Europas. Die Schiffbarmachung der Ruhr 1776-1780 ermöglichte, den Fluss als Transportweg insbesondere für den im 19. Jahrhundert entlang der Ruhr entstehenden Bergbau zu nutzen. Die Wirtschaftsinteressen der Region standen dabei im Vordergrund.

 

Im Schuber: „Die Ruhr und ihr Gebiet“ gibt es nur im Doppelpack. Foto: Petra Grünendahl.

Viele Bücher sind schon über das Ruhrgebiet entstanden. Dass nun ein neues erschienen ist, zeigt zum einen, wie vielfältig, und zum anderen, wie sehr die Region im Wandel ist. Mit dem Werk „Die Ruhr und ihr Gebiet“ (zwei Bände im Schuber) zeigt die Brost-Stiftung (Herausgeber) in Kooperation mit der Stiftung Geschichte des Ruhrgebiets einmal mehr, dass Region immer noch nicht (und das wird sie vielleicht niemals) erschöpfend und final dargestellt wurde. Zu den vielen Facetten der Region kommt der stetige Wandel, dessen andauernde Dynamik seine einzige Konstante ist. „Das Ruhrgebiet war nie eine Insel. Das industrielle Herz Europas war vielfach verzahnt mit dem ganzen Kontinent“, so Bodo Hombach, Vorstandsvorsitzender der Brost-Stiftung Essen, als Herausgeber im Vorwort. „’Wir im Revier’“, so schreibt Hombach, der in seiner Geburtsstadt Mülheim an der Ruhr lebt, „erdet Eskapaden und Höhenflüge.“ Die Bodenständigkeit des Ruhris steht nicht im Widerspruch zur Globalisierung, ist doch die Region Erdung und Identität. Unter dem Motto „Leben am und mit dem Fluss“ bieten 24 Autoren auf über 800 Seiten vielfältigen Lesestoff, der viele Facetten der Region beleuchtet: Von wissenschaftlichen Beiträgen und Dokumentationen über Interviews bis hin zu Reportagen und Erzählungen. Zeitlich erkunden die Beiträge eine Spanne zwischen dem frühen 19. Jahrhundert und der Gegenwart. Schwerpunkt ist der untere Lauf der Ruhr (ab der Lenne-Mündung bei Hagen), der durchs Ruhrgebiet läuft. Einige Beiträge im ersten Band thematisieren jedoch auch Entwicklungen an Mittel- und Oberruhr.

 

 
Das Ruhrgebiet: die Industrieregion

Der Verlauf der Ruhr. Foto: Petra Grünendahl.

Bis zur Industrialisierung, die massiv in ihrer Hochphase ab der Mitte des 19. Jahrhunderts voran getrieben wurde, war das Ruhrgebiet und das Land entlang der Ruhr eine intensiv landwirtschaftlich genutzte Fläche. Und zumindest zu Beginn des industriellen Wandels konnten Ertragssteigerungen in der Landwirtschaft auch den Nahrungsmittelverbrauch der stetig wachsenden Bevölkerung im Ruhrrevier decken. Die Anfänge der Industrialisierung wären ohne die landwirtschaftlichen Strukturen gar nicht möglich gewesen. Der Existenzkampf um Flächennutzungen wurde (und ist bis heute) existenziell. Die Nähe von Erzeugern und Verbrauchern hat aber auch Vorteile – für beide Seiten. Interessen von Wirtschaft und Umweltschutz standen und stehen dabei nicht immer in einem Gegensatz. Und mittlerweile ist Umweltschutz zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor entlang der Ruhr avanciert. Aufstieg und Niedergang der Schwerindustrie prägten und prägen Stadtentwicklung und Konzepte neuer Flächen- und Bevölkerungs-/Wohnraumentwicklung.

 

 

Rauchende Schlote im Ruhrgebiet. Aufnahme von Werner Cramer, 1930er-Jahre in Fotoarchiv des Ruhrmuseums. Foto: Petra Grünendahl.

Als der Bergbau nach Norden in Richtung Emscher und Lippe wanderte und sich die Eisenbahn als Konkurrenz etablierte, stellte man auf der Ruhr 1890 die Transportschifffahrt ein. Aus dem früheren reinen Transportweg einer Industrieregion, der über 100 Jahre einer der am stärksten befahrenen Wasserstraßen Deutschlands war, konnte schließlich ab 2000 ein naturnahes Fluss- und Auengebiet werden, nachdem die EU eine „Wasserrahmenrichtlinie“ beschlossen hatte. Im Norden, an der Emscher, erlebte dann die Schwerindustrie ihre Blüte, als man an der Ruhr schon anfing, die unhaltbaren hygienischen Zustände aus früher Industrialisierung und Bevölkerungswachstum zu beseitigen. Der Kohlebergbau an der Ruhr endete jedoch erst 1973 mit der Stilllegung der Zeche Carl Funke am Baldeneysee. Heute erinnert dort wenig an die frühere bergbauliche und industrielle Nutzung. Der Strukturwandel und die Renaturierung des Wasserlaufs eröffnete Möglichkeiten als Natur- und Wirtschaftsraum, Wohn- und Kulturraum, für Industrie und Verkehr, Wasserwirtschaft, Sport und Freizeit. Er stellte die Region aber auch vor wirtschaftliche und soziale Herausforderungen. Der Rückbesinnung auf den Fluss als Ort der Identitäts- und Bewusstseinsbildung will sich das Buchprojekt in einen regionalen Kontext einfügen, die post-industrielle Identität zu schärfen und zu stärken. Die multiperspektivische Annäherung des Buches an die Region im Wandel macht ihre vielfältigen Facetten gleichwertig erlebbar.

 

 
Das Buchprojekt

Im Schuber: „Die Ruhr und ihr Gebiet“ gibt es nur im Doppelpack. Foto: Petra Grünendahl.

Im ersten Band liegen die inhaltlichen Schwerpunkte auf den Gebieten Natur, Naturwirtschaft, Wohnraum und Kultur mehr auf dem gesamten Lauf der Ruhr zwischen Quelle bei Winterberg im Sauerland und Mündung in den Rhein in Duisburg. Der zweite Band beschäftigt sich mit Industrie, Verkehr, Wasserwirtschaft, Sport und Freizeit mehr mit der Beziehung des Flusses zum Ruhrgebiet. Facettenreich tauchen sie ein in Geschichten und Geschichte und fördern überraschende neue und mitunter auch kritische Aspekte zu Tage, die man auch dann nicht unbedingt kennt, wenn man sich viel mit dem Ruhrgebiet beschäftigt.

Das vielfältig gestaltete und spannend gemachte Buchprojekt hat sowohl für Einsteiger als auch für profunde Kenner des Ruhrgebiets viel zu bieten. Es ist sehr textlastig angelegt, mit vielen Informationen, Erzählungen und Geschichten, aber auch ganz hervorragend ergänzt mit Fotografien und historischen Ansichten, aussagekräftigen Karten, Illustrationen und Tabellen.

Das Werk „Die Ruhr und ihr Gebiet“ (Untertitel: Leben am und mit dem Fluss) ist nur komplett mit zwei Bänden im Schuber erhältlich. Die Bände im Format 21 x 27 cm sind gebunden mit 420 bzw. 408 Seiten. Erhältlich ist das im Aschendorff Verlag, Münster, erschienene Werk im lokalen Buchhandel (ISBN 978-3-402-24640-5) für 39,90 Euro.

 
Blicke ins Buch. Fotos von Petra Grünendahl

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© 2021 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Wir wünschen unseren Lesern einen guten Start in das Jahr 2021!

Foto: Petra Grünendahl.

2020 pet

 

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Wir wünschen unseren Lesern frohe, gesegnete Weihnachten und einen guten Rutsch ins neue Jahr!

Foto: Petra Grünendahl.

2020 pet

 

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Deutsche Oper am Rhein: „Der Kaiser von Atlantis“ auch online ein besonderes Erlebnis

Gegen Willkür und Terror dem Schicksal ins Gesicht gelacht
Von Petra Grünendahl

Von links: Anke Krabbe (Mädchen), Kimberley Boettger-Soller (Trommler), David Fischer (Harlekin), Thorsten Grümbel (Lautsprecher), Luke Stoker (Tod), Sergej Khomov (Soldat). Foto: Hans Jörg Michel.

Overall der Einzige, Kaiser von Atlantis (Emmett O’Hanlon), erklärt Krieg von Allen gegen Alle. Sein alter Verbündeter, der Tod (Luke Stoker), sieht sich seiner Würde beraubt und verweigert den Dienst. Eng verbunden war der Tod mit dem Harlekin (David Fischer), den niemand mehr haben will. Niemand lacht mehr über ihn, weil er die Lust am Leben verloren hat. Seitdem der Tod aber niemanden mehr sterben lässt, ist die Verbindung getrennt.

David Fischer (Harlekin). Foto: Hans Jörg Michel.

Und auch Harlekin ist nur noch mehr ein Schatten seiner selbst. Zunächst versucht Overall noch, die „Unsterblichkeit“ seiner Kämpfer zu seinem Vorteil zu nutzen. Allerdings wünschen sich diese, der Soldat (Sergej Khomov) und das Mädchen (Anke Krabbe), den Tod bald als Erlösung herbei. Während der Lautsprecher (Thorsten Grümbel) die nicht sterben wollenden Kämpfer preist, versucht der Trommler (Kimberley Boettger-Soller), diese Elenden bei der Stange zu halten. Jedoch fordern die Leidenden angeführt vom Harlekin, der das Lachen wieder gefunden hat, vom Kaiser, dass man sie sterben lasse. Schließlich schreitet der Tod ein, der sich wünscht, nicht nur Zweck an sich und Mittel des Terrors zu sein, sondern die Menschen erlösen zu können.

 

Luke Stoker (Tod), hinten Thorsten Grümbel (Lautsprecher). Foto: Hans Jörg Michel.

Natürlich ist „Der Kaiser von Atlantis“ als Stream ebenso wenig ein Ersatz für den realen Opernbesuch wie eine Fernsehsendung, aber angesichts des andauernden Corona-Lockdowns für Kultur- und Freizeiteinrichtungen eine Möglichkeit, die Deutsche Oper am Rhein zumindest aus der Konserve zu genießen. Allerdings hat es schon seinen Reiz, dass die Kameraführung Teil der Handlung wird und gezielt Akteure in den Bildmittelpunkt setzt.

Vorne Anke Krabbe (Mädchen), hinten Kimberley Boettger-Soller (Trommler). Foto: Hans Jörg Michel.

Zumal die fantastischen Akteure in ihren Rollen gesanglich wie schauspielerisch glänzen. Die Komposition von Vektor Ullmann zu einem Libretto von Peter Kein kommt mit kleiner Besetzung aus. Die Aufzeichnung der Inszenierung von Ilaria Lanzino stammt vom 10. Oktober vor Corona-Publikum aus dem Opernhaus Düsseldorf, so dass hier für die musikalische Begleitung die Düsseldorfer Symphoniker unter der Leitung von Axel Kober zum Einsatz kamen. Für Bühnenbild und Kostüme zeichnet Emine Güner verantwortlich, das Lichtdesign stammt von Thomas Diek. Gesungen wird in deutscher Sprache, Untertitel erleichtern das Verständnis der Handlung.

 

Links Emmett O’Hanlon (Overall), rechts David Fischer (Harlekin). Foto: Hans Jörg Michel.

In knapp einer Stunde erzählt eine Art Oper in vier Bildern die Geschichte vom „Leben, das nicht mehr lachen, und vom Sterben, das nicht mehr weinen kann, in einer Welt, die verlernt hat, am Leben sich zu freuen und des Todes zu sterben“, so der Lautsprecher. Es kommt zu Aufständen lebender Toter gegen die erzwungene Unsterblichkeit. Das Sterben verliert seinen Schrecken, wird von den Leidenden ersehnt. Der Tod bietet an, seinen Streik zu beenden, wenn der Kaiser das Opfer bringt, zuerst zu sterben. Das endet Willkür und Terror des totalitären Herrschers. Ein zutiefst menschliches Stück, was zum Nachdenken anregt. Die Figuren sind stark überzeichnet und wirken in ihrem erzwungenen Schicksal fast komisch. Die Sänger bringen ihre Charaktere ausdruckstark zum Leben. Und weil schlussendlich der Tod seinen Schrecken verliert, kann auch das Leben (und der Harlekin) wieder lachen.

 

 
Oper aus dem KZ

Der Tod fordert ein Opfer: vorne Emmett O’Hanlon (Overall), hinten Luke Stoker (Tod). Foto: Hans Jörg Michel.

Viktor Ullmann komponierte seine Opernparabel „Der Kaiser von Atlantis“ in den Entbehrungen und Schrecken des Konzentrationslagers Theresienstadt zu einem Libretto von Peter Kien. Das Werk, das von den Lagerbedingungen vom Sujet bis zur Instrumentierung bestimmt wurde, stellt allegorisch Leben (Harlekin) und Tod gegenüber. Es war der Versuch und Wille seiner Schöpfer, im KZ in Kunst umzusetzen, was ihnen im Leben verwehrt war: Der Ausdruck des Widerstandes gegen ein menschenfeindliches Regime. Obwohl die Proben in vollem Gange waren, wurde das Projekt aus unbekannten Gründen vor der geplanten Premiere abgebrochen. Am 16. Oktober 1944 wurden Viktor Ullmann und Peter Kien im Rahmen der so genannten „Künstlertransporte‟ nach Auschwitz deportiert und dort ermordet. Auch die meisten ihrer Mitstreiter überlebten nicht.

 

 
Die Aufführung ist verfügbar bis 30. April 2021
Der Stream startet über den Pfeil im Header-Bild.
https://operavision.eu/de/bibliothek/auffuehrungen/opern/der-kaiser-von-atlantis-deutsche-opera-am-rhein

 
Der Stream der Oper ist kostenfrei zugänglich. Eine Einführung gibt es als Audio-Opernführer unter https://www.operamrhein.de/de_DE/opernfuehrer-audio der auf Operavision im Slider rechts.

Weitere Informationen zur Oper gibt es hier:
https://operamrhein.de/de_DE/repertoire/der-kaiser-von-atlantis.1225803

 

 
Das digitale Angebot der Deutschen Oper am Rhein
Auf ihrer Webseite operamrhein.de und ihren Social Media Kanälen (u. a. YouTube) bietet die Deutsche Oper am Rhein ein umfangreiches digitales Angebot an, das nahezu täglich aktualisiert und erweitert wird. Mit unterschiedlichen Formaten und einem kostenlosen „Stream on demand“ der Oper „Der Kaiser von Atlantis“ ermöglicht es viel­fältige Einblicke in die Probenarbeit während des Lockdowns. Unter anderem besteht das digitale Angebot aus:

  • „Making of: Tristan & Isolde“: Eine vierteile Filmreihe mit Impressionen der musikalischen und szenischen Probenarbeit und zahlreichen Interviews zu der Produktion, die ab 3. Dezember 2020 Premiere an der Deutschen Oper am Rhein feiern sollte.
  • „A First Date“: Die amerikanischen Filmemacherin Daisy Long stellt die Tänzerinnen und Tänzer des Ballett am Rhein in einer dreiteiligen Dokumentation vor.
  • „Opernführer Audio“: Werkeinführungen mit Hintergrundinformationen zu Musik und Inhalt ausgewählter Stücke des Spielplans sind, gesprochen von der Dramaturgie, als Audio-Files abrufbar.
  • „Romeo & Julia“: Die Premiere zu Boris Blachers Oper war für November geplant. Auf ihrer Webseite gibt die Deutsche Oper am Rhein digitale Einblicke in die Proben, zusätzlich stehen Auszüge aus dem (noch unveröffentlichten) Programmheft bereit.
  • Auch ans junge Publikum ist gedacht: Der digitale Adventskalender der Jungen Oper am Rhein bietet täglich neue kreative Überraschungen für alle Altersgruppen.

Mehr Informationen gibt es hier.

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Hans Jörg Michel

 

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Büchertipp: Mit „Management beyond Ego“ zum Erfolg

Eine bessere Version von uns selbst werden
Von Petra Grünendahl

Matthias Kolbusa. Foto: M. Kuhn.

Ein Ego hat jeder. Aber in welcher Ausprägung dieses ins positive oder negative neigt, macht den Charakter des Menschen aus. Der Narzisst ist das Extrem-Beispiel des negativen Egos: Macht, Geltung und sein eigenes Wohlbefinden stehen bei ihm an erster, zweiter und dritter Stelle – und danach kommt lange gar nicht. Er ist der Beste und will andere beherrschen. Die Ideen anderer taugen sowieso nichts, so die Devise. Dominanzgebaren, Misstrauen und Kontrollzwang sind Ego-Fallen, die eine erfolgreiche Entwicklung verhindern. Ein Ego hat jeder, aber nicht unbedingt in dieser negativen Ausprägung: Ein reifes Ego ist in der Lage, über das Ich hinaus zu denken, Werte zu leben, andere Menschen und ihre Ideen wahrzunehmen, ihre Kritik zur Weiterentwicklung eigener Ideen zu nutzen. Es ist souverän und begreift Wandel nicht als Angriff auf die eigene Person. Es reflektiert und ist weniger anfällig für die negativen By-Ego-Facetten, die Motivation, Kreativität, Leistungsbereitschaft und Erfolg eher behindern als fördern. Das „stille Ich“, so der Autor Matthias Kolbusa, lebe dabei gesünder und gelassener.

 

Matthias Kolbusa: „Management beyond Ego“ ist beim Ariston Verlag erschienen. Foto: Petra Grünendahl.

Auch wenn sich Matthias Kolbusa mit seinem Buch explizit an Führungspersönlichkeiten in der Arbeitwelt richtet, die – so der Untertitel – Teams zu außergewöhnlichen Erfolgen führen wollen: Die Grundlagen des „Management beyond Ego“ helfen in allen Bereichen zwischenmenschlicher Kommunikation und Zusammenarbeit, bessere Ergebnisse zu erzielen. Das gilt bei Familie und Hobby ebenso wie in Mannschaft oder Verein. Denn die Leistung des Einzelnen ist umso wertvoller, je mehr sie andere Menschen weiter bringt. Dazu zählt für Menschen in führenden Positionen auch, Leistungen und Ideen anderer zuzulassen. Die eigenen Ideen hinterfragen zu lassen. Wichtig ist die (Selbst-)Reflektion, die zur eigenen Weiterentwicklung führt, auch wenn – wie der Autor von sich selber hin und wieder einräumt – dies nur über die Erkenntnis der eigenen Unzulänglichkeit und das Überwinden alt hergebrachter Handlungsmuster funktioniert. In drei Abschnitten führt Kolbusa von der (Problem-)Analyse des Egos als Kraft über die Darlegung der Philosophie des „Management beyond Ego“ zur Praxis, das neue Denken „gewinnbringend“ einzusetzen. Ein Fazit nach jedem Kapitel bringt noch einmal die wichtigsten angesprochenen Umstände auf den Punkt.

 

 
Gestalten oder Dominieren?
Das Verständnis von Führung

Der Weg zu einem reifen, positiven Ego führt über Reflektion und Selbsterkenntnis, die nicht immer bequem ist. Wir müssen vielleicht etwas abgeben, um schlussendlich „mehr“ zu bekommen und als Persönlichkeit zu wachsen. Dass er sich mit der Selbsterkenntnis schon mal schwer tue, räumt auch der Autor an Beispielen ein, die dem Leser ein klares Bild vermitteln. Denn es gilt, hin und wieder auch die unvermeidlichen Ego-Fallen zu überwinden: „Wer nicht zur Arbeit an sich selbst bereit ist, taugt nicht zur Führungskraft!“, bilanziert der Autor.

Wie Ego und Selbstliebe sind Gier und vielleicht auch ein bisschen Größenwahn in Maßen genossen eher positiv zu bewerten, weil sie Ansporn sind, etwas zu erreichen. An Beispielen führt Kolbusa aber auch an, wo ein „zu viel“ immensen Schaden anrichtet, unter dem viele zu leiden haben. Immer wieder mahnt der Autor, wo die Grenzen vom Positiven ins Negative Folgen für den Einzelnen, sein Unternehmen oder die Gesellschaft haben. Das rechte Maß ist wichtig, um weniger verführbar zu sein durch Status, Einkommen oder Position und Einfluss. Ehrliche Selbsterkenntnis ist der Weg, dieses rechte Maß zu finden, an dessen Ende das „Management beyond Ego“ großartige Leistungen und den Erfolg verheißt.

„Wir sind alle verführbar und fallen von Zeit zu Zeit wieder auf die alten Fallen herein“, erklärt Kolbusa. „Alles, was nur dem Eigennutz dient und nicht dem großen Ganzen, ist zum Schaden für das Team und damit automatisch für das Unternehmen.“ Er rät, Fachkompetenz und Nutzerorientierung zu fördern statt Durchsetzungsstärke. Vielfach heißt das: Sind Ehrgeiz, Durchsetzungswille, Mut zur Kritik und Wettbewerbsorientierung in einem bescheidenen Maß vorhanden, sind sie konstruktiv. „Wenn wir die negativen Ausprägungen dieser Phänomene überwinden wollen, geht das nur mit den Menschen und nicht gegen sie.“ Nicht jeder für sich, sondern im Dienst des Teams alle nach vorne bringen, müsse das Credo sein: Veränderung beginne bei jedem selbst. „Management beyond Ego ist nichts für Weicheier“, so der Autor. Es ist ein lebenslanges Ringen mit dem eigenen Ego-Trieb, der zum Erfolg eines Unternehmens oder einer Gemeinschaft überwunden werden muss.

