Igor Strawinskys Oper „The Rake’s Progress“ feierte ihre Duisburger Premiere

Vom „Werdegang eines Wüstlings“ über Ruhm und Reichtum in den Wahnsinn

Von links: Günes Gürle (als Vater Trulove),  Anke Krabbe (als Anne Trulove),  Jussi Myllys (als Tom Rakewell) Foto: Hans Jörg Michel

Von links: Günes Gürle (als Vater Trulove),
Anke Krabbe (als Anne Trulove),
Jussi Myllys (als Tom Rakewell)
Foto: Hans Jörg Michel

Die Veranda von Annes Elternhaus, die nur einen kleine Teil der Bühne einnimmt, spiegelt die Kleinbürgerlichkeit dieser Welt im amerikanischen Mittelwesten, in der Hauptperson Tom Rakewell (Jussi Myllys) und seine Jugendliebe Anne Truelove (Anke Krabbe) zu Hause sind. Das Angebot von Annes Vater, in der Bank eines Freundes anzufangen, will sich der junge Mann erst überlegen. … als ein Mann (James Bobby) die Bühne betritt, dessen Name, Nick Shadow, seine Zwielichtigkeit ebenso andeutet wie Annes (Truelove) die „wahre Liebe“.

Marta Márquez (als Baba the Turk) und Jussi Myllys (als Tom Rakewell) Foto: Hans Jörg Michel

Marta Márquez (als Baba the Turk) und
Jussi Myllys (als Tom Rakewell)
Foto: Hans Jörg Michel

Tom fühlt sich zu Höherem ausersehen, will reich werden. Tom will mehr als das kleinbürgerliche Leben in der kleinen Stadt, auch wenn er seine Anne über alles liebt. Nicks Botschaft vom Erbe des fremden Onkels in London ist die Antwort auf Toms Wunsch. Nick nimmt also Tom, der seine geliebte Anne zurück lässt, als seinen Herren mit nach London. Seinen Lohn als Diener will er erst später einfordern. In London führt Nick Tom in das ausschweifende Leben und sinnliche Vergnügungen ein, während Anne zu Hause auf seine Rückkehr wartet. Tom heiratet aus Geltungssucht und Berechnung die skurrile Diva „Baba the Turk“ und lässt sich von Nick in einen Betrug verwickeln. Er verliert alles. Und dann fordert Nick Shadow seinen Lohn: Toms Seele!

Anne war ihrem Liebsten inzwischen nach England nachgereist. Anne wird im Laufe der Geschichte reifer und erwachsener, mehr und mehr zu einer eigenständigen Persönlichkeit, während Tom zu Wachs in den Händen eines Nick Shadow wird. Toms Heirat hat Anne schockiert. Als Baba erkennt, dass Tom Anne immer noch liebt, fordert sie sie auf, ihn zu retten. Tom gewinnt erst wieder an Profil, als ihm klar ist, worauf Nick aus ist, aber da ist es schon zu spät. Er gewinnt das (Karten-)Spiel um seine Seele gegen Nick Shadow, verliert aber den Verstand, bevor Anne ihn wieder in die Arme schließen kann. Nicht die Liebe triumphiert über Gier und Maßlosigkeit, sondern der Wahnsinn.

Prächtige Bühnenausstattung spiegelt die Handlung

Harald Beutelstahl (als Nick Shadows Gehilfe),  Marta Márquez (als Baba the Turk),  Jussi Myllys (als Tom Rakewell) Foto: Hans Jörg Michel

Harald Beutelstahl (als Nick Shadows Gehilfe),
Marta Márquez (als Baba the Turk),
Jussi Myllys (als Tom Rakewell)
Foto: Hans Jörg Michel

Von der kleinbürgerlichen Welt der Heimatstadt Tom Rakewells aus entführt uns die Bühnengestaltung von Dieter Richter in die Pracht und den Glanz der Londoner Gesellschaft: Format-füllende Säle zeugen vom Reichtum dieser Welt. Eher karg ist das Bühnenbild für die Friedhofsszene und das Irrenhaus gestaltet, wo Tom in seiner geistigen Umnachtung endet. Mit der Moral dieser Geschichte – „Für faule Hände, Herzen und Köpfe findet der Teufel eine Beschäftigung“ – entließ das Publikum die hervorragenden Akteure zu Recht erst nach langen Beifallsstürmen von der Bühne.

