Neues Buch der Zeitzeugenbörse: Duisburger Hüttenwerke

Von Schulz Knaudt über Mannesmann, Krupp und Thyssen
bis hin zu Arcelor Mittal und DK Recycling und Roheisen

Von Petra Grünendahl

Werkshafen der Friedrich-Alfred-Hütte in Rheinhausen 1933. Foto: ZZB.

Werkshafen der Friedrich-Alfred-Hütte in Rheinhausen 1933. Foto: ZZB.

Wenn die Engelchen Kekse backen: Das Glühen der abgekippten Schlacke nach dem Abstich färbt den Himmel rot, wo noch ältere Hochöfen stehen. Die hochmodernen Hochöfen der neuesten Generation zeigen dieses Glühen nicht mehr. Hochöfen waren früher über das ganze Stadtgebiet verteilt. Heute gibt es in Duisburg noch acht Hochöfen mit Produktionskapazitäten von 1.200 bis 12.000 Tonnen am Tag. Insgesamt zehn Hüttenwerke gab es in der „Stadt Montan“, als Kohle und Stahl einigen zehntausend Menschen Arbeit gab. Das eine oder andere Werk ist einer neuen Nutzung gewichen – die Krupp’sche Hütte Rheinhausen dem logport I, die Zinkhütte Berzelius der Heinrich-Hildebrand-Höhe und logport II –, woanders hat es sich die Natur zurück erobert, wie der Landschaftspark Duisburg-Nord mit der ehemaligen, 1985 geschlossenen Hütte Meiderich zeigt. Sie haben Spuren hinterlassen in Straßennamen, geraten aber mehr und mehr in Vergessenheit.

Die Mannesmann-Hüttenwerke Mitte der 50-er Jahre. Foto: ZZB.

Die Mannesmann-Hüttenwerke Mitte der 50-er Jahre. Foto: ZZB.

Mit ihren neuesten Buch „Duisburger Hüttenwerke“ geht die Zeitzeugenbörse Duisburg e. V. auf Spurensuche in der Industriegeschichte. Die Autoren zeichnen die Entwicklung der Standorte nach und geben Einblicke in die harten Arbeitswelten von damals. Im Rahmen der Bildbeschreibungen fließt fundiertes Wissen über die Entwicklung von Produktionstechniken seit dem 19. Jahrhundert ein. Schon Mitte des Jahrhunderts, in den 1850-er Jahren, nahmen die ersten Hochöfen ihren Betrieb auf. Eingebettet in damals noch eher ländliche Umgebung. Es faszinieren besonders auch jene Bilder, auf denen man heutiges Duisburg wieder erkennt.

Die Hahn'schen Werke in Großenbaum: 1966 wurden die Hochöfen stillgelegt. Foto: ZZB.

Die Hahn'schen Werke in Großenbaum: 1966 wurden die Hochöfen stillgelegt. Foto: ZZB.

Ehemalige Betriebsgelände sind lange überplant und als neue Industriegebiete bebaut, aber die alten Verwaltungsgebäude findet man immer noch: Von den Hahn’schen Werken in Großenbaum (Zum Walkmüller) zum Beispiel oder von der Hütte Phoenix (Phoenixstraße, heute Eisenbahnstraße). An anderer Stelle lässt sich die frühere Industrienutzung nicht einmal erahnen. IKEA Meiderich wäre so ein Beispiel, Kaufland in Ruhrort ein zweites. Auf den Standort der Grillo’schen Zinkhütte weist nur noch der Zinkhüttenplatz in Hamborn hin.
 
 

Zehn Hüttenwerke gaben der „Stadt Montan“ ihren Namen

Beamtenkasino der Gewerkschaft Deutscher Kaiser in Bruckhausen, Aufnahme von 1907. Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Foto: ZZB.

Beamtenkasino der Gewerkschaft Deutscher Kaiser in Bruckhausen, Aufnahme von 1907. Das Gebäude wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört. Foto: ZZB.

Nicht nur Roheisen in unterschiedlichsten Qualitäten, sondern auch Zink, Zinn und Kupfer sowie diverse andere Metalle umfasste die Produktion der Duisburger Hüttenwerke. Namen wie Berzelius, Hahnsche Werke, die Niederrheinische Hütte, Duisburger Kupferhütte, Phoenix und das Hüttenwerk Meiderich sind lange Geschichte.

Hüttenwerk Rheinhausen 1968. Foto: ZZB.

