Wer sich für die Kulturgeschichte des Bergbaus und der Zechen im Ruhrgebiet interessierte, war bei den Führungen von Siegfried Rother richtig. Foto: Petra Grünendahl.
Geschichte des Ruhrgebiets
Von Petra Grünendahl
„Wer einmal mit dem Berggeist gekämpft hat, den lässt der Berg nie wieder los“, erklärte Siegfried Rother, der an der Schachtanlage Rheinpreußen IV die kulturhistorisch orientierten Führungen macht. Nur drei Monate arbeitete er unter Tage, als er merkte, dass er mit seinem Abitur mehr machen konnte als Bergmann, der in seiner Familie Tradition war. Er machte eine Ausbildung und ging zur Finanzverwaltung. Dem Bergbau blieb er immer verbunden. Seine Sammelleidenschaft unterstützte dabei seine Frau. Die Vitrine im Kellergeschoss des Fördermaschinengebäudes enthält große Teile seiner Sammlung von – zum Teil jahrhundertealten – Liebhaberstücken aus dem Bergbau. Mit der Zeche Rheinpreußen Schacht IV beteiligte sich Moers erstmalig an der Extraschicht, der Nacht der Industriekultur. Weithin sichtbar lockt hier das 48 Meter hohe Fördergerüst, welches das älteste und das letzte seiner Bauart im Revier ist. Bis zu 800 Metern geht darunter der Förderschacht ins Erdreich und durch die Flözschichten. Im Mittelpunkt steht natürlich zum einen das Fördermaschinengebäude selbst mit seiner historischen Funktion. Auch der westlichste Spielort der diesjährigen Extraschicht konnte als Industriedenkmal mit seiner kulturhistorischen Bedeutung punkten – Führungen gab es auf Nachfrage: „Ortskundige“ waren an Knappenuniformen oder Bergmannskluft zu erkennen.
Darüber hinaus haben die Moerser Industrie-Fotografen André Thissen und Dirk Thomas in den beiden Hallen – der Fördermaschinenhalle und der Umformerhalle – großformatige Fotografien aus der Region und dem Bergbau präsentiert. Zum Nachdenken regte das Schlosstheater Moers an mit seiner Inszenierung „Kumpelkultur am Niederrhein“, das Spannungsfeld erstreckte sich nicht nur auf die Realität in Bezug zur romantischen Verklärung der Bergbauwirklichkeit. Es spannte den Bogen bis zu Problemen und Fragestellungen der Gegenwart, in der Zuwanderung und Arbeiterrechte immer noch sehr aktuell sind.
Die Lichtinszenierung zur Zechengeschichte war auch vom Biergarten gegenüber gut zu sehen. Foto: Petra Grünendahl.
Für den vergnüglichen Teil des Abends sorgten die Püttrologen, eine niederrheinische Stimmungsband von aktiven und ehemaligen Bergleuten. Auf den Getränkeausschank mussten die Veranstalter aus Rücksicht auf die umliegenden Gastronomiebetriebe verzichten. Sowohl die Püttrologen als auch die Lichtinszenierung zur Zechenhistorie waren aber auch vom Biergarten der gegenüberliegenden „Sportsbar“ gut wahrzunehmen. Die Beteiligung an der Extraschicht lohnte sich dennoch ohne Zweifel: Die Nacht der Industriekultur erschloss auch Besucher von weiter weg, die sonst ihren Weg in den niederrheinischen Teil den Ruhrgebiets nicht gefunden hätten.
Die mächtige Fördermaschine mit 700 PS hat 84 Jahre lang treu seine Dienste getan, bis sie 1990 in den wohlverdienten Ruhestand geschickt wurde .Foto: Petra Grünendahl.
Das Fördermaschinengebäude ist auch jenseits der Extraschicht für Besucher geöffnet – allerdings nur sonntags von 14 bis 17 Uhr (Mai bis Oktober, danach Winterpause). Für Gruppen oder Schulklassen können aber auch außerhalb dieser Zeiten Termine für Führungen gemacht werden unter Telefon 02841 / 881510 oder info@gmgv-moers.de. Ansprechpartner ist der Grafschafter Museums- und Geschichtsverein in Moers e. V. Der Zechenbetrieb und die Kohleförderung wurden hier 1964 eingestellt. Das Doppelstrebengerüst und die noch erhaltenen Gebäude von Schacht IV stehen seit 1989 unter Denkmalschutz.
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Weitere Infos zur Anlage:
Industriedenkmal
Rheinpreußen Schacht IV
Zechenstraße 50, 47443 Moers
- https://gmgv-moers.de/3-0-Schacht-IV.html
- https://www.nrw-stiftung.de/projekte/projekt.php?pid=46
- https://de.wikipedia.org/wiki/Zeche_Rheinpreußen
- https://de.wikipedia.org/wiki/Schachtanlage_Rheinpreußen_4
© 2015 Petra Grünendahl (Text und Fotos)
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