 

 
Der Autor und das Buch

Matthias Kolbusa. Foto: M. Kuhn.

Matthias Kolbusa ist Strategie- und Veränderungsexperte, Redner, Denker und Unternehmer. Sein erstes Unternehmen hat er im Alter von 14 Jahren begründet. Karriere machte er in internationalen Beratungsfirmen. Weitere Unternehmensgründungen folgten: Manche florierten, manche scheiterten. Aus seinem Scheitern lernte Kolbusa, um daraus wieder Erfolge zu machen. Er ist Mitglied der Deutschen Gesellschaft des Club of Rome und berät u. a. das Top-Management zahlreicher DAX-30-Unternehmen.

Das Buch „Management beyond Ego“ ist im Ariston Verlag, München, erschienen. Das 352-seitige Werk im Hardcover-Format ist für 22 Euro im lokalen Buchhandel erhältlich (ISBN 978-3-424-20228-1).
https://kolbusa.de/management-beyond-ego/

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl (1), M. Kuhn (2)

 

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Letzte Duisburger Ratssitzung des Jahres: Pläne zur Belebung der Innenstadt

Weitere Fördermittel für Innenstadt und die Bezirke
Von Petra Grünendahl

Wegen Corona tagt der Rat der Stadt in der Mercatorhalle. Foto: Petra Grünendahl.

Mehrheitlich beschloss der Rat der Stadt Duisburg die Aussetzung der Parkgebühren in der Innenstadt bis zum Jahresende. Die Grünen enthielten sich: „Viel Wunschdenken!“ Anträge kleinerer Fraktionen, diese bis zum 31. Januar oder gar 31. März auszusetzen, lehnte Oberbürgermeister Sören Link ab: „Diese Vorlage ist mit der Bezirksregierung abgesprochen und gegenfinanziert.“ Als Haushaltssicherungskommune dürfe Duisburg nach wie vor keine großen Sprünge machen. Lediglich als Mitteilungsvorlage erhielt der Rat die Verlängerung des Verzichts auf Sondernutzungsgebühren für Außengastronomie bis zum 30. Juni 2021, der der Corona-geschädigten Gastronomie nach Ende des aktuellen Lockdowns weiterhelfen soll. Einen bis Ende 2020 gültigen Ratsbeschluss hatte es dazu im Juni gegeben. Eine große Diskussion entbrannte um einen Antrag der Fraktion Junges Duisburg zu Maßnahmen der Innenstadtbelebung. Schon im Vorfeld der Sitzung war jedoch abgeklärt worden, den Antrag zurückzuziehen und in den neuen Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Tourismus zur Beratung weiter zu reichen. Grundsätzlich besteht nämlich große Einigkeit und der Wille, für die Innenstadt positive Impulse zu setzen.

 

Wegen Corona tagt der Rat der Stadt in der Mercatorhalle. Foto: Petra Grünendahl.

In der letzten Sitzung des Jahres hatte der Rat der Stadt Duisburg eine überschaubare Anzahl von Entscheidungen zu treffen: 51 Tagesordnungspunkte waren es im öffentlichen Teil. Und auch der nicht-öffentliche Teil direkt im Anschluss hielt sich zeitlich in Grenzen. Wenig gab Anlass zu großen Diskussionen, so dass die Ratsleute nach nicht einmal drei Stunden den Großen Saal (Philharmonie) der Mercatorhalle verlassen konnten. Der vierstreifige Ausbau der Rheinquerung im Zuge B288 sowie die Neuordnung der Dezernate mit anschließender Stellenausschreibung für einen neuen Beigeordneten wurde als 1. Lesung wegen weiteren Beratungsbedarfs zur Entscheidung ins neue Jahr verschoben. Schnell abgearbeitet waren Änderungen u. a. von Entgeltordnung und Gebührensatzungen der Wirtschaftsbetriebe Duisburg (u. a. Müllabfuhr, Abwasser und Straßenreinigung). Weitere Beschlussvorlagen umfassten überwiegend Gremien(um)besetzungen. Dazu kamen eine Reihe von Anträgen aus den Fraktionen sowie Anfragen an die Verwaltung, die überwiegend im Nachgang schriftlich beantwortet werden.

 

 
Machtspiele?

Wegen Corona tagt der Rat der Stadt in der Mercatorhalle. Foto: Petra Grünendahl.

Bemerkenswert waren die Abstimmungen für die sachkundigen Bürger in den verschiedenen Ratsausschüssen: Die AfD hatte keine Kandidaten ins Rennen geschickt, obwohl sie mit der Stärke ihrer Fraktion durchaus Sitze hätte gewinnen können. Stattdessen verteilte man die anwesenden neun Stimmen auf CDU und Tierwohl/DAL auf, mit der Folge, dass die Kandidaten letzterer Fraktion gewählte wurden, während die drittstärkste Kraft im Rat, die Grünen, nur jeweils einen ihrer Kandidaten durchkriegten. Ähnliche Unterstützungsabsprachen soll es, hatte man aus Insider-Kreisen im Rat vernommen, mutmaßlich auch für die (geheimen) Wahlen zu den Ausschuss- und Gremienbesetzungen der letzten Ratssitzung gegeben haben. Die AfD hatte dort mehrfach mehr Stimmen bekommen, als ihre Fraktionsstärke zuließ.

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Mafia-Morde von Duisburg: „Sie packen aus – Frauen im Kampf gegen die Mafia“

Von der „Pflicht, gegen diesen Wahnsinn zu kämpfen“
Von Petra Grünendahl

Ein Artikel in der WAZ erinnerte im vergangenen Jahr an die Mafia-Morde. Screenshot: WAZ.

August 2007 in der Nähe des Duisburger Hauptbahnhofs: Die Leichen der unbewaffneten Männer sind von Dutzenden Kugeln durchsiebt. Eine regelrechte Hinrichtung: Von den Tätern fehlt jede Spur. „Ein sechsfacher Mord vor einem italienischen Restaurant? Das ist mehr als nur ein normales Gewaltverbrechen“, war sich eine in Deutschland lebende Italienerin sofort sicher. Ein solches Massaker – verübt im Ausland – hatte es zuvor noch nie gegeben: „Wir mussten uns mit der schrecklichen Erkenntnis auseinander setzen, dass hier im Herzen Europas das organisierte Verbrechen fest verankert ist“, so die Frau, die den Kampf gegen die Mafia bis in den italienischen Senat in Rom trug. „Nicht nur die legale Wirtschaft profitiert von der Globalisierung, auch die Mafien nutzen die internationalen Märkte für sich“, stellt eine Staatsanwältin fest. Eine Bürgermeisterin ist in ihrem Ort zur unerwünschten Person geworden, weil sie die Mafia bekämpft. Beliebt in ihrem Umfeld macht sich keine der Frauen in ihrem Kampf gegen die Mafia. Weil sie versuchen den Teufelskreis aus Gewalt und Omertà, dem Gesetz des Wegschauens und Schweigens, zu durchbrechen. „Die Mafia ist präsenter denn je. Sie hat in alle Gesellschaftsschichten Einzug gehalten“, bilanziert eine Fotografin.

 

Titelbild: Molden Verlag.

Die Autorin Mathilde Schwabeneder hat sie für ihr Buch „Sie packen aus“ interviewt: Zehn Frauen unterschiedlichster Herkunft schildern ihren Kampf gegen die Mafia. Vielfältig sind ihre Lebensgeschichten. Auch für Außenstehenden spannend sind ihre mitunter tiefen Einblicke in das organisierte Verbrechen und die Strukturen der Mafia, die schon lange nicht mehr nur auf Italien beschränkt ist. Vor einigen Jahren trugen Familien der `Ndrangheta ihre Fehde in Duisburg aus: Vor dem Da Bruno im Silberpalais in Neudorf richteten Killer eines Clans Mitglieder einer verfeindeten Familie hin. Mafia, Cosa Nostra (Sizilien), `Ndrangheta (Kalabrien) oder Camorra (Neapel) sind alles Namen für das Phänomen krimineller italienischer Familienclans, die heute in vielfältigen „geschäftlichen“ Verbindungen zu ähnlichen Gruppierungen in aller Welt stehen. Schutzgeldzahlungen, Drogen- und Waffenhandel, Geldwäsche und Glücksspiel, Wirtschaftskriminalität sowie Menschenhandel und Prostitution: Überall haben mafiöse Strukturen ihre Finger drin.

 

 
Ein gefährliches Pflaster

Fahndungsplakat der Polizei NRW.

Der Kampf gegen diese organisierte Kriminalität wird aber nirgends so intensiv geführt wie in Italien. Waren früher die beherrschenden Figuren des Anti-Mafia-Kampfes Männer wie die 1992 ermordeten Richter Giovanni Falcone und Paolo Borsellino, so haben seit einigen Jahren auch Frauen an vorderster Front den Kampf aufgenommen: Juristinnen, Politikerinnen, Journalistinnen und andere, die teilweise zunächst eingebunden in die Mafia-Familien irgendwann ausbrechen und die Fronten wechseln. Sie alle tun dies unter großer Gefahr für ihr Leben, zählen die Mafia-Organisationen doch zu den gefährlichsten der Welt.

Die Zeitzeuginnen, deren Geschichten die Autorin Schwabeneder aufgezeichnet hat, sind alle Italienerinnen, was aber ihre Geschichten auch für Deutsche (und Duisburger) nicht weniger spannend macht: Sie beleuchten das Geschehen weltweit und auch, was in Duisburg vorgefallen ist. Die Frauen selber sehen sich nicht als Heldinnen. Mathilde Schwabeneder schreibt zurückhaltend, ohne Effekthascherei, was den Lebenswegen der Frauen und ihren Persönlichkeiten sehr angemessen ist. Denn für sie alle steht ihr Kampf gegen die Mafia im Vordergrund, nicht ihre Person!

 

 
Die Mafia als Teufelskreis

Schwerpunkte der organisierten Kriminalität in Italien. Grafik: Daygum / Wikipedia.

Ihren Ursprung hat die Mafia in Süditalien, einem Landstrich, der vom Wohlstand einer Industrienation bis heute abgeschnitten ist. Gründe für die Rückständigkeit des Südens sind neben der Randlage in Europa die verbreitete Armut, unzureichende Bildungsmöglichkeiten, eine agrarisch geprägte Wirtschaft und die organisierte Kriminalität. Wer nicht flieht aus dieser Aussichtslosigkeit, sucht sein Heil in den Verheißungen der Mafia-Clans auf schnelles Geld. Man müsse den Kindern vermitteln, dass es eine andere Welt sowie Auswege aus dem Elend gibt, so eine Polizei-Juristin. Der Mafia kommen die unzureichenden Angebote von Bildung und Ausbildung sehr zu gute. „Da habe ich verstanden“, so eine Anwältin, „warum der Mafia die Schule nicht gefällt: Weil man mit der Schule eine andere Kultur schaffen kann.“

Ein Teufelskreis: Denn damit, sich der Mafia anzudienen, geraten Menschen in Abhängigkeiten für sich und ihre Familien, denen nur schwer zu entkommen ist. Das schildern auch die Zeitzeuginnen ganz eindringlich. Dieses Buch legt Zeugnisse ab, die zuweilen erschüttern: Von Frauen, die mit ihrem Handeln einen Unterschied machen!

 

 
Die Autorin und das Buch

Die Autorin Mathilde Schwabeneder-Hain. Foto: Harald Eisenberger.

Mathilde Schwabeneder-Hain ist eine österreichische Journalistin. Das fällt im Buch besonders auf, wo sie Begriffe aus dem österreichischen Deutschen verwendet: Matura (Abitur) oder Jus (für das Studienfach Jura), was aber den Leser nicht stören sollte. Mit ihrem Bestseller „Patinnen“ (2014) beschäftigte sie sich erstmals mit Frauen in der Mafia. Von dort war es dann nur noch ein kleiner Schritt, auch die Frauen im Kampf gegen die Mafia packenden Reportagen darzustellen. Das 190-seitige Hardcover-Buch ist erscheinen im österreichischen Molden Verlag, der zur Verlagsgruppe Styria gehört. Für 23,00 Euro ist es im lokalen Buchhandel erhältlich (ISBN 978-3-222-15056-2). E-Book-Versionen gibt es für 18,99 Euro (für Kindle und als Epub).

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Harald Eisenberger (Autorin), WAZ (Artikel-Screenshot), Polizei NRW (Fahndungsplakat), Karte (Daygum / Wikipedia), Molden Verlag (Titelbild)

 

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Lehrreiche Lektüre auch für Kenner: „Duisburg für Klugscheißer“

Fundiertes Wissen in kurzweiligen Häppchen
Von Petra Grünendahl

Theater Duisburg. Foto: Petra Grünendahl.

Duisburg ist … alt (älter als man denkt!): Eine Stadt mit Geschichte, die man an vielen Stellen findet, aber auch eine Stadt des Wandels. Wahrzeichen sind verloren gegangen, Landmarken als Identifikationsmerkmale neu entstanden. Immer noch eine Montan-Stadt, deren erste Industrie nicht der Stahl war: Aber Duisburg ist auch grün und zuweilen sogar ländlich. Die Malocherstadt mit Zechen- und Arbeitersiedlungen zieren darüber hinaus auch zahlreiche Villen. Die religiöse Vielfalt spiegelt sich in unterschiedlichsten Sakralbauten aller Art. Duisburg ist eine Stadt des Sports ebenso wie der Kunst oder des Karnevals – und natürlich eine Universitätsstadt (und das nicht erst sei Gründung der „Gesamthochschule“ 1972). Alle diese Details sind gut verpackt in Geschichte und Geschichten der Stadt und ihrer Bürger. Das Buch bietet viele Aha-Erlebnisse und korrigiert einige weit verbreitete Irrtümer, die Duisburg manchmal in wenig positivem Licht dastehen lassen. Klugscheißer dürfen schließlich – und sollten (!) – stolz sein auf ihre Stadt. Und ganz stilecht muss der Leser am Schluss im Klugscheißer-Quiz beweisen, dass er gut aufgepasst hat. Alles andere wäre ja noch schöner 😉

 

Hochofenkulisse im Landschaftspark Duisburg-Nord. Foto: Petra Grünendahl.

Mit ihrem Buch „Duisburg für Klugscheißer“ haben sich die Autoren Tina Halberschmidt und Martin Wedau mit – so der Untertitel – populären Irrtümern und anderen Wahrheiten beschäftigt. Herausgekommen ist eine amüsante Lektüre für Duisburger und alle, die die Stadt kennen und lieben. In kleinen Episoden erzählt das Buch über Duisburg. Die Autoren haben viele spannende Geschichten und Fakten zusammen getragen, die auch ein kundiger Duisburger kaum alle kennen kann: Schließlich hat auch das Autoren-Team selber bei seinen Recherchen viel Neues entdecken können. Dafür wird dann aber auch der Kundige fündig, was die Autoren schlichtweg nicht auf dem Schirm hatten: Es fehlen Dinge, die in einige der aufgeführten Beschreibungen locker reingehört hätten. Aber man kann ja schließlich nicht alles wissen: Dazu ist die Stadt viel zu vielfältig und hat für Entdecker immer wieder Überraschungen parat. Und das darf der geneigte Leser gerne als Aufforderung verstehen, sich der Herausforderung zu stellen und mit dem Buch sein eigenes Wissen über Duisburg auf den Prüfstand zu stellen.

 
Die Autoren und das Buch

Titelbild: Klartext Verlag.

Die Autoren Tina Halberschmidt und Martin Wedau stammen aus Duisburg: Die Stadt ist für beide mehr als nur ein Wohnort – nämlich eine Herzenssache. Beide sind natürlich, wie es sich für Duisburger gehört, MSV-Fans. Martin Wedau beschäftigt sich mit Sachbüchern und als „Kees Jaratz“ im Zebrastreifenblog mit seiner Heimatstadt und dem Ruhrgebiet. Tina Halberschmidt ist als Redakteurin bei einer Verlagsgruppe in Düsseldorf tätig.

Das 104-seitige Buch „Duisburg für Klugscheißer“ von Tina Halberschmidt und Martin Wedau ist im Essener Klartext Verlag erschienen. Das reich bebilderte Taschenbuch ist für 14,95 Euro im lokalen Buchhandel erhältlich (ISBN 978-3-8375-2237-2).

Der Klartext Verlag wurde 1983 gegründet, seit 2007 ist er Teil der Funke Mediengruppe. Seine Heimat liegt im Ruhrgebiet, wo auch der überwiegende Teil seiner Publikationen angesiedelt ist: Freizeitführer, Sachbücher, Kalender und Bildbände. Mit der „Von oben“-Reihe kann man Städte nicht nur im Ruhrgebiet, sondern in ganz Deutschland aus der Vogelperspektive bewundern. Und mit der Klugscheißer-Reihe lernt der Leser Neues zu verschiedenen Orten, Themen und Fußballvereinen – unterhaltsam und fundiert, denn, so der Verlag: „wir machen Bücher mit Qualität und gerne auch mal einem Augenzwinkern.“
www.klartext-verlag.de

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text)
Titelbild: Klartext Verlag, Fotos: Petra Grünendahl

 

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Ruhr Real vermittelt Büro- und Gewerbeimmobilien in Duisburg

Standortqualitäten ziehen Mieter und Käufer in die Region
Von Petra Grünendahl

Daniel Hartmann, Geschäftsführer der Ruhr Real GmbH, im Duisburger Innenhafen. Foto: Petra Grünendahl.

„Die Nachfrage nach Büro- und Gewerbeimmobilien ist im Ruhrgebiet insgesamt, aber vor allem auch in Duisburg sehr hoch“, erklärte Daniel Hartmann, Geschäftsführer der Ruhr Real GmbH. Besonders stark sei in Duisburg die Nachfrage in der Innenstadt inklusive entlang der Mülheimer Straße in Duissern und Neudorf: „Da spüren wir eine enorme Nachfrage, weil das Thema ÖPNV sehr wichtig ist“, so der Fachmann für Gewerbeimmobilien. „Was immer noch stark nachgefragt wird, ist der Innenhafen. Hier ist viel entstanden. Was aber nicht mitgehalten hat, sind Parkflächen. Und auch die Anbindung an öffentliche Verkehrsmittel ist nicht optimal“, sagte Hartmann. „Aber es hat schon was, wenn man hier in den moderneren Gebäuden sitzt und die Aussicht auf die schönen alten Speichergebäude genießen kann. Und auf der anderen Seite wurden in den alten Speichern moderne Büroflächen eingerichtet: Auch das hat was!“

 

Entwicklungspotenzial gibt es nicht nur im Duisburger Innenhafen. Foto: Ruhr Real GmbH.

Auf das Ruhrgebiet haben sich Hartmann und sein Geschäftspartner Christian Hansmann fokussiert, als sie 2018 die Ruhr Real GmbH gegründet haben. Beide wagten aus erfolgreichen Angestelltenverhältnissen heraus den Weg in die Selbstständigkeit. Hartmann ist gelernter Kaufmann für die Grundstücks- und Immobilienwirtschaft (IHK) und Immobilienfachwirt (IHK). Hansmann hat eine Ausbildung zum Immobilienkaufmann (IHK) absolviert und sich weiter qualifiziert zum Immobilienökonom. Kennen gelernt hatten sie sich 2010, als sie für einige Jahre gemeinsam für Brockhoff & Partner tätig waren. Danach waren sie bei unterschiedlichen Immobilien-Dienstleistern in verantwortlichen und leitenden Positionen tätig und sammelten deutschland- wie weltweit Erfahrungen. Weil sie den Gewerbeimmobilienmarkt Ruhrgebiet als interessantes Betätigungsfeld ausmachen, kamen sie für ein gemeinsames Unternehmen wieder zusammen. Mit der Ruhr Real beraten und vermitteln sie sowohl für Vermietungen als auch für den Verkauf: „Dabei nehmen wir jede Immobilie für Büro oder Gewerbe in unser Angebot auf, die wir für viel versprechend halten und die viel Potenzial bieten“, so Hartmann. Viele interessante Objekte haben sie in Duisburg, Oberhausen, Mülheim, Essen, Bochum oder Dortmund im Angebot, „aber wir vermitteln auch Gewerbeflächen in Gelsenkirchen.“ Oder auch anderswo im Ruhrgebiet und Umgebung, wo immer Interessenten auf der Suche nach guten Gewerbeobjekten sind.

 

 
Ein Wachstumsmarkt in Duisburg

Entwicklungspotenzial gibt es nicht nur im Duisburger Innenhafen. Foto: Ruhr Real GmbH.

„Duisburg hat eine ganze Menge zu bieten und sollte sein Licht nicht unter den Scheffel stellen: Wir haben hier eine tolle Lage und eine super Anbindung. Wir haben viel Grün, was die Stadt lebenswert macht, und günstige Mieten“, zählte Hartmann die Vorzüge der Stadt auf. Und selbst da, wo man hochwertiger wohnen kann, liegen die Preise vergleichsweise niedrig. „Es gibt eine Nachfrage, es gibt Investoren: auch ausländische Geldgeber, die hier investieren wollen. Man merkt, dass sich hier was tut“, so der 36-Jährige. Man solle sich mehr auf die Stärken besinnen, denn Duisburg könnte mehr mit dem Standort und seinen Vorteilen werben: Für Büro und Logistik sei hier der ideale Standort, sagte Hartmann. „Es mag Probleme geben in der Stadt, aber: Das ist hier einer der spannendsten Märkte!“

 

Entwicklungspotenzial gibt es nicht nur im Duisburger Innenhafen. Foto: Ruhr Real GmbH.

