Von der Dorfschule zum Bildungszentrum:
Das Schiffer-Berufskolleg RHEIN in Homberg
Von Petra Grünendahl

Die 1892 in Ruhrort gegründete Stromschifferschule zog kurz nach der Jahrhundertwende in die Räume des Rathauses an der Dammstraße. Foto: Stadtarchiv Duisburg.
Den ehemaligen Schulleiter des Schiffer-Berufskollegs RHEIN in Duisburg-Homberg, Hans-Günter Portmann, hatte nach seiner Pensionierung die Binnenschifffahrt nicht losgelassen. Neben Reisen im Auftrag der Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) in Sachen Binnenschifffahrtsausbildung beschäftigte er sich auch mit der Geschichte der Schiffer-Berufsschule. Die Geschichte „seiner“ alten Schule reicht weit über das hinaus, was 1949 als Schulbetrieb nach dem Krieg im damals selbstständigen Homberg (Kreis Moers) wieder aufgenommen wurde. Dass diese Schule zu einem Aushängeschild Duisburgs wurde, ist nicht zuletzt Portmanns Verdienst und seine Hinterlassenschaft aus dreizehn Jahren Schulleitung, in der er dem schulischen Teil der Schiffer-Ausbildung in Duisburg seinen Stempel aufgedrückt hat. Ein Verdienst im Übrigen, für den der Verband Duisburger Bürgervereine Hans-Günter Portmann im Jahr 2012 mit dem Bürgerehrenwappen ausgezeichnet hat.
Moderne Schule bietet unterschiedliche Abschlüsse an

Buchvorstellung im Mercatorzimmer (v. l.): Ehefrau Mechthild Portmann, Autor Hans-Günter Portmann, Dezernent Thomas Krützberg, Verlegerin Anne Kappes und Manfred Wieck, Schulleiter am Schiffer-Berufskolleg Rhein. Enkel Paul-Johann (2 ½, unten im Bild) hatte auch schon eifrig geblättert. Foto: Petra Grünendahl.
Die Geschichte der Binnenschifferausbildung in Deutschland ist in erster Linie eine Duisburger Geschichte, denn einen besseren Standort als im Zentrum der Binnenschifffahrt konnte es dafür nicht geben. Dieser Meinung waren schon die Preußen, was zur ersten Schulgründing 1892 damals noch in Ruhrort geführt hatte. „Ohne die Unterstützung der Verbände der Binnenschifffahrt und der Stadt Duisburg wäre die Entwicklung der jetzigen Schule in Homberg nicht möglich gewesen“, bekräftigte Hans-Günter Portmann. Neben dem Schiffer-Berufskolleg RHEIN mit dem angegliederten Schulschiff RHEIN im Homberger Stadthafen gibt es heute in der Binnenschiffer-Ausbildung lediglich eine Fachklasse an einem Berufskolleg in Schönebeck bei Magdeburg. Pro Jahr verlassen rund 100 Bootsjungen und Bootsmädchen nach ihrem Abschluss das Duisburger Schiffer-Berufskolleg RHEIN.
Nicht nur lokal und für Bildungshistoriker interessant
Immer wieder zitiert Portmann zeitgenössische Texte: Briefe, Dokumente aber auch Erzählungen aus dem Schulleben. Andere Stimmen und andere Aspekte fließen hierdurch ein. Faszinierende Einblicke geben auch zum Beispiel die Lehrpläne der Schifferschule sowie Daten und Fakten über verschiedenen Schulen und deren Schulbesuch. Mit sinkenden Schülerzahlen aus der näheren Umgebung und mehr Schülern aus anderen deutschen Ländern (heute würde man Bundesländer sagen), ergab sich das Problem der Unterbringung: eine Art Internat musste her, wo die Schüler während ihres Blockunterrichts wohnen konnten. Als erstes Schulschiff wurde schon 1937 die „Duisburg“ (ein umgebauter Dampfer der Franz Haniel Cie.), das seinen Liegeplatz im Ruhrorter Kaiserhafen bekam, für fachpraktischen Unterricht sowie die gemeinsame Unterbringung der Schiffsjungen (damals noch keine Mädchen) angeschafft, die in 10-Wochen-Intervallen (heute ca. 13 Wochen) die Schifferschule besuchten. Seit 1996 kommen die Schüler sogar aus der Schweiz, nachdem die dortige Schifferberufsschule dicht gemacht worden war.
Werbung um Nachwuchs in der Binnenschifffahrt

