Ab Mai 1940 war der „Kabeljau“ im Visier der Royal Air Force

Links das zerstörte Kaufhaus Horten Münzstraße / Ecke Beekstraße nach dem Luftangriff vom 20. Dezember 1942. Das Kaufhaus Fahning (dahinter) mit seinem markannten Turmaufbau blieb fast unbeschädigt.
Bereits im Jahr 2012 erschienen ist das Buch “Duisburg im Bombenhagel” – damals in der ersten Auflage noch unter dem Titel “Bomben auf Duisburg”. „Geschichte von unten“ will das Autorenteam von der Zeitzeugenbörse Duisburg e. V. hier erzählen. Es ist nicht die Geschichte von „Siegern“, sondern jene von denen, die verloren haben: ihr Hab und Gut, ihre Lieben, ihr Leben, ihre Heimat. Eine Stadt in Schutt und Asche gelegt: Dokumentiert ist das Grauen in neun Kapiteln mit 200 dato weitgehend unveröffentlichten Bildern auf 128 Seiten.
Duisburg, englischer Codename „cod“ (= Kabeljau), war als Industriestandort und wichtiger Verkehrsknotenpunkt ein bevorzugtes Angriffsziel. Und mit seiner Lage im westlichen Ruhrgebiet (als „Einflugschneise ins Ruhrgebiet“) von der anderen Seite des Ärmelkanals war es gut zu erreichen.Die Einsätze der britischen und später amerikanischen Luftwaffe sind gut dokumentiert, ihre Folgen auf den Fotos zu erkennen. Weitere kleine Puzzlestücke, die jeden faszinieren, der sich für die stadtgeschichtliche Entwicklung interessiert, aber auch bedrücken werden. Bilder der Zerstörung in einem überflüssigen Krieg!

Der 132. Luftangriff gegen die Stadt Duisburg zerstörte am 20./21. Dezember 1942 auch das Theater am König-Heinrich-Platz.
„Arsenal des Schreckens“ ging auf Duisburg nieder

Rechts der vor ein paar Jahren abgerissene Hochbunker an der Universitätsstraße. Die kleinen Häuser an der Steinschen Gasse (links) waren nach einem Luftangriff alle ausgebrannt.

Im Frühjahr 1943 wurde der Mercator-Palast schwer beschädigt. Hier liefen vor dem Krieg viele Uraufführungen der UFA.
Tag für Tag gingen mehr Erinnerungen an das alte Duisburg verloren

Bismarckstraße / Ecke Kammerstraße in Neudorf nach dem Angriff vom 29./30. März 1943: Ein einziges Trümmerfeld.
Nicht mehr nur die Rüstungsindustrie, die im Ruhrgebiet stark vertreten war, sollte unschädlich gemacht werden. Auch die Zivilbevölkerung und ihre Widerstandskraft sollten geschwächt werden. Das war bei der „Luftschlacht um England“ 1940/41 nicht anders als bei den alliierte Luftangriffen auf das Ruhrgebiet. Luftangriffe zielten nicht auf Landtruppen, sondern „hinter“ die Kampflinien, auf die Zivilbevölkerung. Rund 1,5 Mio. Menschen starben im Zweiten Weltkrieg durch Luftangriffe.

Zielpunkt des Angriffes vom 12./13. Mai 1943 war die Salvatorkirche (Mitte). Links die Liebfrauenkirche (steht heute nicht mehr). Durch den massiven Einsatz von Brandbomben brannten vor allem die mittelalterlichen Gebäude völlig aus.
Blindgänger findet man auch heute noch regelmäßig bei der Auswertung alter Luftbildaufnahmen oder bei Bauarbeiten in der Stadt. Auch wenn der Umgang mit Bombenentschärfungen fast schon Routine geworden ist: Gefährlich sind diese Relikte immer noch! Seit Jahresanfang gilt in NRW die Richtlinie, dass Bombenfunde noch am gleichen Tag zu entschärfen sind. Dafür werden dann schon mal der Bahnhof, die Gleisstrecken und die Autobahnen für ein, zwei Stunden gesperrt. Und niemand weiß, wie viele dieser Relikte des letzten Krieges noch im Duisburger Boden schlummern.
Massengräber in Bombentrichtern
Neben Erzählungen von Zeitzeugen schwerpunktmäßig aus Duisburg und aus England konnten bekamen die Zeitzeugen-Forscher um Harald Molder auch Zugang zu diversen Archiven in Deutschland, England und den USA, die sie auswerteten und Erkenntnisse über den Luftkrieg in Duisburg auf den neuesten Stand zu bringen. Je mehr die Erinnerung derer verblasst, die dabei waren, umso wichtiger werden Bücher wie dieses, die uns vor allem zu einem mahnen: NIE WIEDER!
Das reich bebilderte Buch „Duisburg im Bombenhagel“ (2. Auflage, früher: „Bomben auf Duisburg“) ist – wie andere Bücher der Zeitzeugenbörse Duisburg e. V. auch – im Erfurter Sutton Verlag erschienen. Das Werk (ISBN 978-3-95400-107-1) kann für 18.95 Euro über den lokalen Buchhandel bezogen werden.
Zeitzeugenbörse Duisburg e. V.
Die Zeitzeugenbörse Duisburg wurde von Harald Molder ins Leben berufen. Unter seinem Vorsitz ist sie 2007 auch ins Vereinsregister der Stadt eingetragen worden. Seither vernetzen sich engagierte Heimatforscher, um Duisburger Stadtgeschichte auch in Ausstellungen, Vorträgen und Büchern erlebbar zu machen.
Zur vollständigen Liste der bisherigen Publikationen der Zeitzeugenbörse Duisburg e. V. im Sutton Verlag geht es hier im Menüpunkt „Bücher“.
*) Luftminen von besonders hoher Sprengkraft dienten als „Wohnblockknacker“ („block buster“), die mit ihrer Druckwelle vor allem Türen und Fensterrahmen herausrissen und die Dächer abdeckten und damit den Weg freimachten für die Brandbomben, die in den Dachböden reichlich Brandfutter fanden.
© 2014 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Zeitzeugenbörse Duisburg e. V.
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