Eigentümer oder Investoren, die frei werdende Bestandsimmobilien kauften, finanzierten dann häufig in Revitalisierung und Umbau mit einer modernen Infrastruktur, die gerade für Büros stark nachgefragt sei, erklärte der Immobilien-Fachmann. Ehemals größerflächig genutzte Gebäudestrukturen würden teilweise in kleinere Mieteinheiten aufgeteilt, weil diese mehr Interessenten lockten: Als Beispiele nannte Hartmann das Kontorhaus am Innenhafen oder das ehemalige DVG-Verwaltungsgebäude an der Mülheimer Straße. Auch aus dem Ausland flössen Investment-Gelder nach Duisburg, um hier Gewerbeimmobilien vermarktungsreif zu machen. Im Portfolio der angebotenen Immobilien hat die Ruhr Real GmbH sowohl Neubauten als auch Bestandsimmobilien. Gefragt sind am Markt vor allem moderne sowie revitalisierte und modernisierte Büroflächen, aber auch beispielsweise Lager- und Logistikhallen jeglicher Art und Größe.

 
Corona bremse das Wachstum im Gewerbeimmobilien-Markt nicht aus: „Firmen können nicht alles nur mit Home Office machen. Wenn ich 100 Leute habe, brauche ich auch mindestens 70 bis 100 Arbeitsplätze, selbst wenn ich die Präsenz in Zukunft flexibler gestalten will“, erklärte Hartmann. Für soziale Kontakte, das Zusammengehörigkeitsgefühl unter den Mitarbeitern und die Identifizierung mit seinem Unternehmen müssten entsprechende Räumlichkeiten vorgehalten werden. „Außerdem wollen Unternehmen an ihrem Standort ein Aushängeschild für Mitarbeiter, Dienstleister und Kunden.“

 

Im Innenhafen hat Ruhr Real 1.500 Quadratmeter Büroflächen an ein IT-Unternehmen vermittelt. Foto: Ruhr Real GmbH.

Ein junges IT-Unternehmen ziehe nächstes Jahr auf über 1.500 qm Büroflächen in den Innenhafen, so Hartmann: „Home Office ist für die nichts Neues, aber das persönliche Gespräch ist das Salz in der Suppe. Das Nutzerverhalten schlechthin gibt es nicht. Jedes Unternehmen braucht etwas anderes und hat eigene Vorstellungen.“ Dies müsse man bei der Vermittlung berücksichtigen. Aber, sagte Hartmann: „Natürlich haben wir in diesem Jahr gemerkt, dass sich große Konzerne bei Flächen etwas zurückgehalten haben. Abschlüsse sind aber trotzdem gelaufen.“ Dennoch: „Noch vor ein paar Monaten gingen Unternehmen hin und haben für ihre Mitarbeiter attraktive Aufenthaltsflächen geschaffen: Ist das jetzt heute alles falsch? Wohl eher nicht, aber da muss man sehen, was die Zukunft bringt.“

 

 
Ruhr Real GmbH
Die beiden Immobilien-Experten in der „Chefetage“ von Ruhr Real, Daniel Hartmann und Christian Hansmann, verfügen beide über mehr als 15 Jahre Erfahrung im Bereich Büro- und Gewerbeimmobilien. Die nationale und internationale Ausrichtung früherer Arbeitgeber haben sie bewusst aufgegeben: „Ich wollte nicht mehr ständig unterwegs sein und die Woche über in Hotelzimmern leben“, erzählte Daniel Hartmann, der mit seiner Familie in Duisburg wohnt. Der Fokus auf das Ruhrgebiet ist nicht allein der Rückkehr zu den eigenen Wurzeln geschuldet, sondern auch den Möglichkeiten, die die beiden Jungunternehmer in der Region sehen. Gewerbe-, Büro-, Hallen- und Logistikflächen stehen dabei im Vordergrund: „Die Nachfrage nach Lagerhallen ist bombastisch. ‚Das müssen wir machen’ war unser Gedanke“, so Hartmann. „Wir haben drei Mitarbeiter im Lagerhallen-Bereich, die sich fast mit nichts anderem mehr beschäftigen.“

Zunächst hatten Daniel Hartmann und Christian Hansmann mit der Ruhr Real GmbH Anfang 2018 ein kleines Büro in Bochum bezogen, wo sie dann auch Ende des Jahres ihre ersten angestellten Mitarbeiter unterbrachten. „Wir fingen mit einer Assistentin an – zunächst in Teilzeit. Dann haben wir Berater eingestellt, die auf bestimmte Bereiche der Gewerbeimmobilien-Vermittlung spezialisiert waren und unser Know-how ergänzten“, sagte der Geschäftsführer. Mittlerweile wächst die Mitarbeiterzahl stetig, so dass Hartmann und Hansmann ihren Firmensitz Ende 2019 nach Essen verlagert haben. Anfang 2021 kommen zwei weitere Mitarbeiter, so dass die Stammbelegschaft auf zehn wächst.

 
„Als Mitarbeiter suchen wir gut ausgebildete junge Leute, die an unsere Zukunft glauben“, erzählte der Unternehmer. „wir sind immer ansprechbar und vermitteln interessanten Kandidaten: ‚Wir wollen mit euch etwas aufbauen’.“ Ruhr Real verstehe sich, so der Unternehmer, als professioneller Dienstleister, der als Mittler und Berater Immobilien-Eigentümer mit interessierten Mietern oder Käufern zusammen bringt. „Wir kommunizieren immer offen, wie es sich für das Ruhrgebiet gehört.“
www.ruhr-real.de

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text)
Foto: Petra Grünendahl (1), Ruhr Real GmbH (4)

 

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DuMont Reiseverlag: Ultimative Reiseziele in der Reihe Lonely Planet

Inspirationen für Entdecker
Von Petra Grünendahl

Ultimative Reiseziele von Lonely Planet. Foto: Petra Grünendahl.

Es sind nicht die sonnigen Strände am Meer, die den ultimativen Reisegenuss bieten. Das Buch richtet sich vielmehr an die Entdecker unter den Reisenden als an den klassischen Strandurlauber. Nicht der Erholungswert steht im Mittepunkt, sondern das Erlebnis: Das Entdecken von Naturphänomenen, das Erkunden von außergewöhnlichen Gegenden ebenso wie von architektonischen Highlights aus der Geschichte der Menschheit. Die Ziele sind anspruchsvoll und fordern Aktivität und mitunter Ausdauer des Reisenden heraus. Zu den bekanntesten Zielen zählt da wohl die jordanische Felsenstadt Petra, aber auch die pulsierenden Metropolen London, Paris, Rom oder New York. Anderes ist einer Mehrheit von Reisenden bislang wohl eher verborgen geblieben: Tempel und Paläste, Sakralbauten, alte Städte und Stadtviertel sowie verschiedene Landschaften und Nationalparks weltweit. Auf den Plätzen 14 und 15 finden sich die ersten Ziele in Europa, obwohl der Kontinent insgesamt am häufigsten vorkommt. Das Buch wartet aber vor allem mit vielen Reisezielen auf, die weniger bekannt sind: Verteilt über die ganze Welt – inklusive Grönland und Antarktis. Inspirationen und Anregungen für Entdecker-Touren finden sich hier reichlich, auch bislang Unbekanntes zu erkunden.

 

Ultimative Reiseziele von Lonely Planet. Foto: Petra Grünendahl.

Der DuMont Reiseverlag hat die 2. Ausgabe der „Ultimativen Reiseziele“ mit dem Untertitel „Die 500 schönsten Erlebnisse weltweit“ vorgelegt. Erlebnisse verspricht dieses Werk dem Reisenden, der bereit ist, um spannende Erkundungen zu gehen. Verschiedene Top-Five-Interviews geben persönliche Bestenlisten wieder, die subjektiv, kurz und knackig die Favoriten begründen. Das Buch kann mit 500 Zielen auf 328 Seiten allerdings lediglich Appetithäppchen und Inspirationen bieten, was ihm allerdings auch in dieser komprimierten Form sehr gut gelingt. Wer tiefer in die Materie der einzelnen Reiseziele eindringen will, sollte dann schon zum Reiseführer greifen. Die „2. Edition“ lohnt sich übrigens auch für Käufer der Erstausgabe von 2016.

 

 
Neue Highlights spiegeln veränderte Reisegewohnheiten

Titelfoto: DuMont Reiseverlag.

Die jetzt erschiene zweite Ausgabe (2. Edition) enthält ein völlig neues Ranking mit mehr Outdoor-Erlebnissen und über 200 neuen Einträgen. Reisetrends und veränderte Reisegewohnheiten wurden da ebenso belohnt wie Nachhaltigkeit. Mit acht Sehenswürdigkeiten ist auch Deutschland unter den 500 ultimativen Reisezielen vertreten. Aus den Lonely-Planet-Reiseführern der vergangenen Jahre wurden die Highlights in einer Longlist zusammengestellt, über die die Reiseexperten und Autoren des Verlages diskutierten und abstimmten. Alle Mitglieder der Community von Lonely Planet durften dann ihre 20 Top-Sehenswürdigkeiten küren, was dann die Reihenfolge der Top-500-Rangliste ergab.

Das Buch „Ultimative Reiseziele – Die 500 schönsten Erlebnisse weltweit“ ist in der Reihe „Lonely Planet“ im DuMont Reiseverlag in Stuttgart erschienen. Das 328-seitige Hardcover-Buch im Format 23,8 x 27,8 Zentimeter ist reich bebildert und zum Preis von 29,90 Euro im lokalen Buchhandel erhältlich (ISBN 978-3-8297-3663-3).

 

Impressionen aus dem Buch. Fotos: Petra Grünendahl

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Lonely Planet im DuMont Reiseverlag

Ultimative Reiseziele von Lonely Planet. Foto: Petra Grünendahl.

Der DuMont Reiseverlag aus Ostfildern (bei Stuttgart) ist spezialisiert auf Reise- und Freizeitbücher. Die Reihe „Lonely Planet“ ist eine Adaption der Bücher des australischen Verlages Lonely Planet Publishing, einer der erfolgreichsten unabhängigen Reiseverlage der Welt. Seit seiner Gründung Anfang der 1970er-Jahre ist der Verlag der Philosophie seiner Gründer Tony und Maureen Wheeler treu geblieben, Reiseinfos höchster Qualität zu bieten. Die Wheeler reisen dafür aber schon lange nicht mehr alleine: Mittlerweile arbeiten sie über ihre Verlagsbüros in Melbourne, Oakland und London mit 400 erfahrenen Autoren zusammen, die für Lonely Planet rund um den Erdball reisen. Der australische Verlag wurde mehrfach für seine hochwertige Reise-Literatur ausgezeichnet. Lonely Planet hat über 500 Titel im Programm, davon ca. 270 Reiseführer.
https://www.lonelyplanet.de/

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Dortmund: Stahlhaus-Bungalow L141 für das Hoesch-Museum

Prototyp des stählernen Familienheims wird Museumsstück
Von Petra Grünendahl

Das Stahlhaus L141 soll zum Hoesch-Museum überführt werden. Foto: Petra Grünendahl.

Die Stahlhäuser fallen in dieser Siedlung nicht besonders auf. Was man zunächst für eine Fassadenverkleidung halten könnte, sind aber de facto Häuserwände: Mit PVC beschichtete Stahlbleche, die Hoesch damals unter dem Namen „Platal“ vermarktete. Der Bau eigener Fertighäuser sollte den Absatz des damals gerade entwickelten Leichtprofils sichern. In den späten 1950er-Jahren wurde der Stahl-Bungalow geplant, als der Fertighaus-Bau in Mode kam. So entstanden in der 260 Häuser umfassenden Hoesch-Siedlung in Dortmund-Hombruch 1962/63 sechs Stahlhäuser des Typs K109 (mit 109 Quadratmetern Wohnfläche), bevor die Stadt Dortmund 1965 die Baugenehmigung für den Typ L141, einen L-förmigen Bungalow mit 141 Quadratmetern, erteilte.

In zeitgeössichem Ambiente (v. l.): Dr. Karl Lauschke, Isolde Parussel und Wolfgang Weick. Foto: Petra Grünendahl.

„Es ist der einzige Bungalow der dritten Generation“, verriet Dr. Karl Lauschke, Vorsitzender der Freunde des Hoesch-Museums e. V., der zusammen mit seinem Stellvertreter Wolfgang Weick und Museumsdirektorin Isolde Parussel Pläne des Museums zur Übernahme des Gebäudes vorstellte. Das Stahlhaus, ein Hoesch-Bungalow vom Typ „L141“, soll an seinem bisherigen Standort in Dortmund-Hombruch abgebaut und zum Hoesch-Museum überführt werden. Die Idee gibt es schon länger: Jetzt soll sie zum Jubiläum realisiert werden, kann doch das Museum 15 Jahre Bestehen feiern – und das Stahlhaus sein 55-Jähriges. Bevor die Freunde des Hoesch-Museums in die Sponsoren-Suche einstiegen, hatten sie durch ein Gutachten attestieren lassen, dass das Gebäude frei von Schadstoffen ist. Auch die Styropor-Dämmung zwischen den Stahlblechen sei unbedenklich, erklärte Karl Lauschke. Das L-förmige Gebäude soll in zwei Teile geteilt jeweils auf einem Tieflader durch die Stadt transportiert werden sollen, so die Idee. Um dann am Zielort wieder miteinander verbunden zu werden. Die Grundsteinlegung ist für Oktober nächsten Jahres avisiert. Im Anschluss an die ca. sechsmonatigen Arbeiten vom Abbau bis zur Restaurierung hofft der Verein, das neue Museumsstück im Frühjahr 2022 eröffnen zu können.

 

 
 

Das Stahlhaus L141 ist zum Pressetermin zeitgenössisch aufgepeppt. Foto: Petra Grünendahl.

Das damals hochinnovative Eigenheim gilt heute als historisch bedeutsames Exponat, das einen Platz am Hoesch-Museum finden soll. Im Moment arbeitet der Vorstand der Freunde des Hoesch-Museums e. V. als Trägerverein des Museums daran, die Finanzierung über Sponsoren und Fördergelder zusammen zu bekommen. „Wir sind bislang auf großes Wohlwollen gestoßen, können aber erst anfangen, wenn die Finanzierung gesichert ist“, so Wolfgang Weick. Einen höheren sechsstelligen Betrag hat eine schwäbische Fachfirma veranschlagt: Dafür zieht der Bungalow um und wird dann fachgerecht restauriert. Er soll nicht nur selber als Schauobjekt dienen, sondern auch für Ausstellungen und Events im Hoesch-Museum zur Verfügung stehen.

 
Das Stahlhaus L141: der Hoesch-Bungalow

Museumsdirektorin Isolde Parussel zeigt das Hoesch-Haus auf Mallorca. Foto: Petra Grünendahl.

Rund 200 Stahlfertighäuser hatte die Hoesch AG in den 1960er-Jahren hergestellt. Kapazitäten hatte Hoesch für ca. 5.000 Stück im Jahr, allerdings war das Stahlhaus vergleichsweise teuer und konnte sich am Markt nicht durchsetzen: Die dritte Generation hätte etwa 125.000 DM gekostet – ohne Grundstück. Der Prototyp ist fast im Originalzustand erhalten: ein Museumsstück eben! „Bislang haben wir 30 von diesen Hoesch-Stahlhäusern identifizieren können“, erzählte Isolde Parussel. Am weitesten entfernt steht ein Musterhaus auf Mallorca, der letzte gefertigte Hoesch-Bungalow steht heute im Kanton Turgau in der Schweiz.

Ein überbautes Stahlhaus: Der Bungalow mit neuem Dach. Foto: Petra Grünendahl.

Die Häuser sind teilunterkellert, stehen als Fertighaus auf einem Betonfundament und sind umgeben von – nach heutigen Maßstäben – vergleichsweise großen Grundstücken. Die dritte Generation erhielt eine bessere Wärmedämmung und Fugenausbildung. Fast 50 Jahre hatte ein Hoesch-Ingenieur mit seiner Familie hier gelebt: „Wer in diesen Stahlhäusern gewohnt hat, hat gute Erinnerungen daran“, erzählte Isolde Parussel. „Die Menschen haben gerne hier gewohnt: Das gilt für die Erstbewohner ebenso wie für spätere Nachnutzer.“ Manche Häuser in der Nachbarschaft sind allerdings im Laufe der Jahre auch von außen verändert und überformt worden.

Die Außenwände bestehen aus zwei Platal-Stahlblechen mit Styropor zur Dämmung dazwischen. Foto: Petra Grünendahl.

Die Bungalows gab es in verschiedenen Typen entsprechend der Wohnfläche, wahlweise mit zweiter Terrasse oder kompletter Küche. Die Wände konnten über die Kunststoffbeschichtung farbig ausfallen und waren abwaschbar. Zum Aufhängen eines Bildes reichten Magnete aus. Trotz dieser modernen Versprechungen konnte sich das recht teure Wohnen in Stahl jedoch nicht durchsetzen. Das Haus „L141“ war fast 50 Jahre lang Heimat der siebenköpfigen Familie des Hoesch-Ingenieurs Hoff. Sowohl Haus- wie Familiengeschichte wird das Hoesch-Museum in den kommenden Jahren präsentieren: im besten Falle im Stahlhaus am neuen Standort an der Westfalenhütte.

 

 
Das Hoesch-Museum

Das Hoesch-Museum bei Nacht. Foto: Stadt Dortmund.

Die Idee zu einem Hoesch-Museum entstand kurz nach der Jahrtausendwende mit der Stilllegung von Westfalenhütte und Hermannshütte (heute Phoenixsee). Es sollte nicht nur den Namen des ehemals größten Dortmunder Unternehmens lebendig zu halten, sondern die Geschichte von Eisen und Stahl im Stadtgebiet anschaulich vermitteln. So gründeten engagierte ehemalige Hoeschianer 2004 den Verein „Freunde des Hoesch-Museums“, der ein gutes Jahr später das Haus eröffnen konnte. Dies gelang jedoch nur mit Hilfe vieler Ehrenamtlicher und dank großzügiger Unterstützung des Museums für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund (MKK), des Westfälischen Wirtschaftsarchivs und des Unternehmens thyssenkrupp Steel. Das Duisburger Unternehmen ist Rechtsnachfolger der Hoesch AG, die 1992 von der Krupp AG übernommen und damit 1999 in die Fusion mit Thyssen eingebracht wurde.

Diese (auch finanzielle) Unterstützung ermöglichte nicht nur die konservatorische Aufbereitung von Ausstellungsobjekten und den Umbau das denkmalgeschützte Portierhaus von 1914, sondern auch die wissenschaftliche Aufarbeitung von Stahlindustrie und Strukturwandeln in Dortmund. Mit Hilfe zahlreicher Sponsoren wurde dann am 23. Oktober 2005 ein industrie- und sozialgeschichtliches Museum eröffnet, das bis heute Besucher aus Nah und Fern anzieht.

Seine besondere Rechts- und Trägerform hat das Museum beibehalten: Träger ist der gemeinnützige Verein „Freunde des Hoesch-Museums“, Kooperationspartner sind weiterhin die Stadt Dortmund und thyssenkrupp Steel. Das MKK unterstützt das Museum zudem mit einer hauptamtlichen wissenschaftlichen Leitungsstelle. Das Herz des Hoesch-Museums sind jedoch rund 80 ehrenamtlich tätige Menschen, die den Betrieb in allen Facetten sicherstellen. Sie kommen mittlerweile auch aus Berufsgruppen jenseits der Montanindustrie und investieren im Jahr rund 11.000 Stunden ehrenamtlicher Tätigkeit. Das entspricht etwa sieben Vollzeitstellen. Diese Tätigkeiten wurden 2016 mit dem WegWeiser-Preis der NRW-Stiftung Natur, Heimat, Kultur ausgezeichnet.

Bisher haben drei Vereinsvorsitzende das Haus geprägt: Dr. Alfred Heese von 2005 bis 2007, Dr. Karl-Peter Ellerbrock von 2007 bis 2015 und Dr. Karl Lauschke seit 2015. Die wissenschaftliche Leitung lag bis 2018 bei Michael Dückershoff, ihm folgte Isolde Parussel im Sommer 2018.
https://www.dortmund.de/de/freizeit_und_kultur/museen/hoesch_museum/start_hoesch/index.html

 

 
15 Jahre Hoesch-Museum

Hoesch-Museum (2006), Eberhardtstr.13 in Dortmund. Foto: Kassander der Minoer (Wikipedia, CC BY-SA 3.0)

Wenn die Corona-Beschränkungen wieder gelockert werden, lohnt sich ein Besuch: Das Hoesch-Museum präsentiert am historischen Ort 160 Jahre Unternehmens- und Sozialgeschichte. Die Geschichte der Firma Hoesch und seiner „Hoeschianer“ als Teil der Dortmunder Stadtgeschichte steht dabei im Mittelpunkt der Dauerausstellung. Im denkmalgeschützten Portierhaus der Westfalenhütte, der Keimzelle des Unternehmens Hoesch, veranschaulichen Werkzeuge und Produkte, Modelle und Fotografien den Herstellungsprozess von Stahl sowie die Arbeits- und Alltagswelt. Medieninstallationen wie „Phoenix aus der Asche“ und ein 3D-Stahlwerk ergänzen die Themen und zeigen auch die aktuelle High-Tech-Branche.