Foto vom Schulschiff RHEIN im Homberger ‚Stadthafen, welches seit der Fusion des Arbeitgeberverbandes mit dem Bundesverband der Deutschen Binnenschifffahrt e. V. vom BDB unterhalten und finanziert wird. Foto: Petra Grünendahl.
Apropo Schiffsmädchen: Als „Margot“ 1965 ihre Binnenschiffer-Ausbildung anfing, durfte sie nicht zur Berufsschule, weil Mädchen damals noch nicht aufgenommen wurden. Damals unterrichtete sie ihr Vater, ein Binnenschiffer. Und das, obwohl es schon 1961 geheißen hatte: „mit Mädchen ist zu rechnen“, wie in Portmanns Buch nachzulesen ist. Erst Ende der 1990-er Jahre wurden auch Schiffsmädchen am Schiffer-Berufskolleg angenommen: Sie sind aus der Binnenschifferausbildung mittlerweile ebenso wenig wegzudenken wie aus dem Schiffer-Berufskolleg, auch wenn sie immer noch eine Minderheit der Auszubildenden und Schüler stellen.
Neuanfang nach 1945 in Homberg

Im septeber 2010 lagen sie noch zu Zweit unter dem Hebeturm im ehemaligen Eisenbahnhafen: das Schulschiff RHEIN I (vorne) und das Schulschiff RHEIN II (hinten). Foto: Petra Grünendahl.
Interessant für allgemein geschichtlich Interessierte ebenso wie für Lokalhistoriker, aber auch Menschen, die sich für die Geschichte des Bildungswesens oder die Geschichte der Binnenschifffahrt interessieren: Von den vielen Teilaspekten kann jeder von ihnen für sich eine ganze Menge mitnehmen. Es ist ein Buch zum Schmökern, keines, was man in einem Rutsch (auch nicht in mehreren) am Stück lesen kann. Es lädt eher ein, immer wieder einzelne Kapitel, einzelne Begebenheiten rauspicken. Was fehlt, ist eine kurze, vielleicht zwei- oder dreiseitige Chronik mit den wichtigsten Jahreszahlen zu Meilensteinen in der Schifferausbildung in Duisburg zum Abschluss des Buches. Der Überblick geht über die lange Lektüre ja doch ein wenig verloren.
Hans-Günter Portmann: Von der Dorfschule zum Bildungszentrum

Das Titelbild zeigt die Stromschifferschule im alten Ruhrorter Rathaus um 1900 (oben) und das heutige Gebäude des Schiffer-Berufkollegs RHEIN am Bürgermeister-Wendel-Platz in Homberg, wo die Schule seit 1989 ansässig ist. © AWD Druck + Verlag GmbH, Alsdorf.
Das 560 Seite starke Buch über die Entwicklung der Binnenschifferschule vom 19. bis in das 21. Jahrhundert ist mit festen Einband (Format 24 x 29 cm) erschienen bei der AWD Druck + Verlag GmbH, Alsdorf (bei Aachen). Zum Preis von 39 Euro ist das Buch im lokalen Buchhandel erhältlich (ISBN 978-3-937062-570).
© 2016 Petra Grünendahl (Text)
Fotos: Stadtarchiv Duisburg (1), Petra Grünendahl (4), AWD Druck und Verlag (Buchcover)