Ballett am Rhein: b.24 – Drei Uraufführungen begeisterten im Theater Duisburg

Kleine Episoden von Geschichten und Gefühlen
Von Petra Grünendahl

b.24 Ballett am Rhein

b.24 Ballett am Rhein „Illusion“ von Young soon hue: Alexandre Simões, Yuko Kato. Foto: Gert Weigelt.

Die Tänzerin (Yuko Kato) lässt ihr Leben an sich vorbei ziehen. Zwischen der Realität, der Vergangenheit, den Träumen und der Illusion bewegen sich ihre Schritte und Gesten. Dabei begleiten die Liebe (Alexandre Simões) und der Schutzengel (Marcos Menha) ihren Weg, kreuzen ihn wieder und wieder. Zu einem Doppelkonzert für Violine, Violoncello und Orchster von Philip Glass hat die südkoreanische Choreographin Young Soon Hue ihr Stück „Illusion“ rund um eine Frauenfigur herum aufgebaut, zu der sich Yuko Kato inspiriert hatte. Diese Figur steht im Mittelpunkt, um die Tänzerin herum kreist das Leben und die anderen Tänzer – neben Simões und Menha drei Traum-Paare und das Ensemble.

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b.24 Ballett am Rhein „Illusion“ von Young soon hue: Ensemble. Foto: Gert Weigelt.

Fast schon klassisch mutet der neue Ballettabend von Martin Schläpfer an, der unter dem Titel „b.24“ im Theater Duisburg eine viel umjubelte Premiere feierte. Drei Stücke moderner Choreographen hatte Ballettdirektor Schläpfer mit dem Ballett am Rhein auf die Bühne gebracht, die hier ihre Uraufführung erlebten. Die kleinen Episoden getanzter Geschichten und Emotionen kamen beim Publikum gut an. Jedem Choreographen war ein eigener Abschnitt des zweieinviertelstündigen Programms gewidmet, unterbrochen von zwei Pausen. Mit tosendem Applaus verabschiedete das Publikum die Akteure nach jeder Sequenz, die jede in sich abgeschlossen und mit eigenem Charakter zugleich ein stimmiger Teil eines Gesamtarrangements darstellte, das Martin Schläpfer passend zusammengestellt hatte.

Von der Einsamkeit zur Annäherung

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b.24 Ballett am Rhein „Lonesome George“ von Marco Goecke: Christian Bloßfeld, Nathalie Guth. Foto: Gert Weigelt.

Als die Riesenschildkröte „Lonesome George“ 2012 über 100-jährig auf den Galápagos-Inseln starb, galt sie als letzte ihrer Art (verwandte Arten wurden erst nach seinem Tod auf Nachbarinseln gefunden). Das Aussterben einer Art hatte den Wuppertaler Choreographen Marco Goecke zu seinem Stück „Lonesome George“ inspiriert. Die musikalischen Grundlage ist Dmitri Schostakowitschs Streichquartett Nr. 8 C-Moll op. 110, das Rudolf Barschai als Kammersinfonie bearbeitet und umgeschrieben hatte. Dieses Werk griff Goecke auf für sein Spiel von Einsamkeit und der Suche nach „anderen“. Während die Beine der Tänzer in ihren dunklen Hosen mit minimalen Bewegungen fast unsichtbar sind, lebt das Stück vom immensen Bewegungsdrang der Oberkörper – als „hibbelig“ bezeichnete es Dramaturgin Anne do Paço in der Einführung sehr treffend –, die sich einander annähern und wieder auf Abstand gehen. Eine Ode an ein Miteinander, welches „Lonesome George“ als vermeintlich letztem seiner Art nicht mehr vergönnt war.

Von der Lust an der Bewegung

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b.24 Ballett am Rhein „Voices borrowed“ von Amanda Miller: Ensemble. Foto: Gert Weigelt.

Den Ballettabend beschließt eine Choreographie von Amanda Miller, „Borrowed Voices“, zu Arnold Schönbergs Konzert für Streichquartett und Orchester B-Dur nach Georg Friedrich Händesl barockem Concerto grosso op. 6 Nr. 7 B-Dur. Das fröhliche, temperamentvolle Stück setzte die amerikanische Choreographin in lebendigen Tanz um. Wie auch die beiden anderen Choreographen des Abends hatte Miller eine Ballettausbildung absolviert und selber getanzt, bevor sie anfing, eigene Stücke zu kreieren. Ähnlich dem Komponisten Schönberg, der 1933 aus Nazideutschland emigriert war, ist auch Miller das Finden einer neuen Heimat nicht fremd: ein Motiv, welches sich in „Borrowed Voices“ wieder findet. Dabei lässt Miller den Tänzern Raum für eigene Kreationen, die in der intuitiven Lust am Tanzen ihren Ausdruck finden.

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b.24 Ballett am Rhein „Voices borrowed“ von Amanda Miller: Helen Clare Kinney, Richard Jones. Foto: Gert Weigelt.

Wie ein roter Faden zieht sich das Bildhafte durch den Abend: Getanzte Geschichten, die dem Publikum den Zugang zu den Stücken sehr erleichtern. Die Verbindung mit einem Ensemble, das neben seinem Können auch die pure Tanzfreude rüber bringt, verspricht dem Publikum einen genussvollen Ballettabend, den die begeisterten Zuschauer denn auch bei der Premiere im Theater Duisburg mit tosendem Applaus würdigten. Die Duisburger Philharmoniker glänzten unter der Leitung von Wen-Pin Chien. Als Solisten aus eigenen Reihen setzten Siegfried Rivinius, Matthias Bruns (beide Violine), Mathias Feger (Viola) und Friedemann Pardall (Violoncello) musikalische Akzente, wo eine besondere Betonung der Streicher gefordert war.

Ein kleiner Vorgeschmack …
https://www.youtube.com/watch?v=B-rw9InI5FA

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b.24 Ballett am Rhein „Lonesome George“ von Marco Goecke: Nathalie Guth, Christian Bloßfeld. Foto: Gert Weigelt.

Weitere Termine im Theater Duisburg:
Mi | 13. Mai 2015 | 19:30 Uhr,
Mi | 17. Mai 2015 | 15:00 Uhr,
Mi | 23. Mai 2015 | 19:30 Uhr,
Mi | 29. Mai 2015 | 19:30 Uhr,
Mi | 19. Juni 2015 | 19:30 Uhr und
Mi | 26. Juni 2015 | 19:30 Uhr.

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b.24 Ballett am Rhein „Lonesome George“ von Marco Goecke: Sonny Locsin, Mariana Dias. Foto: Gert Weigelt

Karten gibt es im Opernshop, der sich zur Zeit im Theater Duisburg in der Kassenhalle befindet (Öffnungszeiten: Mo bis Fr 10 – 18.30 Uhr, Sa 10 bis 18 Uhr), oder unter Telefon 0203 / 9407777. Die Theaterkasse öffnet 60 Minuten vor Vorstellungsbeginn. Eine halbe Stunde vor Beginn gibt es eine Einführung im Opernfoyer, die einen kurzen Überblick in die Oper, ihre Handlung und ihre Entstehung gibt. Tickets kosten zwischen 16,10 und 56,00 Euro. Möglichkeiten für Ermäßigungen bei den Ticketpreisen findet man hier.

© 2015 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Gert Weigelt, Köln / Deutsche Oper am Rhein

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