Rund 55 Sonderausstellungen haben seit der Eröffnung die Themen der Dauerausstellung ergänzt: Gezeigt wurden Kunst und Fotografie von und auf Stahl, historische Aspekte der Hoesch-Standorte Phoenix, Union und Westfalenhütte, Themen wie Sozialfürsorge, Migration oder Mitbestimmung in der Stahlindustrie und zeitgenössische Positionen aus Forschung und Bildung. Im kommenden Jahr sind u. a. eine Ausstellung mit der Künstlerin Martina Dickhut geplant und eine Schau zum 150-Jubiläum der Westfalenhütte, die 1871 in Dortmund gegründet wurde. Zur Eröffnung im Herbst 2021 soll dann auch der Geburtstag des Museums nachgefeiert werden.

Impressionen. Fotos: Petra Grünendahl

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© 2020 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl (12), Stadt Dortmund (1), Kassander der Minoer (1, Wikipedia, CC BY-SA 3.0)

 

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Stephan Balkenhol im Lehmbruck Museum in Duisburg

Im Mittelpunkt: der Mensch
Von Petra Grünendahl

Stephan Balkenhol im Lehmbruck Museum. Foto:: Petra Grünendahl.

Der Mann mit dem weißen Hemd und der schwarzen Hose ist sein Lieblingsmotiv: Zu sehen ist er hier im Lehmbruck Museum in den verschiedensten Varianten. Der Mensch steht bei von Stephan Balkenhol (*1957) im Mittelpunkt: „Die menschliche Figur ist das, was mich interessiert“, so der Künstler. Plastiken von Menschen in unterschiedlichen Posen, Köpfe aus Holz herausgearbeitet, Gipsmodelle, Reliefbilder, aber auch Zeichnungen – über 200 Werke des Bildhauers und Künstlers zeigt das Lehmbruck Museum in Duisburg in seiner neuen Sonderausstellung.

Stephan Balkenhol im Lehmbruck Museum. Foto:: Petra Grünendahl.

Figuren unterschiedlichster Größe stellen die charakteristischen Spuren der Holzbearbeitung offen zur Schau: Sie sind nicht geschliffen und glatt, sondern zeigen Splitterungen, Furchen und Unebenheiten. Sie wirken unfertig, lenken aber gerade deswegen den Blick auf sich. „Seine Figuren strahlen Ruhe aus, wirken in sich gekehrt und lassen Platz für Interpretationen“, sagte Museumsdirektorin Dr. Söke Dinkla, die hier Parallelen zum Namensgeber des Museums und seinen Werken zog.

 

Stephan Balkenhol im Lehmbruck Museum. Foto:: Petra Grünendahl.

Die Werkschau von Stephan Balkenhol, Retrospektive seiner Werke von 1990 bis heute, stellten Söke Dinkla, Kulturdezernentin Astrid Neese und der Künstler selber im Lehmbruck Museum in einem Pressegespräch vor. Stephan Balkenhol ist einer der wichtigsten deutschen Bildhauer der Gegenwart. Er porträtiert Alltagsmenschen und ist schon vielfach für seine Skulpturen ausgezeichnet worden. Viele seiner Werke stehen im öffentlichen Raum, zum Beispiel in Hamburg, Berlin und anderen deutschen sowie europäischen Städten. Zudem zieren sie zahlreiche private und öffentliche Sammlungen weltweit. „Bereits seit 1990 haben wir ein Werk von ihm in unserer Sammlung“, erzählte die Museumsdirektorin.

Stephan Balkenhol im Lehmbruck Museum. Foto:: Petra Grünendahl.

Die aktuelle Werkschau war seit zwei Jahren in der Vorbereitung. Kuratorin Ronja Friedrichs hatte sie mit dem Künstler erarbeitet, dessen jüngste Ausstellungsstücke, eine Werkgruppe von Kopfskulpturen, extra für Duisburg entstanden sind. Die Retrospektive im Lehmbruck Museum ist die größte Schau seiner Werke seit 2008. Die Ausstellung eröffnet am Donnerstag, 22. Oktober. Die Veranstaltung ist bereits ausgebucht.

 

Katalog und Audioguide

Stephan Balkenhol mit der Toniebox im Lehmbruck Museum. Foto: Kathrin Balkenhol.

Begleitend zur Ausstellung erscheint ein Katalog mit Texten von Dr. Söke Dinkla, Heinz-Norbert Jocks und Ronja Friedrichs. Der Band mit 120 Seiten und 70 farbige Abbildungen ist im Schirmer/Mosel Verlag, München, erschienen. Das exzellent illustrierte Werk ist zum Preis von 29,80 Euro an der Museumskasse sowie im lokalen Buchhandel (ISBN 978-3-8296-0909-8) verfügbar. Als Audioguide für die Ausstellung gibt es eine Tonie-Figur mit einer ca. 37-minütigen Tour, die Ehefrau Kathrin zusammen unter anderem mit den Töchtern (fünf und fast vier Jahr alt) gestaltet hat: Sie bietet noch einmal eine ganz andere Annäherung an die Werkschau. Gegen Abgabe des Lichtbildausweises ist sie kostenlos an der Kasse auszuleihen.

 

Stephan Balkenhol im Lehmbruck Museum. Foto:: Petra Grünendahl.

Möglich gemacht haben die Ausstellung „Stephan Balkenhol” Sponsoren und Förderer wie die National-Bank AG, das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen und die Stadt Duisburg im Rahmen der Duisburger Akzente. Das Lehmbruck Museum ist darüber hinaus Monika und Veit Messing sowie der Überörtlichen Radiologischen Gemeinschaftspraxis Duisburg-Moers, Dres. Dabir, Hirning, Poll, Dabir-Scherfeld und Kollegen zu großem Dank verpflichtet.

 

 
Der Künstler

Stephan Balkenhol im Lehmbruck Museum. Foto:: Petra Grünendahl.

Stephan Balkenhol wurde 1957 im nordhessischen Fritzlar geboren. Er lebt und arbeitet in Kassel, Karlsruhe, Berlin und im französischen Meisenthal. Von 1976 bis 1982 studierte er an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg, unter anderem bei Ulrich Rückriem. Seit 1983 zeichnet sich Balkenhols Werk durch das Bestreben des Künstlers aus, die figurative Skulptur neu zu begründen. Nach Lehraufträgen an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg und an der Städelschule in Frankfurt am Main lehrt er seit 1992 als Professor für Bildhauerei an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe.

 

Das Lehmbruck Museum

Stephan Balkenhol im Lehmbruck Museum. Foto:: Petra Grünendahl.

Das mitten in Duisburg im Kantpark gelegene Lehmbruck Museum ist ein Museum für Skulptur. Seine Sammlung moderner Plastiken von Künstlern wie Alberto Giacometti, Pablo Picasso, Hans Arp und natürlich Wilhelm Lehmbruck ist europaweit einzigartig. Beheimatet ist das Museum in einem eindrucksvollen Museumsbau inmitten eines Skulpturenparks, der zum Schlendern und Entdecken einlädt. Namensgeber des Hauses ist der Bildhauer Wilhelm Lehmbruck, der 1881 in Meiderich, heute ein Stadtteil von Duisburg, geboren wurde. Lehmbruck ist einer der bedeutendsten Bildhauer der Klassischen Moderne. Er hat mit seinem Werk maßgeblichen Einfluss auf nachfolgende Künstlergenerationen und ist auch nach seinem frühen Freitod im Jahr 1919 bis heute einflussreich geblieben.

Impressionen. Foto: Petra Grünendahl

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Öffnungszeiten und Eintrittspreise

Stephan Balkenhol im Lehmbruck Museum. Foto:: Petra Grünendahl.

Die Ausstellung von Stephan Balkenhol ist bis zum 28. Februar 2021 im Anbau (Wechselausstellungsbereich) zu sehen. Dienstags bis freitags ist das Lehmbruck Museum ab 12 Uhr geöffnet, samstags und sonntags ab 11 Uhr. Die Öffnungszeiten gehen bis 17 Uhr, donnerstags an Terminen der plastikBAR (erster Donnerstag im Monat ab 17.30 Uhr) bis 20 Uhr. An Feiertagen gelten ggf. besondere Öffnungszeiten. Regulär kostet der Eintritt 9 Euro (ermäßigt* 5 Euro), eine Jahreskarte 35 Euro (ermäßigt* 20 Euro). Kinder und Jugendliche bis 14 Jahre in Begleitung von Angehörigen sowie Blinden- und Demenzbegleitung haben kostenlos Eintritt. Schulklassen und Kindergärten zahlen pro Person 2 Euro (gilt nur für Selbstführergruppen), eine Familienkarte (2 Erwachsene plus Kinder bis 14 Jahre) gibt es für 15 Euro. Jeden ersten Freitag im Monat gilt: „Pay what you want“. Ausgenommen davon sind angemeldete Gruppen.

Stephan Balkenhol im Lehmbruck Museum. Foto:: Petra Grünendahl.

Zu seinen Sonderausstallungen bietet das Lehmbruck Museum verschiedene Veranstaltungen als Rahmenprogramm an. Zu den Highlights zählt hier mit Sicherheit das Künstlergespräch – Stephan Balkenhol im Gespräch mit Heinz-Norbert Jocks – am Freitag, 23. Oktober, um 18 Uhr (ca. 1 ½ Stunden). Auch diese Veranstaltung ist bereits ausgebucht. Öffentliche Führungen durch das Museum gibt es jeden Sonntag um 11.30 Uhr. Für Informationen steht die Kunstvermittlung des Lehmbruck Museums unter Telefon 0203 / 283-2195 oder eMail kunstvermittlung@lehmbruckmuseum.de zur Verfügung (Zu Preisen und Buchungen für Führungen geht es hier).

 

Stephan Balkenhol im Lehmbruck Museum. Foto:: Petra Grünendahl.

Für Führungen und Veranstaltungen aus dem Rahmenprogramm sind aktuell grundsätzlich Anmeldungen erforderlich. Die Veranstaltungen finden vorbehaltlich eventueller Veränderungen aufgrund der Corona-Pandemie statt. Es kann zu kurzfristigen Anpassungen kommen. Außerdem ist die Anzahl der Besucher im Museum begrenzt: Auf aktuell 100 im Wechselausstellungsbereich sowie 300 im gesamten Museum: Es kann zu Wartezeiten kommen, falls diese Anzahl erreicht ist. Siehe auch: https://lehmbruckmuseum.de/update-coronavirus/.

(*) Ermäßigung erhalten gebuchte Gruppen, Selbstführer ab 20 Personen, Menschen mit Behinderung (ab 70%), Schüler & Studenten, Wehr- & Zivildienstleistende sowie Menschen mit Sozialhilfebezug.

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl (17), Kathrin Balkenhol (1)

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Atlas der Reiselust von DuMont: „USA Inspiration für ein ganzes Leben“

Geschichte(n) und Fakten machen Lust auf mehr
Von Petra Grünendahl

Ein paar Einblicke ins Buch. Foto: Petra Grünendahl.

Entweder man hasst Amerika. Oder man liebt es. Gründe für Letzteres gibt es reichlich in einem Land der Gegensätze: Atemberaubende Landschaften, faszinierende Metropolen und eine vielfältige Kultur, die man im alten Europa nicht unterschätzen sollte. Berühmte Straßen durchziehen das Land, die zu ausgedehnten Roadtrips einladen. Ein neuer „Atlas der Reiselust“ will inspirieren, sich den Vereinigten Staaten anzunähern. Wer sich auf das Land einlässt, kann viel entdecken: Historische Orte von der indianischen Besiedlung über die europäische bis hin zu modernen Meilensteinen der Architektur. Das Buch zeigt die Vereinigten Staaten nicht nur in grandiosen Fotografien von Landschaften und Orten, sondern auch in seinen Filmen, in der Literatur, in Musik oder Sport, mit seinen Museen, Themen- und Freizeitparks oder in seiner Esskultur, die weit über das hinaus geht, was man von den hierzulande bekannten Fast-Food-Läden kennt. Dazu kommen mitunter kuriose Fakten und Details aus der amerikanischen Historie und Gesellschaft und über Menschen, die Geschichte und Kultur prägten.

 

Ein paar Einblicke ins Buch. Foto: Petra Grünendahl.

Mit „USA Inspiration für ein ganzes Leben“ hat der DuMont Reiseverlag einen neuen Beitrag für seine Reihe „Atlas der Reiselust“ vorgelegt. Das Werk sammelt umfassend viele Details und Fakten zum Land der unbegrenzten Möglichkeiten (andere nennen es nicht ganz zu Unrecht auch: Land der unmöglichen Begrenzungen). Das Buch erschließt nicht nur touristische Highlights, sondern bringt jede Menge Einblicke in die Geschichte und Legenden sowie viele unbekannte Geschichten, Fakten und Details aus einem Land, welches von Ost nach West bis Alaska und Hawaii sechs Zeitzonen sowie mehrere Klimazonen umfasst. Das ist nicht „ein“ Amerika, das sind viele Varianten, die man nach Corona gerne mal erkunden möchte.

Ein paar Einblicke ins Buch. Foto: Petra Grünendahl.

Außer vielfältigen Inspirationen bietet das großformatige Werk reichlich praktische Reiseinformationen und Adressen. Links für weiter führende Informationen zu den Orten, Film- und Literaturtipps, Musik- sowie Touren-Tipps (für Auto, Fernbus, Zug oder zum Wandern). Wer eine Reise plant, sollte sich aber unbedingt vorher noch einmal über aktuelle Reise- und Sicherheitsbestimmungen informieren. Dass dies im Moment wegen des weltweit kursierenden Coronavirus nicht ratsam ist: geschenkt. Was einen aber nicht davon abhalten sollte, schon mal in diesem Buch die unzähligen Möglichkeiten zu erkunden.

 

 
Faszinierende Orte inspirieren zu mehr

Ein paar Einblicke ins Buch. Foto: Petra Grünendahl.

Gegliedert ist das Buch thematisch: Into the Wild, On the Road, Kultur der USA, Ab in die Metropolen, Fantastisch sowie Essen & Trinken. Das erleichtert den Zugang zu diesem grandiosen Land inhaltlich, erschwert aber mitunter die Einschätzung, wie weit „nebeneinander“ beschriebene Locations tatsächlich voneinander entfernt liegen. Zusammengestellt wurden die Texte von einem französischen Autoren-Kollektiv, DuMont verlegt die deutsch-sprachige Originalausgabe. Vielfach machen die Texte der Autoren deutlich, wie sehr die amerikanische Kultur auch in unserem Leben präsent ist. Trotz der reichhaltigen Bebilderung ist das Werk sehr text-lastig, mit einer ungeheuren Fülle an Fakten und Informationen. Das Buch liest man nicht unbedingt sukzessive durch, sondern man blättert und liest sich hier und da fest.

Titelbild: DuMont Reiseverlag.

Das Buch „USA Inspiration für ein ganzes Leben“ ist in der Reihe „Atlas der Reiselust“ im DuMont Reiseverlag in Stuttgart erschienen. Das 384-seitige Hardcover-Buch im Format 25,2 x 33,3 Zentimeter mit einem Gewicht von über zweieinhalb Kilogramm ist jetzt nichts fürs Reisegepäck, eher fürs heimische Sofa, wo man vom Reisen träumt, um sie dann zu planen. Das reich bebilderte Buch mit mehr als 850 Fotos. Illustrationen und Zeichnungen ist zum Preis von 39,90 Euro im lokalen Buchhandel erhältlich (ISBN 978-3-7701-8868-0).

 

 
DuMont Reiseverlag

Ein paar Einblicke ins Buch. Foto: Petra Grünendahl.

Der DuMont Reiseverlag aus Ostfildern (bei Stuttgart) ist spezialisiert auf Reise- und Freizeitbücher. Die Reihe „Atlas der Reiselust“ verbindet eine riesige Anzahl von möglichen Reisezielen und Touren-Inspirationen mit einem reichhaltigen Informationsspektrum von aktuellen und historischen Besonderheiten einzelner Orte bis hin zu konkreten Reiseinformationen und Adressen.
www.dumontreise.de

 
Impressionen: Ein paar Einblicke ins Buch. Fotos: Petra Grünendahl

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© 2020 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Aus dem Bestand der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen: Rudolf Holtappel im A2-Kalender

Mit Fotografien des Ruhrgebiets-Chronisten durch das Jahr 2021
Von Petra Grünendahl

Zeche Sterkrade in Oberhausen 1960. Foto: Petra Grünendahl.

„Die Zukunft hat schon begonnen“ war der Titel der erfolgreichen Ausstellung in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen, die den Nachlass des Fotografen Rudolf Holtappel (1923–2013) und verschiedene Leihgaben seiner Werke wissenschaftlich aufbereitet einem interessierten Publikum präsentierte. Das Ruhrgebiet, welches über Jahrzehnte seine Heimat war, lichtete Holtappel in seiner ganzen Vielfalt ab: Industrielandschaften und Städte als Lebensraum, Arbeit und Menschen. Es sind liebenswürdige Szenen aus dem Alltag und aus dem Leben gegriffen. Es sind lebendige Bilder aus einer anderen Zeit. Viele seiner Bilder stammen aus den 1960er- oder 1970er-Jahren. Die Stadt Oberhausen, wo der Fotograf bis zu seinem Tod lebte, konnte den Nachlass 2017 erwerben. Seitdem gehören die Fotografien zum Bestand der Ludwiggalerie.

 

Der Kalender mit großformatigen Fotografien des Ruhrgebiets-Chronisten Rudolf Holtappel für das Jahr 2021. Foto: Oberhausen Tourismus.

Mit einem hochwertigen DIN-A2-Fotokalender geht die Werkschau des Oberhausener Ruhrgebiets-Chronisten Rudolf Holtappel im Jahr 2021 für 365 Tage in die Verlängerung. Genau wie die Ausstellung trägt der neue Jahreskalender für 2021 den Titel „Die Zukunft hat schon begonnen“. Zwölf ausgesuchte Motive erinnern an das Leben und Arbeiten von gestern und nehmen den Betrachter mit auf eine kleine Zeitreise in das Oberhausen der 1960er und 1970er Jahre. Herausgegeben wird der Kalender von der OWT Oberhausener Wirtschafts- und Tourismusförderung GmbH in Zusammenarbeit mit der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen. Er ist ab sofort erhältlich in den beiden touristischen Informationsstellen am Hauptbahnhof und im Centro sowie im Museums-Shop im Kleinen Schloss. Der Preis beträgt 19,90 Euro. Infos gibt es bei Tourist Information Oberhausen, Telefon 0208 / 824570, eMail tourist-info@oberhausen.de, auf www.oberhausen-tourismus.de sowie im Museums-Shop der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen, www.ludwiggalerie.de.

 

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Ludwiggalerie Schloss Oberhausen

Sonntags in Oberhausen 1961. Foto: Petra Grünendahl.

Fotos von Rudolf Holtappel sind auch Gegenstand der sehr empfehlenswerten aktuellen Ausstellung im Kleinen Schloss: Unter dem Titel „Oberhausen – Aufbruch macht Geschichte“ zeigt das Stadtarchiv Stadtentwicklung und Strukturwandel in Oberhausen zwischen 1847 und 2006. Die Sonderausstellung läuft bis zum 17. Januar 2021. Das Museum ist geöffnet von Dienstag bis Sonntag zwischen 11 und 18 Uhr. Montags ist Ruhetag, feiertags sowie Pfingstmontag ist jedoch geöffnet. Geschlossen ist am 24., 25. und 31. Dezember sowie 1. Januar. Der Eintritt zum Kleinen Schloss ist frei, im Großen Schloss kostet es 8 Euro (ermäßigt 4 Euro, Familien 12 Euro). Corona-bedingt gilt eine Besucherobergrenze: Im Großen Schloss (Otfried Preußler) von 80 Personen, im Kleinen Schloss (Aufbruch macht Geschichte – Strukturwandel 1847–2006) finden insgesamt 35 Leute Platz. Bei einer weiteren Lockerung der Einschränkungen könnte diese Zahl aber wieder steigen. Über die ansonsten geltenden Bestimmungen kann man sich hier informieren. So finden mittlerweile auch wieder die öffentlichen Führungen (sonn- und feiertags um 11.30 Uhr, es gilt eine Personenzahlbegrenzung) sowie das Rahmenprogramm zur Ausstellung im Großen Schloss statt: Sie sind im Museumseintritt inklusive. Details zum Rahmenprogramm zu den Ausstellungen gibt es hier.

Der Kalender mit großformatigen Fotografien des Ruhrgebiets-Chronisten Rudolf Holtappel für das Jahr 2021. Foto: Oberhausen Tourismus.

Im Großen Schloss zeigt die Ludwiggalerie noch bis zum 10. Januar 2021 die sehr sehenswerte Ausstellung „Räuber Hotzenplotz, Krabat und Die kleine Hexe. Otfried Preußler – Figurenschöpfer und Geschichtenerzähler“. Diese Ausstellung haben wir bereits besucht.

Oberhausen am Rhein-Herne-Kanal mit dem Gasometer 1961. Foto: Petra Grünendahl.

Die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen ist eines der 21 RuhrKunstMuseen. Sie befindet sich an der Konrad-Adenauer-Allee 46 in 46049 Oberhausen. Anfahrt am besten über die A42, Abfahrt Oberhausen-Zentrum. Weitere Infos: www.ludwiggalerie.de.

Sehr bemerkenswert ist die ebenfalls im Schloss Oberhausen untergebrachte, aber nicht zur Ludwiggalerie gehörige Gedenkhalle. Als städtische Einrichtung in Erinnerung an die Verfolgten des Nationalsozialismus arbeitet die Gedenkhalle seit 1962 gegen das Vergessen und für das Miteinander aller Menschen in Oberhausen. Mit der 2010 erneuerten Dauerausstellung widmet sie sich der Stadtgeschichte zwischen 1933 und 1945 sowie der Zwangsarbeit im Ruhrgebiet während der NS-Zeit. Da sollte man unbedingt mal vorbei schauen!

