“Wir müssen hier die Übernahme des Stadions ermöglichen, um dem MSV über die Senkung der Stadionmiete Hilfe zur Selbsthilfe zu geben“, umschrieb Herbert Mettler, Fraktionsvorsitzender der SPD, das Ziel der Übernahme der Mehrheit an der Stadiongesellschaft. Neben Hilfen zur Rettung des MSV stand bei der Entscheidung aber vor allem im Vordergrund, den Wert der Sportinfrastruktur (d. h. des Stadions) zu erhalten, denn nur ein vermietetes Stadion stellt einen Wert dar – und außer dem MSV wäre hier kein Mieter in Sicht.
Die Beschlussvorlage zum “Werterhalt von Sportinfrastruktur-Vermögen” war aus dem Nachtrag zur Tagesordnung vorgezogen worden an den Anfang der ersten Ratssitzung im neuen Jahr. Eine knappe Stunde lang diskutierten die Ratsleute, bevor sie zur Abstimmung schritten. Dass die Beschlussvorlage eine Mehrheit finden würde, war schon im Vorfeld klar, da die beiden größten Fraktionen der SPD und der CDU ihre Zustimmung signalisiert hatten. Letztlich stimmten auch die Linke, die DWG-Fraktion, der fraktionslose Knut Happel und fast alle Grünen dafür. Dagegen stimmte die FDP, es gab zwei Enthaltungen.
Wahl zwischen Pest und Cholera
Die Stadt Duisburg zahlt rund 504.000 Euro für 16,8 Prozent Anteil an der MSV Duisburg Stadionprojektgesellschaft GmbH & Co. KG. Der städtische Anteil von insgesamt 50,1 Prozent liegen dann bei der Gebag-Tochter DBV (Duisburger Bau- und Verwaltungsgesellschaft), bei der DVV (Duisburger Versorgungs- und Verkehrsgesellschaft) und bei den Wirtschaftsbetrieben Duisburg (WBD). Die DVV reicht ihren Anteile dann an Tochter octeo Multiservices weiter. Eine Konsortialvereinbarung zur Stimmrechtsbindung sichert die Stimmenmehrheit der Stadt in der Gesellschafterversammlung der Stadionbetreibergesellschaft ab.
Die Neuordnung der Mehrheitsverhältnisse ermöglicht der Stadionsbetreibergesellschaft, die Stadionmiete auf für den MSV in der dritten Liga bezahlbare 900.000 Euro (mindestens bis zur Saison 2015/2016) zu senken. Das sollte neben einem Schuldenschnitt dem vor der Insolvenz stehenden MSV einen Neuanfang ermöglichen. Eine Mieterhöhung auf 1,2 Mio. Euro käme erst mit dem Aufstieg in die zweite Liga auf den MSV zu. Neben den 504.000 Euro städtischer Investition fallen beim Schuldenschnitt natürlich auch Forderungen der städtischen Tochtergesellschaften unter den Tisch. Die Alternative wäre aber, so die Mehrheitsmeinung im Rat, die auch von diversen Ratsleuten in der Diskussion so geäußert, die Stadt noch viel teuerer gekommen. Weitere Gelder sollen aber nicht in den Profifußball fließen. Jetzt müsse der MSV seine Hausaufgaben machen, so Stadtkämmerer Dr. Peter Langner.
Insolvenz wäre auch die Stadt teurer gekommen
Die Alternative zur Rettung von Stadionbetreibergesellschaft und MSV wäre gewesen, beide in die Pleite gehen zu lassen. Die Folge: der MSV-Arena hätte ein dauerhafter Leerstand gedroht, denn sie ist als reine Fußballarena gebaut worden. Einen Nachfolgeverein, der die hohe Miete von aktuell immer noch über 4 Mio. Euro im Jahr hätte zahlen können, gibt es hier in der Gegend nicht. Also muss man die Miete auf ein bezahlbares Maß reduzieren, wenn man seinen einzig möglichen Mieter halten will. Denn ein Leerstand bringt nicht nur keine Mietzahlungen in die Kasse, sondern kostet jährlich ca. 400.000 Euro an Sicherungskosten für den Erhalt der Immobilie. Das wäre im Endergebnis noch teurer, so dass die Ratsleute mit einer bedeutenden Mehrheit das kleinere Übel wählten.
Das Land NRW bürgt für die Kreditverbindlichkeiten der Stadiongesellschaft. Deren Bedingungen für einen Schuldenschnitt war eine Mehrheitsbeteiligung der Stadt an der Arena. Diese ist durch den Ratsbeschluss eingeleitet worden. Jetzt ist der MSV gefordert: Schuldenschnitt und solide Finanzunterlagen für die Lizenz in der dritten Liga in der kommenden Saison. Das ist der MSV seinen Fans jetzt schuldig!
© 2014 Petra Grünendahl