Hüttenwerk Rheinhausen 1968. Foto: ZZB.

Dort stehen heute die Achterbahn, das Industriegebiet Großenbaum, andere Betriebe oder Handel, der Rheinpark und der Landschaftspark Nord. Übrig geblieben sind die Stahlwerke von ThyssenKrupp Steel Europe im Norden und den Hüttenwerken Krupp Mannesmann (HKM) im Süden. Dazu kommen Firmen wie DK Recycling und Roheisen (ehemals Deutsche Kupferhütte, dafür steht heute noch das „DK“), die Grillo-Werke (von der früheren Zinkhütte kündet heute noch der Zinkhüttenplatz in Hamborn) sowie der Produktionsstandort Ruhrort/Meiderich (auf einem Teil des ehemaligen Phoenix-Geländes), der heute zum weltweit tätigen Stahlkonzern ArcelorMittal gehört. Der Standort Hochfeld, der aus der Niederrheinischen Hütte hervorgegangen war, wurde erst in diesem Jahrzehnt von ArcelorMittal aufgegeben, die Aktivitäten mit den Neubau einer Drahtstraße komplett nach Ruhrort/Meiderich verlagert.

Eisenbahnhafen und Hütte Phoenix in Ruhrort um 1918. Foto: ZZB.

Eisenbahnhafen und Hütte Phoenix in Ruhrort um 1918. Foto: ZZB.

Ihrer verkehrsgünstige Lage an Rhein und Ruhr, den Schienenwegen und den Zechen verdankte die heutige Stadt Duisburg, die sich früher in viele eigenständige Städte und Gemeinden gliederte, die Ansiedlung dieser Unternehmen. Sie machten sich die Standortvorteile zunutze und brachten damit Arbeit und Wohlstand in diese Gegend. Hüttenwerke und Weiterverarbeitung sollten hier über Jahrzehnte Zehntausende von Arbeitern beschäftigen. Dann kamen Kohlekrise, Stahlkrise und die Produktion wurde effektiver: Man konnte mit einem Bruchteil der Arbeiter ein vielfaches an Material produzieren. Arbeitsplätze gingen verloren, Standorte wurden geschlossen, andere verlagert: Strukturwandel. Die historischen Fotos laden ein, in seiner eigenen Stadt auf Spurensuche zu gehen. Teilweise stehen Gebäude noch, teils kann man alte Strukturen im heutigen Stadtbild erkennen. Oder man findet Namen wie Carstanjen, Böninger, Curtius oder andere im Straßenbild wieder. Alles Zeugnisse von Duisburgs industrieller Vergangenheit. Da kann jeder Duisburger seine Stadt neu entdecken. Es lohnt sich.

huettenwerke_coverDas Buch „Duisburger Hüttenwerke“ ist wie alle Werke der Zeitzeugenbörse Duisburg e. V. im Erfurter Sutton Verlag erschienen. Auf 124 Seiten findet der Leser rund 160 Abbildungen aus verschiedensten Privatsammlungen, die weitgehend bis dato unveröffentlicht sind. Hochinformative Texte ordnen die Bilder ein und beschreiben die Standorte. Neben Harald Molder sorgten hier Frank Bocek, Steffen Ranisch, Detlef Schmidt und André Sommer für den fachlichen Input. Das reich bebilderte Buch mit festem Einband ist in der Reihe „Arbeitswelten“ erschienen und kostet 19,99 Euro. Zu beziehen ist es über den lokalen Buchhandel (ISBN 978-3-95400-364-8).
 
 

Zeitzeugenbörse Duisburg e. V.

Krupp Hüttenwerk Rheinhausen Mitte der 20-er Jahre. Foto: ZZB.

Krupp Hüttenwerk Rheinhausen Mitte der 20-er Jahre. Foto: ZZB.

Die Zeitzeugenbörse Duisburg wurde von Harald Molder ins 9Leben berufen. Unter seinem Vorsitz ist sie 2007 auch ins Vereinsregister der Stadt eingetragen worden. Seither vernetzen sich engagierte Heimatforscher, um Duisburger Stadtgeschichte auch in Ausstellungen, Vorträgen und Büchern erlebbar zu machen.

Zur vollständigen Liste der bisherigen Publikationen der Zeitzeugenbörse Duisburg e. V. im Sutton Verlag geht es hier im Menüpunkt „Bücher“.

© 2014 Petra Grünendahl (Text)

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