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Oberhausen Tourismus (2), Petra Grünendahl (3)

 

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Der Waldfriedhof in Wanheimerort – Teil 3: Im Fokus der Stadtteil-Historiker

Zeichen für Integration in der Gesellschaft
Von Petra Grünendahl

Die Stadtteil-Historikerin Silke Mayer beschäftigt sich mit der Geschichte des Waldfriedhofs in Wanheimerort. Foto: Petra Grünendahl.

„Der Friedhof war von Anfang an auch als Erholungsfläche geplant”, erzählte Silke Mayer. Strecken des Waldfriedhofs in Wanheimerort sind parkähnlich angelegt. Die klassische Beerdigungsform im Reihengrab hat bei guter Pflege ohnehin einen gewissen Park-Charakter – und unter den Bäumen lässt es sich gut flanieren. „Er ist als Reformfriedhof angelegt: Klare Linien und Ästhetik ersetzten in den 1920ern die 1900 in Mode gekommene freie Gräbergestaltung, bei der jeder machte was er wollte“, so die Stadtteil-Historikerin. Sie fasziniere die Vielfalt dieses Friedhofs ebenso wie eine parkähnliche Gestaltung, erzählte sie.

Die Stadtteil-Historikerin Silke Mayer auf dem alten Jüdischen Friedhof. Foto: Petra Grünendahl.

Und der Friedhof sei auch ein Ort der Integration: „Neben allen möglichen Formen von Grabstätten gibt es hier schon seit den 1990er-Jahren muslimische Gräberfelder und Grabfelder für Roma. Jüdische Gräber waren von Anfang an mit eingeplant.“ Auch griechisch-orthodoxe Grabstätten seien hier angelegt. Und weiter: „1941 bestimmte die nationalsozialistische Regierung, dass Zwangsarbeiter auf dem jüdischen Friedhof beerdigt werden sollten.“ Letztere liegen (heute) aber vor allem in eigenen Grabfeldern begraben: „Ob sie dahin mal umgebettet wurde, kann man annehmen, aber sicher bin ich mir da noch nicht“, so Mayer. Ihre Recherchen sind schließlich noch längst nicht abgeschlossen.

 

Das Mahnmal der zwei trauernden Frauen (1961) von Dorothee Ludwig-Mindt am Ehrenfeld des Waldfriedhofs. Foto: Petra Grünendahl.

Der Waldfriedhof an der Düsseldorfer Straße in Wanheimerort, mit dem sich die Stadtteil-Historikerin Silke Mayer seit Jahresanfang beschäftigt, birgt viele alte, aber auch neuere Grabstätten mit Geschichte oder außergewöhnlichem Hintergrund. Er wurde Anfang der 1920-er Jahre angelegt und im Jahr 1923 als Neuer Friedhof seiner Bestimmung übergeben. Zusammen mit Silke Mayer gaben Vorstandsmitglied Klaus Becker und Ariela Cataloluk von der Geschäftsstelle der Bürgerstiftung Auskunft über das Projekt „Stadtteil-Historiker“ und das Thema Waldfriedhof. „Der hier angelegte Ehrenfriedhof sollte eine Fortsetzung des Ehrenfriedhofs am Kaiserberg sein, der zu klein wurde, um Soldaten aufzunehmen, die Jahre nach Ende des 1. Weltkrieges verstarben“, wusste Mayer zu berichten. Die meisten Gräber hier stammen aber aus dem 2. Weltkrieg, in dem die Stadt die Opfer der Bombenangriffe hier beerdigte: „Sie kriegten Grabkreuze wie gefallene Soldaten: sie galten als Gefallene an der Heimatfront“, erklärte sie den Nazi-Jargon.

 

Stadtteil-Historikerin Silke Mayer

Stadtteil-Historikerin Silke Mayer auf dem Gräberfeld des Ehrenfriedhofs: Hier liegen die zivilen Opfer des Bombenkriegs. Foto: Petra Grünendahl.

„Gut eine Woche, bevor die Ausschreibung für die Stadtteilhistoriker kam, war ich hier mit einer Freundin spazieren“, erzählte Silke Mayer. Der Ort habe sie fasziniert. Sie habe einen Faible für Lost Places: „Und da gehören auch alte Friedhöfe dazu.“ Mit dem Waldfriedhof Wanheimerort hatte sie eine Themenskizze, welche sie Bürgerstiftung Duisburg und der GLS Treuhand für das Stipendien-Programm Stadtteil-Historiker vorstellte. „Ihre Vorstellung war eine der überzeugendsten“, erzählte Klaus Becker, Vorstandsmitglied der Bürgerstiftung Duisburg. Ohnehin ist Duisburg bei dem Stipendien-Programm gut vertreten: Von den 18 Stipendiaten stammen sechs aus Duisburg. Die Qualifizierten aus dem Ruhrgebiet erhalten eine fachliche Begleitung und jeweils 1.500 Euro Recherchebudget. „Das Recherchebudget ist als Auslagen-Ersatz gedacht“, erklärte Klaus Becker die Intention des Stipendiums, welches von der GLS Treuhand finanziert wird. „Wir haben die Duisburger Projekte nach interessanten Schwerpunkten ausgesucht“, so Becker zum Findungsprozess, der hier über die Bürgerstiftung Duisburg lief. Im Sommer 2021 werden die Ergebnisse der Öffentlichkeit vorgestellt.

 

Der alte Jüdische Friedhof auf dem Waldfriedhof in Wanheimerort. Foto: Petra Grünendahl.

Sie baue ihr Thema „Waldfriedhof“ epochal auf: In fast 100 Jahren kommt da einiges zusammen. „Ich suche aber auch noch Zeitzeugen, dir mir etwas zur Geschichte und Entwicklung des Waldfriedhofs erzählen können“, erklärte die Stadtteil-Historikerin, die hauptberuflich in der Erwachsenenbildung arbeitet. „Das sind die spannenden Geschichten, die man in die Recherche-Ergebnisse einarbeiten kann.“

 

 
Der Waldfriedhof

Sehr aufwändig und pompös wirken die Roma-Gräber. Foto: Petra Grünendahl.

Der Waldfriedhof in Wanheimerort trägt auch den Beinamen „Neuer Friedhof“. Er wurde Anfang der 1920-er Jahre angelegt, als sich eine völlige Belegung des damaligen Hauptfriedhofs Sternbuschweg in Neudorf (auch „Alter Friedhof“) abzeichnete. Im Jahr 1923 begann man mit ersten Reihengrabbeerdigungen. Ab 1925 stand auch eine Einsegnungs- und Leichenhalle zur Verfügung. Der älteste Grabstein, den man heute noch auf dem Waldfriedhof findet, ist ein Findling, bei dem statt einer Eingravierung eine aufgebrachte Plakette die Daten des 1924 Verstorbenen zeigt.

 
Der Waldfriedhof in Wanheimerort

Die Friedhofsverwaltung im alten Forsthaus Haniel. Foto: Petra Grünendahl.

Auf einer Fläche von rund 67 Hektar ist der Friedhof in einem Waldstück an der heutigen Düsseldorfer Straße angelegt worden. Seine rund 6.000 Bäume unterstreichen den waldähnlichen Charakter. Entlang eines Wegenetzes von etwa 50 Kilometern stehen inmitten der Grabanlagen auch Eichen und Buchen, die im vorletzten Jahrhundert gepflanzt wurden und mittlerweile ein Alter von über 170 Jahren erreicht haben. Das Areal gehörte früher der Familie Haniel. Im alten Forsthaus Haniel ist heute die Friedhofsverwaltung untergebracht. Gegenüber ist der Betriebshof, von dem aus die Wirtschaftsbetriebe die allgemeinen Bereiche des Areals pflegen.

 

 
Neben klassischen Grabarten gibt es mittlerweile auch Wahlgräber für Särge und Urnen, was den Wandel der Bestattungskultur dokumentiert. Pflegefreie Gräber oder Rasengräber tragen gesellschaftlichen Änderungen Rechnung, weil Pflege von Angehörigen – soweit überhaupt vorhanden – aus verschiedensten Gründen nicht geleistet werden kann. Die Gestaltung reicht von einfachen Grabsteinen auf der Wiese mit mehr oder weniger üppigem Blumenschmuck bis hin zum anonymen Grab, das nur deswegen erahnt werden kann, weil das Gräberfeld voll belegt ist.

 

Der Zugang zum neuen Jüdischen Friedhof. Foto: Petra Grünendahl.

Schon 1927 wurde ein Begräbnisfeld für die Jüdische Gemeinde der Stadt angelegt, das zwischen primär 1930 und 1942 genutzt wurde. Erst 1981 fand hier wieder eine Bestattung statt. Vor gut zwei Jahren legte die Jüdische Gemeinde Duisburg Mülheim Oberhausen ein neues Gräberfeld an, das seitdem als letzte Ruhestätte für jüdische Mitbürger genutzt wird. In den 1990er-Jahren schuf man auch ein islamisches Gräberfeld für den südlichen Bestattungsbezirk. Beide Religionen glauben an die Unverletzlichkeit des Körpers: Damit sind nur Reihenbestattungen möglich, keine Feuerbestattung (Urnengräber). Es gibt Reihen von Sinti-Gräbern ebenso wie griechisch-orthodoxe Gräberfelder. Seit den 1990er-Jahren gibt es auch einen Bereich mit Roma-Gräbern. 2011 eröffnete der Memoriam Garden in Zusammenarbeit mit Friedhofsgärtnern: Hier befinden sich hochwertige Grabstätten mit besonderem gestalterischen Anspruch.

 

 
Feuerbestattung seit 1932: das Krematorium

Das muslimische Gräberfeld. Foto: Petra Grünendahl.

ab 1912 gab es erste Bestrebungen, eine Feuerbestattungsanlage in Duisburg zu bauen. Erst mit der Einrichtung des neuen Hauptfriedhofs wurde das Projekt wieder aufgegriffen. Vom Rohbau 1929 dauerte es wegen Finanzierungsschwierigkeiten in der Weltwirtschaftskrise bis 1932 mit der Fertigstellung. Ein Luftangriff 1944 beschädigte das Krematorium so stark, dass Einäscherungen in der Folgezeit nicht mehr möglich waren. Dem Wiederaufbau der Verbrennungsanlage bis 1950 folgte die Inbetriebnahme der Krematoriumskapelle 1952/53. Neben Ausbesserungs-, Erweiterungs- und Modernisierungsarbeiten investierte die Stadt auch in Maßnahmen zur Schadstoffreduzierung.

 
Aufgrund steigender Einäscherungszahlen und wegen der veralteten Krematoriumstechnik begann man 2001 mit dem Bau eines neuen Krematoriums. Der bestehende Zellentrakt wurde bis auf die alte Trauerhalle abgerissen und ein modernes Krematorium im Frühjahr 2002 seiner Bestimmung übergeben. Äußerlich der alten Bausubstanz angepasst enthält er modernste Technik und zeitgemäße Abschieds- und Aufbahrungsräume.

 
Unsere früheren Spaziergänge über den Waldfriedhof:

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Ludwiggalerie Schloss Oberhausen: Fotoausstellung zum Strukturwandel 1847–2006

Stadtarchiv zeigt „Oberhausen – Aufbruch macht Geschichte“ im Kleinen Schloss
Von Petra Grünendahl

Dr. Magnus Dellwig, Leiter des Stadtarchivs Oberhausen. Foto: Petra Grünendahl.

„Mit der Erschließung durch die Eisenbahn 1847 entstanden erste Siedlungen, da die Industrialisierung Menschen ins Ruhrgebiet zu den Arbeitsplätzen lockte“, erzählte Magnus Dellwig, Historiker und Leiter des Stadtarchivs Oberhausen. Mit diesem Ausgangspunkt und gegliedert in fünf Epochen schildert die neue Ausstellung die Entwicklung Oberhausens. Die Industrialisierung als Strukturwandel 1.0, weg von der Landwirtschaft, hin zu Kohle und Stahl (1894–1934):

Museumsdirektorin Dr. Christine Vogt. Foto: Petra Grünendahl.

„Die ‚Dunstglocke’ als Zeichen dieser Zeit haben viele Oberhausener noch gut in Erinnerung“, so Dellwig. Vermutlich der vielen guten Arbeitsplätze wegen, die dann dem Strukturwandel 2.0 von der Industriestadt zur Dienstleistungsstadt zum Opfer fielen (1988–2006). In Oberhausens „Neuer Mitte“ findet sich das Ergebnis dieses Wandels. Dieser schaffte ein neues wirtschaftliches Fundament und prägte damit auch die Identität der Menschen. Ihren Abschluss findet die Aufarbeitung im Jahr 2006, als die Planungen zum O.VISION-Zukunftspark keine Förderung vom Land NRW erhielten. Das Ende dieses Zentrums für Gesundheitsdienstleistungen stellte die letzte Zäsur in der Stadtentwicklung dar, deren Überwindung mit der Neuentwicklung des Areals noch nicht abgeschlossen ist.

 

Stellten die Ausstellung vor (v. l.): Dr. Christine Vogt, Michaela Schmitz-Oetjen und Dr. Magnus Dellwig. Foto: Petra Grünendahl.

„Fürs Publikum ist dies ein attraktiver Ort, an dem wir mit Bildern aus Oberhausens Geschichte mehr Menschen erreichen“, erklärte Magnus Dellwig, warum „Oberhausen – Aufbruch macht Geschichte“ als Ausstellung des Stadtarchivs Oberhausen im Kleinen Schloss der Ludwiggalerie zu sehen ist. Im Pressegespräch erzählten Museumsdirektorin Dr. Christine Vogt, Stadtarchiv-Leiter Magnus Dellwig und Michaela Schmitz-Oetjen, stellvertretende Leiterin des Stadtarchivs, wie der Strukturwandel Oberhausens Stadtentwicklung von 1847 bis 2006 geprägt hat. Die Ausstellung erschließt sich über Fotos und Kartenmaterialien, die über Begleittexte in Kontext gesetzt werden. Die Foto-Auswahl ermöglicht dem Betrachter, Entwicklungen nachzuvollziehen. Abgerundet wird die Präsentation inhaltlich durch Video-Filme im Kabinett, die die Diskussion um den Strukturwandel der letzten 30 Jahre auch kritisch hinterfragen.

Die alte Gutehoffnungshütte am Rhein-Herne-Kanal: Hüttenwerk Oberhausen (HOAG). Foto: Petra Grünendahl.

Eine richtige Ausstellungseröffnung ist angesichts von Corona und den Platzverhältnissen im Kleinen Schloss nicht möglich. Die Ausstellung öffnet einfach am Sonntag, 27. September. Zum Ausstellungsstart sind den ganzen Tag Mitarbeiter des Stadtarchivs vor Ort, um Fragen der Besucher zu beantworten.

 
Stadtgeschichte in Bildern und Objekten

Planmodell von Oberhauens Neuer Mitte. Foto: Petra Grünendahl.

„Wir haben ein paar Dinge entdeckt, die wichtig sind für die Stadtgeschichte“, erklärte Klaus Martin Schmidt-Waldbauer, Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Stadtarchiv. Seit 30 Jahren ist er für die Stadt Oberhausen tätig: In früheren Tätigkeiten in der Stadtentwicklung hat er die Stadtplanung in dieser Zeit mit gestaltet. Heute arbeitet er genau jene Stadtentwicklung historisch auf. Eine Karte vom Gebiet „Oberhausen“ aus dem Jahr 1857 sei extra für diese Ausstellung restauriert und aufgearbeitet worden, erzählte er. Ein silberner Tafelaufsatz von 1904, Deutschlands erster Kontoauszugdrucker (der Sparkasse Oberhausen), ein Abbauhammer und eine Wetterlampe und eine Wetterlampe:

Oberhauens Neue Mitte. Foto: Petra Grünendahl.

Die Ausstellung besteht nicht nur aus Fotos, Kartenmaterial und Begleittexten, sondern auch aus Gegenständen und Objekten mit einem Bezug zu. Zu den Highlights zählt hier mit Sicherheit das Planmodell der Neuen Mitte von 1993, welches in den 1990er-Jahren im Rathaus gestanden hatte. „Die Gebäude waren alle ein bisschen abgegriffen, die Bäume nach und nach verschwunden“, erzählte der Stadtarchivar. Liebevoll restauriert zeigt die Ausstellung dieses Stück nun unter Vitrinenglas. Diverse Fördertöpfe und Sponsoren haben diese Ausstellung erst möglich gemacht: Zum einen der Landschaftsverband Rheinland (LVR), der die wissenschaftliche Aufarbeitung von ca. 3.400 Verzeichnisinhalten im Stadtarchiv förderte, mit dem Ziel, die Erkenntnisse einer Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Zu den weiteren Sponsoren zählen unter anderem die Emschergenossenschaft, die Stadtsparkasse Oberhausen und der Freundeskreis der Ludwiggalerie. Hier gibt es den Flyer zur Ausstellung zum Download.

Oberhausen – Aufbruch macht Geschichte: das Ausstellungsplakat. Foto: Ludwiggalerie

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der sich mehr als Begleitbuch zur Ausstellung versteht. Das reich bebilderte Werk arbeitet wissenschaftlich Strukturwandel und Stadtentwicklung aus historischer Perspektive auf und geht damit über die Ausstellungsinhalte hinaus: Es ist eher ein Werk zur Stadtgeschichte. Herausgeber Magnus Dellwig, Mitarbeiter des Stadtarchivs sowie externe Historiker beleuchten Historie ebenso Entwicklungen von Thematiken, die sich durch die Stadtgeschichte ziehen. Das reich bebilderte und hochinformative Werk hat 354 Seiten, ist im Verlag Karl Maria Laufen erschienen und kostet 29,90 Euro. Erhältlich ist er im Shop im Kleinen Schloss sowie im lokalen Buchhandel (ISBN 978-3-87468-399-9).

 

 
Oberhausen vom Aufbruch zum Strukturwandel

Begleittexte führen durch die Ausstellung. Foto. Petra Grünendahl.

Die Industrialisierung und Arbeitsplätze lockten Menschen ins Gebiet des heutigen Oberhausen. Die Bevölkerung wuchs. Den Namen Oberhausen erhielt die junge Gemeinde vom 1847 neu angelegten gleichnamigen Bahnhof der Cöln-Mindener Eisenbahn in der Gemeinde Borbeck, die später zwischen Oberhausen und Essen aufgeteilt wurde. 1862 schlossen sich sieben Gemeinden zur Bürgermeisterei Oberhausen zusammen, die zuvor den Landkreisen Recklinghausen, Dinslaken und Essen bzw. Duisburg angehört hatten. Zwölf Jahre später (1874) bekam die Gemeinde Stadtrechte im 1873 gegründeten Landkreises Mülheim, der wiederum aus Teilen des Landkreises Duisburg hervorgegangen war, als Duisburg Stadtkreis wurde. 1901 wurde Oberhausen dann selber Stadtkreis.

Stadtentwicklung in Kartenmontagen. Foto: Petra Grünendahl.

Weitere Eingemeindungen folgten. Im Zuge der Kommunalen Neugliederung im Ruhrgebiet wurden am 29. Juli 1929 die Stadtkreise Oberhausen an der Ruhr, Osterfeld und Sterkrade zum neuen Stadtkreis Oberhausen (Rheinland) mit Korrekturen an den Grenzen zu den Nachbarstädten Duisburg, Mülheim an der Ruhr und Bottrop vereinigt. Die Gebietsreform von 1929 führte dazu, dass die heutige kreisfreie Stadt Oberhausen drei gewachsene Zentren hat: Oberhausen, Osterfeld und Sterkrade. Die erst Anfang der 1990er Jahre geplante „Neue Mitte“ kann heute als viertes Zentrum der Stadt gewertet werden: Auf dem Areal des ab 1969 schrittweise still gelegten Werksgeländes der Gutehoffnungshütte (später Hüttenwerke Oberhausen AG, kurz: HOAG), die zuletzt dem Thyssen-Konzern gehörte, entstanden ein Freizeit- und Einkaufszentrum sowie weitere gewerbliche, sportliche und kulturelle Angebote.

 

Strukturwandel hieß auch: Kampf um Arbeitsplätze. Foto: Petra Grünendahl.

Die 1758 in Betrieb genommenen Eisenhütte St. Antony, der ersten im Ruhrgebiet, verdankt Oberhausen den Beinamen „Wiege der Ruhrindustrie“. Sie wurde 1808 mit den Hütten Gute Hoffnung und Neu Essen zur Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi, Haniel & Huyssen (JHH) zusammengelegt, aus der dann die Gutehoffnungshütte hervorging. Mit ihrer Schließung gingen Oberhausen nicht nur viele Industrie-Arbeitsplätze verloren: Die Stadt wandelte sich vom Industrie- zum Dienstleistungszentrum.

 
Impressionen der Ausstellung. Fotos: Petra Grünendahl.

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Ludwiggalerie im Schloss Oberhausen

Silberner Tafelaufsatz von 1904. Foto: Axel Scherer, Stadtarchiv Oberhausen.

