Publikum feierte Duisburger Premiere von Martin Schläpfers Ballettabend „b.16“ enthusiastisch

Schläpfers „Nacht umstellt“ fasziniert im Spannungsfeld musikalischer Stile

Jerome Robbins: AFTERNOON OF A FAUN. Alexandre Simões, Nicole Morel. Foto: © Gert Weigelt.

Jerome Robbins: AFTERNOON OF A FAUN. Alexandre Simões, Nicole Morel. Foto: © Gert Weigelt.

Zur Musik „Afternonn of a Faun“ von Claude Debussy betritt die Tänzerin (Nicole Morel) den Ballettsaal. Ein Tänzer (Alexandre Simões) liegt auf dem Boden. Sie sieht ihn nicht, fängt an zu proben. Er steht auf, kommt näher, sie tanzen miteinander ohne sich anzuschauen. Er spielt mit ihr, sie spielt mit ihm im Pas de deux. Ihre Blicke sind ins Publikum (auf die Spiegelwand) gerichtet, um ihre eigenen Bewegungen zu perfektionieren. Zuletzt haucht er ihr einen Kuss auf die Wange: die einzige Berührung, die ihr gilt und nicht dem Tanz. Schließlich verlässt sie den Ballettsaal und er legt sich wieder auf den Boden. Vorhang. Tosender Applaus!

Der sechzehnte Ballettabend unter Ballettdirektor Martin Schläpfer feierte im Theater Duisburg Premiere. Den Auftakt des Abends bildeten „Afternoon of a Faun“ vom amerikanischen Choreographen Jerome Robbins (1953) und „Without Words“ vom Niederländer Hans van Manen (2010). Im zweiten Teil des Ballettabends „b.16“ kam „Nacht umstellt“ in der Choreographie von Martin Schläpfer zu seiner Duisburger Uraufführung. Die Duisburger Philharmoniker begleiten hier erstmals das Ballett am Rhein bei „Afternoon of a Faun“ und bei „Nacht umstellt“. Das Ballett-Ensemble tanzte auf seiner ersten Duisburger Premiere in dieser Spielzeit vor nahezu ausverkauftem Haus und einem euphorischen Publikum, das die Akteure auf, vor und hinter der Bühne enthusiastisch feierte.

Hans van Manen: WITHOUT WORDS. Julie Thirault, Marcos Menha. Foto: © Gert Weigelt.

Hans van Manen: WITHOUT WORDS. Julie Thirault, Marcos Menha. Foto: © Gert Weigelt.

Im zweiten Stück des ersten Teils, „Without Words“, umwerben drei Solotänzer (Marcos Menha, Bogdan Nicula, Paul Calderone) nacheinander eine Solotänzerin (Julie Thirault). Zu vier „Mignon-Liedern“ von Hugo Wolf – ohne Worte, nur mit Klavierbegleitung (die Idee stammte von Pianist und Dirigent Reinbert de Leeuw) – ließ dann auch Choreograph Hans van Manen seine Tänzer die Solo-Dame betören. Operndirektor Stephen Harrison interpretiert „Without Words“ am Klavier, die „Sprache“, die den Wolf-Stücken genommen war, allein den Tänzern überlassend. Mehr noch als im ersten Stück war hier die Spannung zwischen Mann und Frau spürbar. Spannung, die sich aber immer wieder anders ausdrückte: Drei unterschiedliche Interpretationen des Pas de deux, des Tanzes zu zweit, der Begegnungen von Mann und Frau. Und am Ende geht alles auseinander: Keiner gewinnt. Vorhang. Tosender Applaus!

Mit „Nacht umstellt“ lieferte Martin Schläpfer die Choreographie zum Hauptstück des Abends. Dafür hat er im Wechsel Stücke von Franz Schubert und dem zeitgenössischen italienischen Komponisten Salvatore Sciarrino zusammengefügt. Der eher „üppige“ und lebendige Schubert kontrastiert mit dem zeitweilig musikalisch sehr reduzierten Werk Sciarrinos. Kontraste, aber keine Brüche. Die Perfektion der Tänzer äußert sich nicht nur da, wo sie synchron tanzen zur Melodie. Sondern auch dort, wo Stille ist und der Tanz immer noch synchron ist, wenn die Musik wieder einsetzt.

Martin Schläpfer NACHT UMSTELLT Marcos Menha, Marlúcia do Amaral. Foto: © Gert Weigelt.

Martin Schläpfer NACHT UMSTELLT Marcos Menha, Marlúcia do Amaral. Foto: © Gert Weigelt.

Höchste musikalische Perfektion boten hier aber auch die Duisburger Philharmoniker unter der Leitung von Wen-Pin Chien, die gerade bei den musikalisch reduzierten Passagen immer im passenden Moment den richtigen Ton trafen und die Melodie wieder aufleben ließen. Ganz famos setzen die Musiker nicht nur die Lebendigkeit eines Schubert, sondern auch die reduzierten Musikstücke eines Salvatore Sciarrino um. Eine perfekte Symbiose von Musik und Tanz, in der sich der Zuschauer verlieren kann. Vorhang. Tosender, nicht enden wollender Schlussapplaus für die Tänzer, für Ballettdirektor Martin Schläpfer, den Dirigenten Wen-Pin Chien und die Philharmoniker. Zu Recht stehende Ovationen für die Akteure!

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Ein kleiner Vorgeschmack:
https://www.youtube.com/watch?v=x9Qyzh1av_E&feature=player_detailpage

Weitere Aufführungen des Balletts „b.16“ im Theater Duisburg:
Dienstag, 03. Dezember, 19.30 Uhr,
Samstag, 07. Dezember, 19.30 Uhr
Donnerstag, 12. Dezember, 19.30 Uhr,
Samstag, 14. Dezember, 19.30 Uhr,
Freitag, 20. Dezember, 19.30 Uhr,
Donnerstag, 26. Dezember, 18.30 Uhr sowie
Samstag, 28. Dezember, 19.30 Uhr.

Karten und weitere Informationen sind erhältlich in den Opernshops Düsseldorf und Duisburg, Telefon 0211 – 89 25 211 bzw. 0203 – 940 77 77, sowie über Deutsche Oper am Rhein. Die Abendkasse öffnet 60 Minuten vor Vorstellungsbeginn. Tickets kosten in Duisburg zwischen 18,10 und 62,80 Euro. Möglichkeiten für Ermäßigungen bei den Ticketpreisen findet man hier.

© 2013 Petra Grünendahl
Fotos: Gert Weigelt / Deutsche Oper am Rhein

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