Der in Russland geborene Komponist Igor Strawinsky (1882 – 1971), der später zunächst die französische (1934) und später – nach seiner kriegsbedingten Emigration in die USA – die amerikanische Staatsbürgerschaft (1946) annahm, ist vor allem für seine Ballett- und Orchesterwerke bekannt. Als Vertreter der „Neuen Musik“ verband er klassische Elemente mit modernen Interpretationen. Inspirieren ließ er sich auch von der Literatur und der Malerei. Letztere – ein Bildzyklus von William Hogarth – bildete die Grundlage für die Handlung von „Rake’s Progress“, welches (nach Texten von Wystan Hugh Auden und Chester Kallman) in englischer Sprache gesungen und mit deutschen Übertiteln versehen gespielt wird. Ihre Uraufführung erlebte die Oper 1951 in Venedig.

James Bobby (als Nick Shadow),  Jussi Myllys (als Tom Rakewell) Foto: Hans Jörg Michel

James Bobby (als Nick Shadow),
Jussi Myllys (als Tom Rakewell)
Foto: Hans Jörg Michel

Die Inszenierung von Sabine Hartmannshenn wurde – im Unterschied zur Düsseldorfer Premiere in der vergangenen Spielzeit – für die Duisburger Aufführung mit neuen Darstellern nun quasi neu als Premiere auf die Bühne gebracht. Vor allen Anke Krabbe sang und spielte eine Rolle, die ihr auf den Leib geschneidert ist. Neben ihr, Jussi Myssys (Tom) und James Bobby (Nick) glänzte vor allem Marta Marquez als glamouröse Diva Baba, die Tom aus einer Laune heraus heiratet und damit seine Jugendliebe Anne verrät: Auch sie ein Charakter mit Profil, dem Marquez mit jeder Faser gerecht wird.

Die variantenreichen Melodien aus Strawinskys Opern erwecken die hervorragend aufgelegten Duisburger Philharmoniker unter der Leitung des taiwanesischen Dirigenten Wen-Pin Chien perfekt und in seiner Vielfalt zum Leben. Klanglich unterstützt werden die Philharmoniker von der Solistin Laura Poe am Cembalo. Den Solisten des Opern-Ensembles stehen szenenweise sowohl der Chor der Deutschen Oper am Rhein als auch die Statisten des Ensembles zur Seite.

Jussi Myllys als Tom Rakewell und Anke Krabbe als Anne Trulove, Foto: Hans Jörg Michel

Jussi Myllys als Tom Rakewell und
Anke Krabbe als Anne Trulove,
Foto: Hans Jörg Michel

Weitere Vorstellungen und Karten
Strawinskys „The Rake’s Progress“ ist in dieser Spielzeit weitere Male im Duisburger Theater am König-Heinrich-Platz zu Gast:
  • am Freitag, 12. April, um 19.30 Uhr,
  • am Sonntag, 14. April, um 15 Uhr,
  • am Mittwoch, 17. April, um 19.30 Uhr,
  • am Samstag, 20. April, um 19.30 Uhr und
  • am Samstag, 27. April, um 19.30 Uhr.

Zu einer Einführung in das Stück lädt die Oper jeweils eine halbe Stunde vor Beginn ins Opernfoyer. Die Aufführung selber dauert (inkl. Pause) etwa drei Stunden.
Karten gibt es im Opernshop an der Düsseldorfer Straße 5 – 7 (Öffnungszeiten: Mo bis Fr 10 – 19 Uhr, Sa 10 bis 18 Uhr) oder unter Telefon 0203 / 9407777. Die Abendkasse öffnet 60 Minuten vor Vorstellungsbeginn. Die Ticketpreise liegen zwischen zwischen 16,10 und 56 Euro. Möglichkeiten für Ermäßigungen bei den Ticketpreisen findet man hier.

© 2013 Petra Grünendahl (Text),
Fotos: Hans Jörg Michel für die Deutsche Oper am Rhein

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