Die Sonderausstellung im Kleinen Schloss läuft bis zum 17. Januar 2021. Das Museum ist geöffnet von Dienstag bis Sonntag zwischen 11 und 18 Uhr. Montags ist Ruhetag, feiertags sowie Pfingstmontag ist jedoch geöffnet. Geschlossen ist am 24., 25. und 31. Dezember sowie 1. Januar. Der Eintritt zum Kleinen Schloss ist frei, im Großen Schloss kostet es 8 Euro (ermäßigt 4 Euro, Familien 12 Euro). Corona-bedingt gilt eine Besucherobergrenze: Im Großen Schloss (Otfried Preußler) von 80 Personen, im Kleinen Schloss (Aufbruch macht Geschichte – Strukturwandel 1847–2006) finden insgesamt 35 Leute Platz. Bei einer weiteren Lockerung der Einschränkungen könnte diese Zahl aber wieder steigen. Über die ansonsten geltenden Bestimmungen kann man sich hier informieren. So finden mittlerweile auch wieder die öffentlichen Führungen (sonn- und feiertags um 11.30 Uhr, es gilt eine Personenzahlbegrenzung) sowie das Rahmenprogramm zur Ausstellung im Großen Schloss wieder statt: Sie sind im Museumseintritt inklusive. Details zum Rahmenprogramm zu den Ausstellungen gibt es hier.

Das Große Schloss der Ludwiggalerie Schloss Oberhauen. Foto: Petra Grünendahl.

Im Großen Schloss zeigt die Ludwiggalerie noch bis zum 10. Januar 2021 die sehr sehenswerte Ausstellung „Räuber Hotzenplotz, Krabat und Die kleine Hexe. Otfried Preußler – Figurenschöpfer und Geschichtenerzähler“. Diese Ausstellung haben wir bereits besucht.

Die Ludwiggalerie Schloss Oberhausen ist eines der 21 RuhrKunstMuseen. Sie befindet sich an der Konrad-Adenauer-Allee 46 in 46049 Oberhausen. Anfahrt am besten über die A42, Abfahrt Oberhausen-Zentrum. Weitere Infos: www.ludwiggalerie.de.

Neue Mitte Oberhausen, 2020. Foto: Hans Blossey.

Sehr bemerkenswert ist die ebenfalls im Schloss Oberhausen untergebrachte, aber nicht zur Ludwiggalerie gehörige Gedenkhalle. Als städtische Einrichtung in Erinnerung an die Verfolgten des Nationalsozialismus arbeitet die Gedenkhalle seit 1962 gegen das Vergessen und für das Miteinander aller Menschen in Oberhausen. Mit der 2010 erneuerten Dauerausstellung widmet sie sich der Stadtgeschichte zwischen 1933 und 1945 sowie der Zwangsarbeit im Ruhrgebiet während der NS-Zeit. Da sollte man unbedingt mal vorbei schauen!

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Stadtbad Hamborn: Greyfield baut Immobilie zum Bürostandort um

Bauarbeiten ermöglichen Einblicke in anspruchsvolle Konstruktion
Von Petra Grünendahl

Das alte Stadtbad Hamborn wird zum Bürostandort umgebaut. Foto: Petra Grünendahl.

Über 20 Jahre gammelte das schmucke Stadtbad in Hamborn vor sich hin. 1998 wurde der Betrieb still gelegt, nachdem die Bauaufsicht eine Decke als einsturzgefährdet erklärt hatte. Auf der anderen Seite der Duisburger Straße baute die Stadt das Rhein-Ruhr-Bad, das 2003 den Betrieb aufnahm. Ungebetene Gäste hinterließen im geschlossenen Bad über Jahre ihre Spuren in Form von Zerstörung und Graffiti. Für ein Factory Outlet sollte die Immobilie reaktiviert werden: Diese Pläne zerschlugen sich jedoch. 2018 hatte die Greyfield Group aus Essen das Objekt gekauft, um es zu sanieren und zum Bürostandort umzubauen. Mit dem Jobcenter Duisburg-Nord fand man einen langfristigen Mieter, der eine Sanierung wirtschaftlich machte. Die Einrichtung der Baustelle an der Ecke Duisburger Straße / Walther-Rathenau-Straße machte auch nach außen sichtbar, dass das Stadtbad zu neuem Leben erweckt wird.

 

Das alte Stadtbad Hamborn wird zum Bürostandort umgebaut. Foto: Petra Grünendahl.

Greyfield hat sich darauf spezialisiert, notleidende Bestandsimmobilien zu revitalisieren, sie vermarktungsfähig zu entwickeln und für eine künftige Nutzung bedarfsgerecht umzubauen. „Die Sanierung von Bestandsimmobilien ist nachhaltiger als Abriss und Neubau“, erklärte Dennis Hartmann, Projektentwickler für das Stadtbad. Mit der Grundsteinlegung am 27. März 1929 begann der Bau nach den Plänen Regierungsbaumeisters Franz Steinhauer: Ein Flachdachbau in Stil der Neuen Sachlichkeit (auch: das Neue Bauen der 1920er-Jahre) mit Backsteinoptik sowie horizontaler und vertikaler Gliederung mit Fensterbändern in Muschelkalk. Die beiden Seitenflügel haben über dem Flachdach leicht geneigte Giebeldächer über den Schwimmbecken, umgeben von Flachdach. Die Backsteinfassade ist insgesamt in einem guten Zustand, der Muschelkalk bröselt an einigen Stellen: „Schadhaften Stellen bessern wir hier einfach aus“, erzählte Projektentwickler Hartmann auf einer Tour über die Baustelle. Der Erhalt der Substanz liegt den Immobilienentwicklern am Herzen: Auch in den Innenräumen wird, wo immer möglich, die Backstein-Architektur vom Putz befreit und freigelegt sowie alte Bauelemente sichtbar gemacht. Sie setzen später reizvolle Akzente in einem ansonsten modern gestalteten Arbeitsumfeld.

 

Foyer des Stadtbad Hamborn. Foto: Petra Grünendahl.

Vom Zeichenbrett Franz Steinhauers stammen außer dem Stadtbad zwei weitere Gebäude in Hamborn: Das heutige Robert-Bosch-Berufskolleg und die Polizei-Dienststelle, beide an der August-Thyssen-Straße. Die Gebäude stehen ebenso unter Denkmalschutz wie seit 2005 die Fassade des alten Stadtbades. Dass das Stadtbad nicht als Gesamtes unter Denkmalschutz steht, macht einen solchen Umbau für eine neue Nutzung erst möglich.

 

 
Aufwändige Schwimmbad-Kontruktion

Die rechte Schwimmhalle war für Herrenschwimmen vorgesehen. Foto: Petra Grünendahl.

Zwei Schwimmhallen waren im Stadtbad vorgesehen: Mit einem großen Schwimmbecken für Männer im rechten Flügel sowie einem kleineren für Frauen im linken Flügel. Die beiden Schwimmbecken waren aufwändig konstruiert und erfüllten damals sogar olympische Standards. Wegen der Möglichkeit von Bergschäden waren die Schwimmtröge aus Stahlbeton nicht mit dem Gebäudekörper verbunden. Sie ruhen jeweils auf drei Gleitlagern (Drei-Punkt-Lagerung), um leichte Bodensenkungen abfedern zu können. Die Gleitlager unter dem Schwimmtrog verfügen über massive Beton-Fundamente, die nicht mit den Fundamenten des Gebäudes verbunden sind. Das Gebäude mitsamt seinem Fundament ist quasi wie ein Karton über die Schwimmbecken samt Auflager sowie deren Fundamente drüber gestülpt.

Die Schwimmtröge liegen auf Gleitlagern mit eigenem Fundament auf. Foto: Petra Grünendahl.

Schon im ersten Jahr des Baus wurden die Arbeiten unterbrochen, als wegen der Weltwirtschaftskrise das Geld knapp wurde. Mit dem Weiterbau 1936 war das zweite Schwimmbecken überflüssig (im Nationalsozialismus durften Männer und Frauen im gleichen Schwimmbad schwimmen): Bei der Eröffnung 1938 wurde es erst gar nicht in Betrieb genommen. Um 1945 setzte man dort ein Ständerwerk aus Holz ins Becken und zog einen Schwingboden ein, um die Schwimmhalle als Sporthalle zu nutzen. Eine zweireihige Tribüne im oberen Hallenumlauf ermöglichte einen Zuschauerbetrieb. In jedem Seitenflügel des symmetrischen Baus gibt es hinter einer in Innenhöfen liegenden Apsis Wasserausgleichsbehälter (jeweils drei übereinander liegend in Beton gegossen), um bei Bedarf Wasser ins Schwimmbad nachlaufen zu lassen.

 

 
Umbau in drei Abschnitten

Rechts im Schwimmtrog ist eine Betonwand eingelassen. Auf der aufgelegten Betonplatte entstehen Büro-Trakte in Holzbau. Foto: Petra Grünendahl.

In drei Bauabschnitten baut Greyfield das mittlerweile entkernte und schadstoffsanierte Gebäude als Bürostandort um. Den Anfang macht der linke Gebäudeflügel mit der ehemaligen Sporthalle an der Walther-Rathenau-Straße. Im Schwimmbecken wurde eine Betonwand eingezogen, die den Trog verkleinert. Eine aufgesetzte Bodenplatte vergrößerte die nutzbare Bodenfläche. So entstehen auf beiden Seiten des verbleibenden Beckens Bürobereiche, die über einen mittigen Flur bzw. entlang der Außenseite Walther-Rathenau-Straße erschlossen werden. Der verbleibende Teil des Schwimmtroges wird zum Lichthof umgebaut: Die Büros auf der Innenseite (zum Schwimmtrog) haben damit Tageslicht. Die Büro-Trakte über dem Schwimmbecken werden über drei Etagen in Holz gebaut. Die beiden unteren Etagen greifen die hohen Decken der Schwimmhallen-Ebenen auf. Die dritte Etage hat normale Raumhöhe und führt über eine weitere Treppe auf ein Flachdach, auf dem weitere Büros entstehen. Die Dachterrasse zum Innenhof bietet auf dieser Ebene einen tollen Ausblick auf das Fördergerüst von Friedrich Thyssen 6. „Hier oben sind die besten Büros“, verriet Hartmann.

Über einem Teil des Schwimmtroges entstehen über drei Etagen Büro-Trakte in Holzbau. Foto: Petra Grünendahl.

Im zweiten Bauabschnitt ist der Mitteltrakt mit einer eher konventionellen Büroarchitektur dran. Dazu kommen auf den Flachdächern weitere Büro-Aufbauten. Der rechte Gebäudeflügel an der Duisburger Straße mit dem großen Schwimmbad wird im dritten Bauabschnitt nach einer Verkleinerung des Schwimmtroges ähnlich aufgebaut wie der linke Flügel. Auch hier entstehen auf drei Etagen Büroflächen in Holzbauweise. Jeweils nach Fertigstellung der einzelnen Bauabschnitte werden die Büros bezugsfertig eingerichtet. Ab Frühjahr nächsten Jahres können erste Teile bezogen werden: Dann findet das Jobcenter Duisburg Nord eine neue Infrastruktur in dem denkmalgeschützten Prachtbau vor, der dann wieder in seinem altem Glanz erstrahlen kann.

 
Impressionen von der geführten Tour durch die Baustelle. Fotos: Petra Grünendahl.

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Über die Greyfield Group

Friedrich Thyssen Schacht 6. Foto: Petra Grünendahl.

Die Greyfield Group wurde im Jahr 2012 durch Timm Sassen gegründet. Das nachhaltige Projektentwickler-Unternehmen aus Essen setzt sich aus den drei eigenständigen Marken Liwon, Stana sowie Greyfield zusammen, die jeweils in einem Lebenszyklus einer Immobilie aktiv sind und sich auf das Investment und Redevelopment von Bestandsimmobilien in B- und C-Lagen spezialisieren. Dank fachlicher Kompetenz und kreativem sowie architektonischem Gespür begeht die Greyfield Group unkonventionelle Wege, um aus Grundstücken und Immobilien mit Geschichte intelligente Neunutzungskonzepte zu schaffen, die der Region neuen Mehrwert verleihen. Vom Refurbishment über die Revitalisierung bis hin zum Redevelopment werden alle Bereiche der Immobilienbestandsentwicklung abgedeckt. Durch eine nutzerorientierte Projektentwicklung schafft die Greyfield Group neuen Lebensraum, indem ungenutzte Flächen revitalisiert werden und an die Gesellschaft in Form einer neuen inhaltlichen Zweckbestimmung zurückgegeben werden. So kommen wirtschaftliche und soziale Rendite zusammen. Die gemeinnützige Greyfield Stiftung fördert auch darüber hinausgehend Projekte, die diesen Gedanken weitergeben und die Komponenten Ressourcenschonung, Nachhaltigkeit, Urbanität und gesellschaftliche Verantwortung fördern.

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Ratssitzung in der Kraftzentrale im Landschaftspark Duisburg-Nord

Verkaufsoffene Sonntage, digitale Gremienarbeit und Corona-bedingte Mehrausgaben
Von Petra Grünendahl

Symbolfoto: Diskussionen vor der Sitzung des Stadtrates. Foto: Petra Grünendahl.

Als Dringlichkeitsbeschluss segnete der Stadtrat mehrheitlich sieben verkaufsoffene Sonntage bis Jahresende ab: Auf Anregung des Einzelhandelsverbandes Niederrhein in Abstimmung mit den Werbegemeinschaften in den Stadtteilen. Diese sollen dem durch Corona-Lockdown stark getroffenen Einzelhandel wieder auf die Beine helfen. Da die verkaufsoffenen Sonntage aber nicht mit öffentlichen Veranstaltungen in den jeweiligen Stadtteilen verbunden sind, besteht allerdings die Gefahr, dass Verdi gerichtlich dagegen vor geht, wie es in mehreren Städten in der Nachbarschaft bereits geschehen ist. Als erster Termin ist der kommende Sonntag, 20. September, in Wanheimerort vorgesehen. Die lange Schließung während des Lockdowns sowie der Wegfall von Stadt(teil)festen mit verkaufsoffenen Sonntagen haben den Einzelhandel hart getroffen. Die jetzige Entscheidung macht einen kleinen Ausgleich für verlorene Umsätze möglich, damit nicht am Ende von Corona der Einzelhandel in den Zentren noch weiter minimiert ist.

 

Symbolfoto: Vor der Sitzung des Stadtrates. Foto: Petra Grünendahl.

In letzter Sitzung trat der 2014 gewählte Rat der Stadt Duisburg zusammen: Wegen der zurzeit gebotenen Abstandsregeln in der Kraftzentrale in Landschaftspark Nord. Erst in der nächsten Woche tagt der Wahlausschuss, der das Ergebnis der Kommunalwahl absegnet. Viele Dringlichkeitsbeschlüsse standen auf der Tagesordnung, überwiegend für außerplanmäßige Aufwendungen in Folge von Corona. Laut einer Mitteilungsvorlage rechnet die Stadt für das Jahr 2020 mit Corona-bedingten Lasten in Höhe von 101,93 Mio. Euro, die aktuell größtenteils aus Mindereinnahmen bei der Gewerbesteuer bestehen. Noch nicht absehbar sind allerdings finanzielle Auswirkungen eines sinkenden Gewerbesteuer-Aufkommens in den kommenden Jahren. Hier wird uns Corona noch eine Weile begleiten.

 

 
Weitere Entscheidungen
In die Satzung der Gremienarbeit (Stadtrat, Ratsausschüsse, Bezirksvertretungen) nahm der Rat offiziell die schon seit längerem praktizierten digitalen Kommunikationsformen offiziell auf. Damit ist nun festgeschrieben, dass die früher üblichen Papierberge weitestgehend der Vergangenheit angehören.

Beschlossen wurde ein Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung, nachdem mehrere nicht-städtische Unternehmen den Zusammenschluss der GFW Duisburg verlassen haben. Die Gesellschaft für Wirtschaftsförderung Duisburg mbH soll künftig nur noch von Gesellschaftern in städtischer Hand getragen werden, aber in enger Kooperation mit Unternehmen der freien Wirtschaft. Dafür sucht die Stadt einen neuen Geschäftsführer für den zum Jahresende ausscheidenden Ralf Meurer.

Darüber hinaus segnete der Rat einen städtischen Eigenanteil in der Höhe von bis zu 200.000 Euro für den Realisierungswettbewerb zur Gestaltung des Zukunftsgartens Rheinparks ab. Dieser wird Duisburgs Beitrag zur Internationalen Garten-Ausstellung Metropole Ruhr 2027 (IGA Metropole Ruhr 2027).

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Deutsche Oper am Rhein: Comedian Harmonists in Concert im Theater Duisburg

Goldene Zwanziger in musikalischer Perfektion
Von Petra Grünendahl

Dmitri Vargin (Roman), Günes Gürle (Robert), Patrick Francis Chestnut (Erwin), Cornel Frey (Ari), Luis Fernando Piedra (Erich), Florian Simson (Harry). Foto: Hans Jörg Michel.

Mit “Wochenend und Sonnenschein” und “Mein kleiner grüner Kaktus” entführte das Vokal-Ensemble, rausgeputzt im klassischen Frack, in die Goldenen Zwanziger. Viele Lieder des Konzertabends kann selbst derjenige mitsingen, der mit den Comedian Harmonists nichts anfangen kann. Ein Sprecher (Dirk Weiler) erzählt in den Sing-Pausen die Geschichte der Comedian Harmonists, die 1927/28 in Berlin gegründet wurde. Inspiriert hatte Harry Frommermann, der Mitstreiter für ein Ensemble suchte, das amerikanische Vokal-Quartett The Revelers.

Dmitri Vargin (Roman), Günes Gürle (Robert), Cornel Frey (Ari), Luis Fernando Piedra (Erich), Florian Simson (Harry). Foto: Hans Jörg Michel.

Der moderierte Konzertabend dreht sich um die Gesangsgruppe und ihre Erfolgsgeschichte in den Jahren 1928 bis 1935, die mit der Aufsplittung der Gruppe in arisch und nicht-arisch (jüdisch) ein trauriges Ende fand. Dass drei der Gruppen-Mitglieder jüdisch waren, führte schon 1933 zu ersten Absagen. Sie waren schließlich die letzten Juden, die in Nazi-Deutschland überhaupt noch auftreten durften. Bis 1935 konnten die Comedian Harmonists zusammen auftreten, was sie nicht nur in Deutschland und Europa taten, sondern auch in Amerika.

 

Luis Fernando Piedra (Erich), Patrick Francis Chestnut (Erwin), Dmitri Vargin (Roman), Cornel Frey (Ari), Günes Gürle (Robert). Foto: Hans Jörg Michel.

Nach fast einem halben Jahr Corona-Pause präsentierte die Deutsche Oper am Rhein ihre erste Aufführung der neuen Spielzeit im Theater Duisburg. „Zu Gast“ waren die Comedian Harmonists, denen Ensemble-Sänger Stimme und Gestalt verliehen. Die Comedian Harmonists hatten sich in den Zwanziger Jahren mit der perfekten Harmonie ihres Gesangs und dem charmanten Witz ihres Auftretens nicht nur in Deutschland einen herausragenden Namen gemacht. Grandios hatte dies die Deutsche Oper am Rhein mit ihren Ensemble-Sängern hier auf die Bühne gebracht, dass man sich fast in die Goldenen Zwanziger zurück versetzt fühlte. Ein überaus dankbares und sehr begeistertes Publikum sparte – zu Recht! – weder mit euphorischen Szenen- noch mit einem riesigen Schlussapplaus. Der moderierte Konzertabend dauerte gut 75 Minuten, es gab keine Pause.

 

 
Perfekte Harmonie

Günes Gürle (Robert), Cornel Frey (Ari), Patrick Francis Chestnut (Erwin), Dirk Weiler (Moderator), Dmitri Vargin (Roman), Luis Fernando Piedra (Erich), Florian Simson (Harry). Foto: Hans Jörg Michel.

Die Rollen gibt die Besetzung der Comedian Harmonists vor, die fünf Sänger der Deutschen Oper am Rhein unter der musikalischen Leitung Patrick Francis Chestnut (in der Rolle des Pianisten Erwin) und der Choreographie von Michal Matys exzellent sangen, lebten und auslebten. Um den Tenor Harry Frommermann (Florian Simson) hatte sich 1927 in Berlin das Quintett gebildet: Ari Leschnikoff (Cornel Frey), Erich Abraham Collin (Luis Fernando Piedra), Roman Cycowski (Dmitri Vargin) und Robert Biberti (Günes Gürle), ergänzt durch Erwin Bootz (Patrick Francis Chestnut) am Piano. Wie die Originale brachten auch die Sänger der Deutschen Oper am Rhein hier eine brillante harmonische und musikalisch ganz exzellente Aufführung auf die Bühne. Für die Kostüme zeichnet Ronja Reinhardt verantwortlich, für das Licht-Design auf dem sparsamen Bühnenbild Volker Weinhart und Thomas Tarnogorski.

 

 
Ein kleiner Vorgeschmack:

 

 
Weitere Termine im Theater Duisburg:

Dmitri Vargin (Roman), Günes Gürle (Robert), Cornel Frey (Ari), Luis Fernando Piedra (Erich), Florian Simson (Harry). Foto: Hans Jörg Michel.

Di | 15. September 2020 | 19:30 Uhr,
Mi | 16. September 2020 | 19:30 Uhr,
Do | 24. September 2020 | 19:30 Uhr,
Fr | 25. September 2020 | 19:30 Uhr,
Mi | 30. September 2020 | 19:30 Uhr,
Sa | 3. Oktober 2020 | 18:30 Uhr,
Do | 22. Oktober 2020 | 19:30 Uhr und
Di | 29. Dezember 2020 | 19:30 Uhr.
Darüber hinaus gibt es verschiedene Termine im Opernhaus Düsseldorf.

 

 

Dmitri Vargin (Roman), Günes Gürle (Robert), Patrick Francis Chestnut (Erwin), Cornel Frey (Ari), Luis Fernando Piedra (Erich), Florian Simson (Harry). Foto: Hans Jörg Michel.

