Sibel Güner (Şirin Kiliç), 21 Jahre jung und lebenshungrig, hat einen Selbstmordversuch hinter sich. Im Krankenhaus begegnet sie Cahit Tomruk (Günes Gürle), gute zwanzig Jahre älter als sie, der sich ebenfalls umbringen wollte. Zwei zerrissene Seelen, die ausbrechen wollten aus einem Leben, mit dem sich nicht klarkommen. Sibel bittet Cahit, sie zu heiraten, damit sie aus den Zwängen ihrer traditionellen Familie raus kommt. Cahit willigt schließlich ein. Auch ihre Familie – Vater Yunus (Michail Milanov), Mutter Birsen (Sarah Ferede) und Bruder Yilmaz (Tansel Akzeybek) – stimmt zu. Sie heiraten.

Tansel Akzeybek (Yilmaz Güner), Sarah Ferede (Birsen Güner), Sirin Kiliç (Sibel), Michail Milanov (Yunus Güner). Foto: Hans Jörg Michel.
Ein „Spiel der Welt“, dass die Emotionen der Zuschauer traf
Aufgewühlt und emotional berührt waren die Zuschauer – unabhängig von Herkunft und Alter übrigens. Denn bis ins hohe Alter fühlten sich Menschen angesprochen, wie mir ein Mann jenseits der Achtzig versicherte. Mit „Gegen die Wand“ erreichte die Deutsche Oper am Rhein auch in einem viel größeren Rahmen ein jugendliches Publikum, Schüler, aber auch Studenten.
In Schulen war die Thematik im Vorfeld besprochen worden, die Schüler hatten sich intensiv damit befasst. Die Ergebnisse der Schülerarbeiten und wie sehr sie sich in der Thematik selber wieder finden, kann man in einer Fotoausstellung vor dem Opernfoyer sehen.

Breakdancer der Projektgruppe „Oper meets HipHop“ / aktuelles forum nrw, Projektchor.
Foto: Hans Jörg Michel.
Disharmonien zeigen Zerrissenheit der Charaktere
Bereits 2008 war die Oper von Ludger Vollmer in Bremen uraufgeführt worden. Vollmer arbeitet mit einem eigenen Libretto (Text), welches sich sehr nah am Drehbuch orientiert. Das Theater Duisburg ist das fünfte Haus, an dem die Oper läuft. Die Duisburger Philharmoniker sitzen bei diesem Stück nicht im Orchestergraben, sondern hinter der Bühne auf einer Empore. Die Bühne ist bis zu den Zuschauerreihen gezogen, ein Steg führt mitten ins Publikum. Selten sitzt man im Parkett dermaßen dicht an der Handlung – oder sogar zuweilen mittendrin.

Sirin Kiliç (Sibel), Conny Thimander (Niko), Günes Gürle (Cahit), Projektchor. Foto: Hans Jörg Michel.
Nach der Hochzeit stürzt Sibel sich ins Leben, in die Freiheit, die ihr im Elternhaus verwehrt war. Cahit verliebt sich allmählich doch in seine Frau, die aber mit den für ihn erwachenden Gefühlen nicht klarkommt. Als Barkeeper Niko (Conny Thimander) Cahit mit der Untreue Sibels provoziert und bis aufs Blut reizt, erschlägt dieser ihn. Hier endet der erste Akt: Schnitt. Pause.
Cahit geht ins Gefängnis. Sibel verspricht, auf ihn zu warten. Sie geht nach Istanbul, nachdem sie von ihrer Familie – zu deren Ehrenrettung – verstoßen wurde. Dort arbeitet sie zunächst bei Cousine Selma (Elisabeth Selle) im Hotel, zieht dann aber zu Hüseyin (Conny Thimander), in dessen Bar sie zu arbeiten anfängt. Sie stürzt ab mit Drogen und Alkohol, wird vergewaltigt und dann auch noch fast tot geschlagen wird. Nach einem Neuanfang kriegt sie ihr Leben in den Griff.
Jahre später: Cahit folgt Sibel nach seiner Entlassung nach Istanbul. Sie treffen sich, lieben sich. Er bittet sie, mit ihm zu kommen. Ein Happyend? Aber als er am Busbahnhof auf sie wartet, erscheint sich nicht. Er fährt allein – auf der Suche nach seinem Platz im Leben.
„Oper meets HipHop“ – mittendrin, statt nur dabeiEinzigartig an der Duisburger Aufführung von „Gegen die Wand“ in der Inszenierung von Gregor Horres ist die Integration von Rap und Breakdance. Die Projektgruppe „Oper meets HipHop“ des aktuellen forum nrw hatte sich intensiv mit der Oper befasst. Jugendliche und junge Erwachsene hatten in Wochenend-Workshops Rap-Gesänge erarbeitet, die Komponist Ludger Vollmer in seine Oper und in die Partitur integrierte. Neben der gekonnten Breakdance-Einlage am Anfang, die vom sachkundigen „jungen Publikum“ applaudierend gefeiert wurde, hatten vier Rapper in drei Szenen ihren Auftritt.

Projektgruppe „Oper meets HipHop“ / aktuelles forum nrw, Sirin Kiliç (Sibel). Foto: Hans Jörg Michel.
Ein kleiner Vorgeschmack auf die Rap-Songs:
https://www.youtube.com/watch?v=0oR6DpYZWds
https://www.youtube.com/watch?v=VhE-DRf2I_E
Und ein Teaser der Deutschen Oper am Rhein:
http://www.youtube.com/watch?v=tPyvwUEOM-o
Weitere Termine im Theater Duisburg:
Sonntag | 22. Juni 2014 | 15:00 Uhr,
Mittwoch | 25. Juni 2014 | 19:30 Uhr und
Sonntag | 29. Juni 2014 | 18:30 Uhr.
Karten gibt es im Opernshop an der Düsseldorfer Straße 5 – 7 (Öffnungszeiten: Mo bis Fr 10 – 19 Uhr, Sa 10 bis 18 Uhr) oder unter Telefon 0203 / 9407777. Die Abendkasse öffnet 60 Minuten vor Vorstellungsbeginn. Eine halbe Stunde vor Beginn gibt es eine Einführung im Opernfoyer, die einen kurzen Überblick in die Oper, ihre Handlung und ihre Entstehung gibt. Tickets kosten zwischen 16,10 bis 56,00 Euro. Möglichkeiten für Ermäßigungen bei den Ticketpreisen findet man hier.
© 2014 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Hans Jörg Michel, Mannheim / Deutsche Oper am Rhein
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