Eintrittskarten gibt es in der gemeinsamen Theaterkasse von Theater Duisburg und Deutscher Oper am Rhein im ehemaligen Restaurant „Theaterkeller“. Der Eingang befindet sich auf der rechten Seite des Theaters gegenüber vom Duisburger Hof (Öffnungszeiten: Mo bis Fr 10 – 18.30 Uhr, Sa 10 bis 18 Uhr). Karten bestellen kann man auch per Telefon 0203 / 283-62100, Fax 0203 / 283-62210 oder eMail karten@theater-duisburg.de. Die Theaterkasse am Eingang öffnet 60 Minuten vor Vorstellungsbeginn. Die sonst übliche Einführung im Foyer fand nicht statt. Tickets kosten 12,00 und 20,00 Euro. Möglichkeiten für Ermäßigungen bei den Ticketpreisen findet man auf den Webseiten der Deutschen Oper am Rhein bei den Buchungen aufgeführt.

 
Es gelten folgende Corona-Regeln:

Dmitri Vargin (Roman), Günes Gürle (Robert), Patrick Francis Chestnut (Erwin), Cornel Frey (Ari), Luis Fernando Piedra (Erich), Florian Simson (Harry). Foto: Hans Jörg Michel.

Das Platzangebot rund 280 im Theater Duisburg reduziert. Die Vorstellungen dauern maximal 90 Minuten, es gibt keine Pausen. Es gelten die üblichen Hygiene- und Abstandsregeln. Ein Garderobenservice steht zur Verfügung, die Gastronomie nicht.
Mehr: operamrhein.de/de_DE/wissenswertes

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Hans Jörg Michel

 

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Ludwiggalerie im Schloss Oberhausen zeigt Otfried Preußler

Figurenschöpfer und Geschichtenerzähler:
die Helden der Kindheit

Von Petra Grünendahl

Das Plakat zur Otfried-Preußler-Ausstellung.

„An die Geschichten von Otfried Preußler erinnern sich die Menschen ganz stark über die Bilder“, erzählte Museumsdirektorin Dr. Christine Vogt. Und: „Ich hätte nicht gedacht, dass es eine so vielfältige Ausstellung sein würde“, bedankte sie sich bei Kuratorin Linda Schmitz-Kleinreesink, die das komplette Werk des Autors für die Ausstellung wissenschaftlich aufbereitet hatte. Preußler erzählte alte Geschichten und Sagen, wie er sie aus Kindertagen kannte, neu, verändert und schuf unverwechselbare Figuren, denen Zeichner die optische Persönlichkeit gaben. Preußler wollte Kindern Ängste nehmen und schuf damit zum Beispiel die gute Hexe und den gutmütigen Räuber. Jeder kennt sie: „Mehrere Generationen sind mit diesen Figuren aufgewachsen – bis in die heutige Zeit“, erklärte Verlegerin Bärbel Dorweiler. „Illustrationen finden als angewandte Kunst selten den Weg ins Museum. Umso wichtiger ist mir hier auch die wissenschaftliche Aufarbeitung der Werke“, erzählte Christine Vogt, die betonte, dass die Ludwiggalerie trotz vieler Ausstellungen im grafischen Bereich kein Kindermuseum sei.

 

Stellten die Ausstellung vor (v. l.): Kuratorin Linda Schmitz-Kleinreesink, Museumsdirektorin Dr. Christine Vogt und Verlegerin Bärbel Dorweiler. Foto: Petra Grünendahl.

Otfried Preußler (1923–2013) gehört zu den bedeutendsten und einflussreichsten Kinder- und Jugendbuchautoren des deutschsprachigen Raums. Mit Geschichten wie „Der Räuber Hotzenplotz“, „Die kleine Hexe“ und „Das kleine Gespenst“ hat der Autor seit den 1950er-Jahren Figuren erschaffen, die bis heute aus den Kinderzimmern dieser Welt nicht mehr wegzudenken sind. Mit „Otfried Preußler – Figurenschöpfer und Geschichtenerzähler“ präsentiert die Ludwiggalerie im Schloss Oberhausen nun erstmals eine Aufarbeitung von Otfried Preußlers Gesamtwerk. Museumsdirektorin Dr. Christine Vogt stellte zusammen mit Kuratorin Linda Schmitz-Kleinreesink, Verlegerin Bärbel Dorweiler (Thienemann-Esslinger Verlag), Dezernent Apostolos Tsalastras und Gestalter Uwe Eichholz die Ausstellung vor. „Ich bin froh, dass wir zumindest in einem gewissen Rahmen wieder Kunst präsentieren können”, sagte Apostolos Tsalastras, Oberhausens Dezernent für Kultur und Finanzen. Immerhin ist das jetzt die dritte Ausstellung in der Ludwiggalerie, die seit dem Ende des Corona-Lockdowns möglich gemacht wurde.

Grafik: Daniel Napp: Das kleine Gespenst.

Mit zahlreichen Zeichnern arbeitete Preußler in seiner langen Schaffenszeit zusammen. Diese illustrieren nicht nur seine Geschichten, sondern erwecken die Figuren zum Leben und schufen ihre eigenen unverwechselbaren Charaktere. Die Zeichner konnten relativ frei arbeiten, ihre Figuren optisch entwickeln, jedoch immer im Dialog mit dem Autor. Viele originale Tuschezeichnungen und Illustrationen stellte der Thienemann-Esslinger Verlag, der die Rechte am Werk Otfried Preußlers besitzt, aus seinem Archiv bereit. Darüber hinaus steuerten auch die Familie (Nachlass), Zeichner und Illustratoren ihr Material für diese einzigartige Schau bereit.

 

 
Alte und neue Bildsprache

Grafik: Mathias Weber koloriert Winnie Gebhardts Die kleine Hexe.

Besonders bekannt sind die Illustrationen von F. J. Tripp, die dem Räuber Hotzenplotz sein markantes Äußeres verleihen. Die holzschnitthaften Sepia-Zeichnungen, die Herbert Holzing für Krabat erschafft, bleiben über zahlreiche Auflagen hinweg bestehen. Das unverwechselbare Aussehen der kleinen Hexe, aber auch des kleinen Wassermanns, ist der Künstlerin Winnie Gebhardt zu verdanken. Mehr als 50 ihrer originalen Tuschezeichnungen stellt der Thienemann-Esslinger Verlag eigens für die Ausstellung bereit.

Die Neuillustrationen der Klassiker durch Daniel Napp, Thorsten Saleina und Annette Swoboda sind in der umfangreichen Schau genauso vertreten wie die frühen Zeichnungen. Indem die Präsentation nahezu alle Protagonisten Preußlers vorstellt, unterstreicht sie die immense Bandbreite seines Schaffens. Zum ersten Mal beleuchtet damit eine Ausstellung grundlegend die Illustratoren, die den Büchern durch ihre eindringlichen Bilder zu großem Erfolg verholfen haben. Auch selten gezeigte Originalzeichnungen zu Hörbe, die Otfried Preußler selbst angefertigt hat, sind zu sehen.

 

 
Räuber Hotzenplotz, Krabat und Die kleine Hexe

Christiane Hansen: Das Eselchen und der kleine Engel. Foto: Petra Grünendahl.

Die Ausstellung reicht von klassischen Bilderbüchern, Geschichtensammlungen und traditionelle Sagen bis hin zu fantastischen Erzählungen. Dabei können Besucher den gesamten Preußler-Kosmos kennen lernen. Dazu gehören auch Charaktere wie die dumme Augustine, Tella, die Schildbürger und Wanja sowie einige der weniger bekannten Protagonisten. Über drei Etagen hinweg sind Otfried Preußlers Geschichten in unterschiedlichen Formaten wissenschaftlich aufarbeitet präsentiert, damit große und kleine Besucher beim Betrachten der Bilder in phantastische Welten eintauchen können.

Otfried Preußler erfreut sich bis heute großer Beliebtheit bei Groß und Klein: „Wir haben die Bücher mit den einfachen Tuschezeichnungen ebenso im Programm wie die kolorierten Ausgaben, die den heutigen Sehgewohnheiten der Kinder entsprechen“, erzählte die Verlegerin. Viele von Preußlers Geschichten wurden auch in andere Medien übertragen: Hörbücher, Theateradaptionen, Filme und Spiele zeugen von der immensen Beliebtheit der jeweiligen Werke, die bis heute Groß und Klein begeistern. Über 300 originale Zeichnungen sowie Filmrequisiten, Buchausgaben und Fotografien ermöglichen erstmals einen umfangreichen Überblick über das Wirken Otfried Preußlers und seiner Illustratoren. Insgesamt schrieb er 35 Bücher, die in mehr als 50 Sprachen übersetzt mit einer Gesamtauflage von über 50 Mio. Exemplaren weltweit bis heute begeistern.

Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen, der Otfried Preußler als Figurenschöpfer und Geschichtenerzähler ebenso vorstellt wie die bedeutendsten Zeichner seiner Figuren. Das reich bebilderte 160-seitige Werk wird herausgegeben von Museumsdirektorin Dr. Christine Vogt und Kuratorin Linda Schmitz-Kleinreesink. Für 29,80 Euro ist es an der Museumskasse ebenso zu erwerben wie im lokalen Buchhandel (ISBN 978-3-932236-44-0).

Den Flyer zur Ausstellung gibt es hier zum Download.

 
Impressionen aus der Ausstellung. Fotos: Petra Grünendahl.

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Ludwiggalerie im Schloss Oberhausen

Handpuppen aus „Räuber Hotzenplotz“ . Foto: Petra Grünendahl.

Die Sonderausstellung läuft bis zum 17. Januar 2021. Das Museum ist geöffnet von Dienstag bis Sonntag zwischen 11 und 18 Uhr. Montags ist Ruhetag, feiertags sowie Pfingstmontag ist jedoch geöffnet. Geschlossen ist am 24., 25. und 31. Dezember sowie 1. Januar. Der Eintritt kostet 8 Euro (ermäßigt 4 Euro, Familien 12 Euro). Corona-bedingt gilt eine Besucherobergrenze: Im Großen Schloss (Otfried Preußler) von 80 Personen, in der Panoramagalerie im Kleinen Schloss (Dieter Nuhr und Bahar Batvand) finden 35 Leute Platz. Bei einer weiteren Lockerung der Einschränkungen könnte diese Zahl aber wieder steigen.

Führungen können aufgrund des Coronavirus zurzeit nur mit maximal 10 Personen stattfinden. Öffentliche Führungen finden im Großen Schloss onst sonn- und feiertags um 11.30 Uhr statt. Zudem gibt es Kuratorenführungen (mit Linda Schmitz-Kleinreesink, am 25. Oktober, 15. November, 13. Dezember und 10. Januar, jeweils um 15 Uhr) und Direktorenführungen mit Dr. Christine Vogt (23. September und 11. November, jeweils um 16 Uhr). Alle Führungen sind im Museumseintritt inklusive. Details zum Rahmenprogramm zu den Ausstellungen sowie zum Museumspädagogischen Angebot gibt es https://ludwiggalerie.de/de/ausstellungen/programm/. Die Ausstellung eröffnet am Samstag, 12. September 2020, um 19 Uhr.

In der Panoramagalerie im Kleinen Schloss zeigt die Ludwiggalerie noch bis zum 13. September das Projekt „Parallel“ des Kunstvereins Oberhausen mit Werken von Bahar Batvand und Dieter Nuhr. Diese Ausstellung haben wir bereits besucht. Im Kleinen Schloss ist der Eintritt frei.

Die LUDWIGGALERIE Schloss Oberhausen ist eines der 21 RuhrKunstMuseen. Sie befindet sich an der Konrad-Adenauer-Allee 46 in 46049 Oberhausen. Anfahrt am besten über die A42, Abfahrt Oberhausen-Zentrum. Weitere Infos: www.ludwiggalerie.de.

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Grafschafter Museums- und Geschichtsverein: 400 Jahre Moerser Festungsanlagen

Alte Pläne hochwertig aufbereitet und neu interpretiert
Von Petra Grünendahl

Überlagerung des Sariac-Plans von 1762 mit dem aktuellen Katasterplan der Stadt Moers. Quelle: Stadt Moers, Fachbereich 6.

„Zu den Highlights des Buches zählt mit Sicherheit der Befestigungsplan, den ein französischer Offizier 1762 angefertigt hatte“, erzählte Prof. Dr. Margret Wensky, Herausgeberin und Mit-Autorin an einem neuen Buch zur Moerser Geschichte als Festungsstadt. Dass Friedrich II. die Festungsanlagen des seit 1702 preußischen Moers nach dem Siebenjährigen Krieg (1756–1763) und der französischen Besatzung schleifen ließ, veränderte das Stadtbild ebenso nachhaltig wie zuvor der Bau der Befestigungsanlagen zu Beginn des 17. Jahrhunderts. Moritz von Oranien (1567–1625) hatte die spanischen Besatzer vertrieben, trat nach dem niederländischen Befreiungskampf das Erbe von Walburgis (Anna Walburga von Neuenahr, 1522–1600), Gräfin von Moers, an und ließ ab 1601 Schloss und Stadt befestigen. Die Festungspläne entwickelte der flämische Baumeister Simon Stevin (1548/49–1620), der als Vater des modernen Bauingenieurswesens gilt: Moers ist die einzige von ihm geplante Festung in Deutschland. Der Bau dauerte bis ins Jahr 1620. Die Spuren dieser oranischen Befestigungsanlagen, die aus hoch aufgeschütteten Erdwällen bestanden – Kanonen konnten ihnen im Gegensatz zu Mauerwerken nichts anhaben – finden sich bis heute im Stadtbild wieder. Beim Schleifen der Wälle kämpfte der Moerser Magistrat mit dem preußischen Ortskommandanten um jeden Zentimeter Wall, nutzte dieser doch der Stadt auch als Hochwasserschutz und Abwasserführung.

 

Prof. Dr. Margret Wensky (l.) und Peter Boschheidgen (r.) stellten das Buch vor. Foto: Petra Grünendahl.

Zum Jubiläum konnte der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein in Moers e. V. (GMGV) die Bonner Geschichtswissenschaftlerin für seine neue Publikation gewinnen: „400 Jahre oranische Befestigung von Schloss und Stadt Moers 1620–2020“. Zusammen mit der Herausgeberin stellte Peter Boschheidgen, Vorsitzender des GMGV, das Werk im Rittersaal des Schloss Moers vor. Bereits im Jahr 2000 hatte Wensky ein zweibändiges Werk über die Moerser Geschichte aufgelegt, auf dessen Basis sie neue Erkenntnisse einordnet und weiter entwickelt. Einen weiteren Vorläufer hat die neue Publikation in einem Werk von Hermann Boschheidgen, Gründer des GMGV und Großvater des heutigen Vorsitzenden: „Die oranische und vororanische Befestigung von Moers nebst ihren Beziehungen zum heutigen Stadtbilde“ von 1917. Das neue Buch zu den Befestigungslagen kann viele neue Details zur Forschung beitragen, die ein komplexeres Bild der Stadtgeschichte ermöglichen: „Die Stadt gewinnt damit an Konturen, die das Stadtbild konkretisieren“, so die Historikerin. Auch habe man für das neue Buch für die bekannten und bislang unbekannten Pläne, Grundrisse und Abbildungen die heutigen technischen Möglichkeiten nutzen können, um sie mit hoher Qualität zu reproduzieren.

 

 
Neue Erkenntnisse vervollständigen das Bild der Stadt Moers

Grundriss der Festungsanlagen von Schloss und Stadt Moers um 1601/02. Quelle: Geheimes Staatsarchiv Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Berlin.

Moers gehörte zu einer ganzen Reihe von neuzeitlichen Festungsstädten. Die Überbleibsel der Festungsanlagen sind damit nicht einzigartig, aber immerhin in bemerkenswerter Weise erhalten und im Stadtbild nachzuvollziehen. Einer Belagerung musste die Festungsstadt nie Stand halten. Die Schleifung der Anlagen ermöglichte allerdings, die Moerser Innenstadt über diese Grenzen hinaus zu erweitern und zu entwickeln. Diese Entwicklung zeigt Thorsten Kamp, Beigeordneter der Stadt Moers, dem unter anderem auch die Stadtplanung obliegt, in einem Beitrag, der sich mit der Entwicklung der Stadt vom 17. bis ins 20. Jahrhundert befasst: Wie ist man in der Stadtentwicklung mit dem kulturellen Erbe umgegangen? Das Buch zieht den Bogen von der Vergangenheit in die Gegenwart, um vielleicht Anregungen für eine Stadtentwicklung der Zukunft zu geben, die das kulturelle Erbe der Stadt bewahrt.

Über das Buch hatten wir bereits im Mai berichtet:
duisburgamrhein-betrachtungen.de/2020/05/22/moers-400-jahre-oranische-befestigung-von-schloss-und-stadt/

 

Ein Standardwerk für Moers-Interessierte

Joan Blaeu d. Ä. (1596-1673), Grundriss der Festung Moers, 1649. Quelle: Grafschafter Museum im Moerser Schloss.

„Der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein ist froh, ein derartiges Großprojekt zum 400. Jubiläumsjahr der das Stadtbild prägenden oranischen Befestigungsanlage gestemmt zu haben“, sagt Peter Boschheidgen, Vorsitzender des GMGV. „Das Werk wird wegen seiner lebendigen und abwechslungsreichen Darstellung nicht nur die Fachleute begeistern, sondern jeden Leser, der sich mit der Stadt Moers und ihrer Geschichte verbunden fühlt.“ 91 Abbildungen, zum Teil bislang unveröffentlichte Pläne, Dokumente und Ansichten aus in- und ausländischen Archiven, Bibliotheken, Museen und Sammlungen, ergänzen und illustrieren die Beiträge. Das Buch „400 Jahre oranische Befestigung von Schloss und Stadt Moers 1620–2020“ (Herausgeber Prof. Dr. Margret Wensky, Veröffentlichung des Grafschafter Museums- und Geschichtsvereins in Moers e.V.) mit festen Einband und 156 Seiten kostet 29,50 Euro. Zu erwerben ist es bei der Moers Marketing GmbH oder im Moerser Schloss (Grafschafter Museum) ebenso wie im lokalen Buchhandel (ISBN 978-3-948252-01-4).
Den Flyer zum Buch gibt es hier zum Download.

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text)
Foto: Petra Grünendahl
Pläne und Grundrisse: Geheimes Staatsarchiv Stiftung Preußischer Kulturbesitz Berlin (1), Grafschafter Museum im Moerser Schloss (1) und Stadt Moers (1)

 

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DGB Duisburg-Niederrhein: Antikriegstags-Gedenken unter Corona-Bedingungen

Mit Aufklärung gegen Faschismus
Von Petra Grünendahl

Angelika Wagner. Foto: Petra Grünendahl.

„Unsere Geschichte prädestiniert uns zum Widerstand gegen Rechts“, erklärte die DGB-Vorsitzende Angelika Wagner. Die Bilder des letzten Wochenendes von Demonstranten auf den Stufen des Reichtages erinnerten fatal an eine Zeit, wo Menschen wegen einer menschenverachtenden Ideologie zu Tode kamen. „Feinde der Demokratie mischen sich unter Demonstranten, die sich missbrauchen lassen! Oder die vielleicht gar sympathisieren?“, warnte Wagner.

Christian von den Driesch. Foto: Petra Grünendahl.

Und: „Wer sich nicht abgrenzt, macht sich gemein mit diesem Gedankengut!“ – „Rechtes Gedankengut ist hier wieder ganz offen tätig“, stellte Christan von den Driesch von der Partnerschaft für Demokratie Duisburg in seinem Grußwort fest. Dagegen müssen man mit Bildungsangeboten angehen, aufklären: „Wir von der Partnerschaft für Demokratie sind da für Projektideen offen“, erklärte er das Projekt „Demokratie leben!“, für das in Duisburg Fördermittel zur Verfügung stehen, damit Lehren aus der Geschichte in der Gesellschaft ankommen.

Bürgermeister Manfred Osenger. Foto: Petra Grünendahl.

„Der Schoß ist fruchtbar noch aus dem das kroch“, zitierte Bürgermeister Manfred Osenger passend Berthold Brecht. „Seit 75 Jahren leben wir im Frieden. Das gilt es zu bewahren“, so Osenger. „Die Geschehnisse in der Welt zeigen, wie wenig wir vom rechten Radikalismus entfernt sind“, betonte Bürgermeister Osenger. Dabei brauche, so der Tenor aller Redner, es ein vielfältiges, respektvolles und gewaltfreies Miteinander, um Frieden zu gestalten.

 
 

Kranzniederlegung an der Stele (v. l.): Angelika Wagner, Christian von den Driesch und Manfred Osenger. Foto: Petra Grünendahl.

Die traditionelle Antikriegstags-Veranstaltung des DGB Duisburg-Niederrhein zum 1. September unter dem Titel „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ fand Corona-bedingt unter freiem Himmel vor dem DGB-Haus am Stapeltor statt. Der Vorplatz des Duisburger Gewerkschaftshauses bot nicht nur ausreichend Platz, sondern auch eine passende Gedenkstätte für die anschließende Kranzniederlegung:

Gedenken vor dem DGB-Haus. Foto: Petra Grünendahl.

Die Installation des israelischen Künstlers Dani Karavan* mit einer Stele und vier Särge symbolisierenden Brammenstapeln erinnert an die vier Gewerkschafter, die am 2. Mai 1933 von den Nazis im damaligen Gewerkschaftshaus an der Ruhrorter Straße gefoltert und ermordet worden waren. Der Antikriegstag wird als Gedenktag vom Deutschen Gewerkschaftsbund seit dem 1. September 1957 begangen: Hier versammeln sich Antifaschisten und Pazifisten unterschiedlichster politischer Couleur, um gemeinsam für Demokratie, Abrüstung und Frieden zu demonstrieren. Musikalisch begleitete die Sängerin Melissa Metzner die Veranstaltung.

Die Brammenstapel vor dem DGB-Haus symbolisieren Särge. Foto: Petra Grünendahl.

 

 
 
Mit Stadtspaziergang im kleinen Kreis

Robin Richterich an der evanglischen Kapelle, die an die Synagoge in der Duisburger Innenstadt erinnert. Foto: Petra Grünendahl.

Abschließend nahm Robin Richterich vom Zentrum für Erinnerungskultur zusammen mit Abdul Kader Chahin, der in Essen Lehramt u. a. für Geschichte studiert, eine (Corona-bedingt) kleine Gruppe mit auf einen Stadtspaziergang zu Gedenkorten:

Abdul Kader Chahin erzählte von der Demütigung jüdischer Duisburger vor dem Stadttheater. Foto: Petra Grünendahl.

Vom DGB-Haus über den ehemaligen Standort der Duisburger Synagoge bis hin zum Stadttheater zeichneten die beiden Geschehnisse aus der Zeit des Nationalsozialismus und spannende Geschichten von Menschen nach, die Opfer der menschenverachtenden Ideologie ihrer Zeit wurden. „Mit Geschichten von Menschen der damaligen Zeit erreicht man das Bewusstsein der Menschen heute besser als mit nackten Fakten“, erklärte Robin Richterich seinen Vermittlungsansatz, der bei der Gruppe gut ankam und einen Dialog in Gang setzte, der die Tour etwas mehr in die Länge zog als ursprünglich geplant.

*) Von Dani Karavan stammt auch der Garten der Erinnerungen, der hinter dem DGB-Haus beginnt.

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bei thyssenkrupp Steel in Duisburg

Projektplan Direktreduktion als Schritt zur klimaneutralen Stahlproduktion
Von Petra Grünendahl

Martina Merz. Vorstandsvorsitzende der thyssenkrupp AG (mitte), mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (links) und Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (rechts). Foto: Petra Grünendahl.

„Mit der Umstellung der Roheisengewinnung von konventionellen Hochöfen auf den Hochofen 2.0, der Direktreduktion mit Hilfe von Wasserstoff (H2), können wir in der Stahlproduktion massiv CO2 einsparen“, erklärte Bernhard Osburg, Sprecher des Vorstandes der thyssenkrupp Steel Europe AG, den Weg zum klimafreundlichen Stahl. Damit falle schlussendlich die bekannte Infrastruktur vom Import der Kohle bis zur Verbrennung im Hochofen ebenso weg wie die Entstehung von CO2.

Bernhard Osburg, Sprecher des Vorstandes der thyssenkrupp Steel Europe AG. Foto: Petra Grünendahl.

Am Ende der Investitionen in Höhe von mehreren Milliarden Euro entstünden durch „tkH2Steel“, einer einzigartigen Entwicklung aus dem Hause thyssenkrupp Steel, auch Effizienzvorteile in der Produktionskette. Der Projektplan steht: Auf einem Areal in der Nähe des Hafenbeckens Walsum-Süd will thyssenkrupp Steel ein Direktreduktionsanlage bauen. Bernhard Osburg übergab zusammen mit Martina Merz, Vorstandsvorsitzende der thyssenkrupp AG, den Projektplan an Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, den der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet begleitete.

 

Von links: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, Martina Merz, Vorstandsvorsitzende der thyssenkrupp AG, und Bernhard Osburg, Sprecher des Vorstandes der thyssenkrupp Steel Europe AG. Foto: Petra Grünendahl.

Peter Altmaier und Armin Laschet informierten sich bei thyssenkrupp Steel Europe in Duisburg über die grüne Transformation in der Stahlproduktion. Für Deutschlands größten Stahlhersteller empfingen die thyssenkrupp-Vorstandschefin Martina Merz und Stahl-Chef Bernhard Osburg die Gäste auf dem Werksgelände, wo die Direktreduktionsanlage („Hochofen 2.0“) gebaut werden soll. Sie übergaben den Produktionsplan für die innovative Anlage, die bis 2025 im thyssenkrupp Stahlwerk in Duisburg entstehen soll.

Martina Merz. Vorstandsvorsitzende der thyssenkrupp AG. Foto: Petra Grünendahl.

Die neue Roheisengewinnung soll die Stahlproduktion klimafreundlicher machen und die Arbeitsplätze am Stahl-Standort Duisburg langfristig sichern. Schon jetzt kommt der sauberste Stahl weltweit aus Europas größtem Stahlstandort am Rhein. Thyssenkrupps Konzern-Chefin ebenso wie der Stahl-Chef betonten, dass ein einzelnes Unternehmen die immensen Kosten für Entwicklung und Realisierung der grünen Transformation nicht alleine stemmen könne.

 
 
Bekenntnis zum Stahl

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier. Foto: Petra Grünendahl.

Wirtschaftsminister Altmaier sagte thyssenkrupp Unterstützung für die anstehenden Herausforderungen und eine Förderung der klimaneutralen Stahlproduktion zu: „Wir wollen, dass hier Stahl produziert wird, der wettbewerbsfähig ist.“ Und: „Die Transformation ist nötig, um Klimaziele zu erreichen. Schon jetzt ist jede Tonne Stahl in Deutschland umweltfreundlicher hergestellt als überall sonst in Europa und der Welt.“ NRW-Ministerpräsident Laschet ergänzte: „Diese Region hat die Grundlage für unseren Wohlstand und mit der Montanunion (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl 1952) auch für Europa gelegt.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet. Foto: Petra Grünendahl.

Wenn wir klimafreundlichen Stahl wollen, brauchen wir Unternehmen wie thyssenkrupp, die das anpacken!“ – „Wir wollen eine Führungsposition in der Transformation haben“, so thyssenkrupp-Chefin Martina Merz. „Der Stahl kann ein Vorreiter in der Industrie werden. Im Stahl liegen Potenziale auch über Deutschland hinaus.“ Über die Jahre habe thyssenkrupp mit der Modernisierung von Anlagen schon viel zur CO2-Einsparung bei der Stahlproduktion unternommen.

Von links: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier, Martina Merz, Vorstandsvorsitzende der thyssenkrupp AG, und Bernhard Osburg, Sprecher des Vorstandes der thyssenkrupp Steel Europe AG. Foto: Petra Grünendahl.

Duisburg und das Ruhrgebiet könnten hier zum Innovationstreiber werden, so Merz. Die Wasserstoff-Strategie der thyssenkrupp Steel schaffe gute Voraussetzungen dafür: „Wir müssen die grüne Transformation in Deutschland, Europa und der Welt durchsetzen, weil sie maßgebliche Impulse für Europa und die Klimaneutralität geben.“

 

 
 
Hochofen 2.0 und tkH2Steel

Von links: NRW-Ministerpräsident Armin Laschet, Martina Merz, Vorstandsvorsitzende der thyssenkrupp AG, und Bernhard Osburg, Sprecher des Vorstandes der thyssenkrupp Steel Europe AG. Foto: Petra Grünendahl.

Mit einer neuen Direktreduktionsanlage („Hochofen 2.0“) will thyssenkrupp Steel die Roheisengewinnung revolutionieren: Hier wird kein Koks mehr verfeuert, um die Sauerstoffanteile im Eisenerz zu reduzieren. Der im Koks enthaltene Kohlenstoff verbindet sich mit Sauerstoff zu CO2, den man aber vermeiden will. Stattdessen soll in einem Kaltprozess Wasserstoff aus Eisenerz sauerstoffreduzierten Eisenschwamm machen. So entstehen im Reduktionsprozess keine CO2-Emissionien mehr. Flüssig wird das Eisenerz erst danach, wenn es eingeschmolzen wird. Das Schmelzaggregat, das thyssenkrupp Steel in einem zweiten Entwicklungsschritt ab 2026 entwickelt, soll elektrisch (mit grünem Storm) klimaneutral arbeiten. Der Reduktionszylinder bildet dann mit dem innovativen Schmelzaggregat den Hochofen 2.0, der in die Prozessketten eingebunden wird. Das sichert den Erhalt des bestehenden integrierten Produktionsstandortes mit dem Beibehalt des kompletten Produktportfolios. Bis 2030 sollen damit CO2-Emissionen um 30 Prozent gesenkt werden. 2050 will thyssenkrupp Steel klimaneutral sein.

 

Hochofen 8 von thyssenkrupp Steel. Foto: Petra Grünendahl

Schon jetzt erprobt thyssenkrupp Steel, Wasserstoff in der Roheisengewinnung im konventionellen Hochofen, um die Zufuhr von Kohlenstaub und damit die CO2-Emissionen zu reduzieren. Was den Stahl aus Duisburg zum klimafreundlichsten weltweit macht!

 

 
 
thyssenkrupp Steel Europe AG

Abstich am Hochofen 8 von thyssenkrupp Steel. Foto: Petra Grünendahl

Die thyssenkrupp Steel Europe AG mit Unternehmenssitz in Duisburg ist eine Tochtergesellschaft der thyssenkrupp AG, Essen, und gehört zu den weltweit führenden Anbietern von Qualitätsflachstahl. Der Geschäftsbereich Steel Europe mit rund 27.000 Mitarbeitern und hoch effizienten Anlagen produziert jährlich ungefähr 12 Millionen Tonnen Rohstahl – und ist damit der größte Flachstahlhersteller in Deutschland. Dabei erwirtschaftet die Stahl-Sparte des Konzerns mit rund 1.800 verschiedenen Stahlsorten im Portfolio einen Jahresumsatz von knapp 9 Mrd. Euro.

Hauptverwaltung von thyssenkrupp Steel in Bruckhausen. Foto: Petra Grünendahl.

Das Duisburger Werk ist das Herz des Unternehmens. Die Lage am Rhein ist dabei seit Gründung des Standortes im Jahr 1891 ein unschätzbarer Standortvorteil: Mit einer Fläche von rund 10 Quadratkilometern (1.000 Hektar) verfügt das Stahlwerk nicht nur über 400 Gleiskilometer im Werk und Anschlüsse an das Bahnnetz, sondern auch über zwei Häfen (Schwelgern und Walsum-Süd) am Rhein. Weiterverarbeitungsstufen finden sich in den Werken Bochum, Dortmund und im Siegerland mit modernen Walz- und Beschichtungsanlagen. Electrical Steel in Gelsenkirchen steht für hochwertiges kornorientiertes Elektroband; eine zweite Tochtergesellschaft in Andernach zählt wiederum zu den Weltmarktführern für Verpackungsstahl. Steel ist nicht nur in Deutschland aktiv, sondern ist über ein Joint Venture zudem auf dem chinesischen Markt für hochwertige, feuerbeschichtete Bleche für die Automobilindustrie vertreten.

 
© 2020 Petra Grünendahl (Text und Fotos)

 

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Sechs-Seen-Wedau: Lärmschutzwall für das neue Duisburger Stadtquartier

Symbolischer Spatenstich leitet Erschließung ein
Von Petra Grünendahl

Oberbürgermeister Sören Link. Im Hintergrund laufen die Arbeiten am Fundament des Lärmschutzwalls. Foto: Petra Grünendahl.

Die Bauarbeiten sind längst im Gange, auch das Fundament für den Lärmschutzwall ist schon weitgehend gesetzt. Corona-bedingt verspätet ließen sich GEBAG-Geschäftsführer Bernd Wortmeyer und Oberbürgermeister Sören Link den (symbolischen) ersten Spatenstich nicht nehmen. Die Anwesenheit der NRW-Bauministerin* Ina Scharrenbach zeigt die Bedeutung der Flächenentwicklung an dieser Stelle: „Es ist zur Zeit das größte Wohnungsbauprojekt in NRW“, so die Ministerin. Rund 3.000 bis 3.500 Wohnungen sollen auf dem ehemaligen Rangierbahnhofsgelände der Deutschen Bahn in Wedau entstehen – mit einem eigenen Nahversorger.

Bernd Wortmeyer, Geschäftsführer der GEBAG. Foto: Petra Grünendahl.

In unmittelbarer Nachbarschaft zur Sechs-Seen-Platte entsteht ein neues Stadtquartier mit immenser Bedeutung für die Stadtentwicklung Duisburgs „mit hoher Wohnqualität und viel Grün“, so OB Link. Es ist neben dem Quartier am Alten Angerbach, dem Alten Güterbahnhof und Wedau-Nord (ehemaliges DB-Ausbesserungswerk) die vierte große Flächenentwicklung, die die städtische Immobilien-Tochter GEBAG Hand in Hand mit der Stadt Duisburg voran treibt.

 

Am arbeiten (v. l.): Bernd Wortmeyer, Ina Scharrenbach und Sören Link. Foto: Petra Grünendahl.

Zum Spatenstich hatten sich neben OB Link, GEBAG-Chef Wortmeyer und Ministerin Scharrenbach zahlreiche Lokalpolitiker, Planer und Projektbeteiligte eingefunden, den „Startschuss“ zu feiern. Der Lärmschutzwall entsteht an der östlichen Grundstücksgrenze zur Bahntrasse: Mit einer Gesamtlänge von ca. 2,5 Kilometern und einer Höhe von bis zu 15 Metern schützt er das neu entstehende Wohnquartier vor Lärmbelastung durch den Zugverkehr. Die GEBAG errichtet den Wall mit seinen begrünten Wandflächen, die das neue Wohngebiet vor Lärm schützen, aber diesen auch nicht in die Wohngebiete auf der anderen Seite der Bahntrasse reflektieren sollen. Der Lärmschutzwall inklusive Wand auf Erdbauwerk und Begrünung soll bis Herbst 2021, die Bodensanierung der Flächen bis Ende 2021 fertig sein.

Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW. Foto: Petra Grünendahl.

Die Verlegung der Kleingartenanlage ist bereits im Bau: Bis Ende Februar 2021 stehen Erholungsgartenanlage inkl. Vereinsheim. Die Vermarktung der Baufelder für den Wohnungsbau will die GEBAG im zweiten Quartal 2021 beginnen. Etwa 7.000 Menschen sollen in dem Quartier eine neue Heimat finden. Infrastrukturelle Angebote vor Ort, Bildungs- und Betreuungseinrichtungen sowie vielfältige Freizeitmöglichkeiten in direkter Wasserlage prägen das neue Quartier. Der Bebauungsplan, erzählte Bernd Wortmeyer, mache keinen strengen Vorgaben, was entstehen soll. Das ermögliche der GEBAG, vieles im Gespräch mit den Investoren direkt festmachen zu können.

 

 
Impressionen. Fotos: André C. Sommer

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Vier Wohnquartiere

Der denkmalgeschütze Wasserburm bleibt erhalten. Foto: Petra Grünendahl.

Auf den rund 60 Hektar Fläche im südlichen Teil von Sechs-Seen-Wedau (dem ehemaligen Rangierbahnhof) sieht ein Rahmenplan vier Wohnquartiere mit unterschiedlichen gestalterischen Schwerpunkten vor, die sich an eine breit gefächerte Zielgruppe richten. Das Quartier am Wasserturm sichert die infrastrukturelle Versorgung des neuen Stadtteils: Neben Einzelhandel im Nahversorgungszentrum werden hier eine Schule und eine Kindertagesstätte angesiedelt. Durch Erhaltung der denkmalgeschützten Elemente des ehemaligen Rangierbahnhofs wie Stellwerk und Ziegelwasserturm verbindet das als Sonder- und Mischgebiet ausgewiesene Baugebiet auf eine attraktive Weise die Geschichte des Standorts mit der zukunftsweisenden Funktion, die Sechs-Seen-Wedau in der Stadtentwicklung Duisburgs übernehmen soll.

Das denkmalgeschütze Stellwerk links bleibt erhalten. Foto: Petra Grünendahl.

Die Neue Gartenstadt nimmt die bereits bestehende Bebauung in Wedau in ihrer Architektursprache auf und wird größtenteils Geschosswohnungsbau im Gartenstadtcharakter vorweisen. Durch seine direkte Lage am See weiß das Seequartier als urbaner Stadtraum mit hoher Lebensqualität zu überzeugen. Der Anschluss an den Masurensee auf der Westseite des Quartiers erfolgt über die neue Ufer-Promenade. Weiterhin ist die Einrichtung einer weiteren Kindertagesstätte geplant. Das sich südlich an den Uferpark anschließende Quartier am Uferpark bildet den südlichen Abschlusspunkt der Wohnbebauung von Sechs-Seen-Wedau. Hier sind Ein- und Mehrfamilienhäuser in aufgelockerter Struktur geplant.

Lokalpolitiker, Planer und Projektbeteiligte feierten den Start am neuen Stadtquartier. Foto: André C. Sommer.

Die für Sechs-Seen-Wedau vorgesehen Außenraumplanung legt viel Wert auf den Erhalt und die zeitgleiche Neuschaffung von öffentlichen Grünräumen sowie großzügigen Zonen mit hoher Aufenthaltsqualität – sowohl für die Bewohner des neuen Stadtteils, als auch für alle Duisburger. Auch Aufenthaltszonen direkt am Wasser sind vorgesehen: Die Sorge, dass die Uferzonen komplett zugebaut werden könnten, ist also unbegründet!

Lokalpolitiker, Planer und Projektbeteiligte feierten den Start am neuen Stadtquartier. Foto: Petra Grünendahl.

Ziel der Planung ist es, eine attraktive Wegeführung für Fußgänger und Radfahrer zu schaffen, um so den Autoverkehr ganz automatisch im Sinne der „grünen Stadt von morgen“ zu reduzieren. Plätze und Querungsmöglichkeiten schaffen Begegnungsräume, eine hohe Aufenthaltsqualität belebt zugleich das gesamte Quartier.
https://www.gebag.de/flaechenentwicklung/6-seen-wedau/
https://www.6-seen-wedau.de/home/

 

 
Geschichte des Areals

Ansicht des alten Rangierbahnhofsgeländes von der Wedauer Brücke aus im Mai 2018. Foto: Petra Grünendahl.

Den Rangierbahnhof Wedau errichtete die Reichsbahn Ende des 19. Jahrhunderts in der „Huckinger Mark“. Der entlang der Rheinschiene und im Ruhrgebiet rapide zunehmende Güter- und Bahnverkehr führte zu einer vermehrten Überlastung der Hauptbahnhöfe. Als Reaktion hierauf wurde in den 1920er-Jahren der Rangierbahnhof Wedau zu einem der größten Verschiebebahnhöfe ausgebaut. Um die Baumaßnahmen schnell und kostengünstig umsetzen zu können, baggerte man große Kies- und Sandmengen aus der direkten Umgebung ab: So entstanden im Laufe der Zeit die für den Stadtteil Namens gebenden „Sechs Seen“, die zum Teil ineinander greifen, zum Teil nur durch schmale Landzungen voneinander getrennt sind (Masuren-, Warnbach-, Böllert-, Wildförster-, Wolfs- und Haubachsee). Im Jahr 2004 legte die Deutsche Bahn Rangierbahnhof und das angeschlossene Ausbesserungswerk schließlich still. Seither liegt das Areal südöstlich der Duisburger Innenstadt zwischen den Ortsteilen Wedau und Bissingheim brach.

Oberbürgermeister Sören Link. Im Hintergrund laufen die Arbeiten am Fundament des Lärmschutzwalls. Foto: André C. Sommer.

Das Areal liegt verkehrsgünstig zwischen der Autobahn A3, dem Sportpark Wedau und der Sechs-Seen-Platte. Die Fläche unterteilt sich in eine circa 30 Hektar große Nord- und eine circa 60 Hektar große Südfläche. Auf der Südfläche entsteht das Wohnquartier „Sechs-Seen-Wedau“, im nördlichen Teil der Fläche entsteht ein Universitäts- und Technologiezentrum mit zahlreichen Arbeitsplätzen. Im Dezember 2019 hat die GEBAG Flächenentwicklungsgesellschaft mbH (GEBAG FE) das Gelände von der Bahn gekauft: Sie ist nicht nur Erschließungsträgerin, sondern wird die Fläche im Duisburger Süden auch vermarkten. Darüber hinaus errichtet sie den Lärmschutzwall und übernimmt den Bau der rund 300 auf der Fläche geplanten öffentlich geförderten Wohnungen. Die Stadt Duisburg hat die Planungshoheit über die Fläche. Die GEBAG FE und die Stadt Duisburg bilden gemeinsam das „Team Wedau“, das hier in der Stadtentwicklung Akzente setzen will.

 

 
GEBAG

Sechs-Seen-Wedau, Foto: Michael Oberländer / Gebag.

Die Duisburger Gemeinnützige Baugesellschaft AG (GEBAG) wurde 1872 gegründet und zählt zu den ältesten Baugesellschaften Deutschlands. Seit 2012 ist die heutige GEBAG Duisburger Baugesellschaft mbH mit aktuell über 12.300 Wohnungen das größte Immobilienunternehmen der Stadt. Sie bietet rund 35.000 Duisburgern ein Zuhause: Bezahlbar und in einer guten, zeitgemäßen Qualität. Die GEBAG ist das kommunale Immobilienunternehmen der Stadt Duisburg und beschäftigt rund 190 Mitarbeiter. Seit mehr als 140 Jahren prägt sie die Gestaltung und Entwicklung der Stadt Duisburg maßgeblich mit.
www.gebag.de
 

*) der vollständige Titel lautet: Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung des Landes NRW

© 2020 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Petra Grünendahl (8), André C. Sommer (5), Michael Oberländer / Gebag (1)

 

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