OB Link: Neue Bundesregierung muss Gestaltungskraft der Kommunen sichern
Oberbürgermeister Sören Link hat Ministerpräsidentin Hannelore Kraft sowie Innenminister Ralf Jäger und Finanzminister Dr. Norbert Walter-Borjans gebeten, sich bei den Koalitionsverhandlungen in Berlin für eine finanzielle Stärkung strukturschwacher Städte wie Duisburg einzusetzen. Link: „In den letzten Jahren hat die Bundesregierung die Wiederherstellung der Leistungsfähigkeit und Gestaltungskraft der Städte vernachlässigt.“
Die Landesregierung habe dankenswerter Weise die Notwendigkeit erkannt, die kommunalen Finanzen auf eine solide Grundlage zu stellen, und in Nordrhein-Westfalen dafür schon wichtige Weichen gestellt. Aber es gebe weitreichendere Forderungen an die neue Bundesregierung. In seinem Brief an die Landesvertreter bei den Koalitionsverhandlungen zeigt Oberbürgermeister Link Notwendigkeiten auf, die „aus Sicht der Stadt Duisburg unbedingt in die Koalitionsverhandlungen einfließen sollten“:
- Es ist Abhilfe bei den erdrückenden Lasten durch die Altschulden, insbesondere der Kassenkredite, zu schaffen, indem künftig auch strukturschwache Städte in die Lage versetzt werden, ihre Aufgaben ohne Haushaltsdefizite zu erfüllen. Die Kommunen müssen nach ihren Bedarfen gefördert werden, nicht nach Himmelsrichtung.
- Hinsichtlich des immensen Liquiditätsbedarfs der strukturschwachen Kommunen – in Duisburg belaufen sich die Liquiditätskredite auf rund 1,7 Milliarden Euro – drohen nicht nur steigende Finanzierungskosten, sondern auch Engpässe bei der Liquiditätsbereitstellung und bei langfristigen Zinsbindungen. Durch eine Manifestierung des Haftungsverbundes von Bund, Land und Kommunen, zum Beispiel durch eine Beteiligungsmöglichkeit von Kommunen an Deutschland-Anleihen, könnten die Finanzierungskonditionen und der Liquiditätszugang, der insbesondere durch die verschärften Bankenaufsichtsregeln zunehmend erschwert wird, für die Städte deutlich verbessert werden.
- Die Stadt fordert eine Steuerpolitik, die die Interessen und Bedürfnisse der Kommunen hinreichend berücksichtigt. So sind Steuerentlastungen, die im Ergebnis von den Städten zu finanzieren wären, abzulehnen. Vielmehr ist die zum Beispiel Gewerbesteuer als ureigenstes Finanzierungsinstrument der Städte zu stärken, beispielsweise – auch mit Blick auf eine größere Steuergerechtigkeit – durch die Ausweitung auf die freien Berufe. Eine grundlegende Modernisierung der Grundsteuer, die ebenfalls eine der wichtigsten – und vor allem am verlässlichsten kalkulierbaren – kommunalen Einnahmequellen ist, sollte angestrebt werden. Vor allem sollte hier von weiteren Befreiungen und Ausnahmen abgesehen werden.
- Im Gegenzug sind steuerliche Regelungen, die zu zusätzlichen unmittelbaren finanziellen Belastungen führen bzw. den Sparbemühungen der kommunalen Familie entgegenwirken, indem sie zum Beispiel eine interkommunale Kooperationen mit Umsatzsteuer belasten, zu vermeiden. Der Bund muss an dieser Stelle auf die erforderlichen Änderungen des Umsatzsteuergesetzes und der entsprechenden EU-Richtlinien hinwirken.
- Insbesondere die Soziallasten treiben die strukturschwachen Städte zunehmend in die Verschuldungsspirale. Hier muss der Bund aufgefordert werden, die Belastungen für die Kommunen aufzufangen.
So müssen die Städte von den kontinuierlich steigenden Kosten der Eingliederungshilfe entlastet werden. Dass die Förderung von Menschen mit Behinderungen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe durch ein eigenes Bundesleistungsgesetz manifestiert werden soll, ist zu begrüßen. Jedoch müssen diese Entlastungen auch unmittelbar bei den Kommunen ankommen, andernfalls sind die steigenden Aufwendungen in diesem Bereich durch die Kommunen nicht mehr zu schultern. Allein in den Jahren von 2007 bis 2011 sind die Nettoausgaben in diesem Bereich um fast 22 Prozent gestiegen. Duisburg erwartet hier eine Entlastung (direkt und indirekt über niedrigere Umlagen an den Landschaftsverband Rheinland) in zweistelliger Millionenhöhe. - Die Kosten der Unterkunft für Leistungsbezieher von „Hartz – IV“ sinken aufgrund der Sozialstruktur in Duisburg trotz des Umfelds auf dem Arbeitsmarkt nicht ab. Als zusätzliches Problem werden diese Kosten ab dem Jahr 2014 aufgrund der hohen Zuwanderung von Menschen ethnischer Minderheiten aus Süd-Ost-Europa weiter steigen. Auch eine erneute Zuzugswelle ab 2014 wird dieses Problem gravierend verstärken. Zumindest bei den zusätzlichen Kosten der Unterkunft für die Zuwanderer aus Süd-Ost-Europa ist die Stadt Duisburg auf weitere Unterstützung seitens des Bundes angewiesen. Die geschätzten zusätzlichen Aufwendungen werden bereits im Jahr 2014 rund elf Millionen Euro betragen.
- Um den bedarfsgerechten Ausbau der Kindertagesbetreuung (U 3-Ausbau) nach Inkrafttreten des Rechtsanspruchs nachhaltig stemmen zu können, bedarf es in diesem Bereich eines nachhaltigen Engagements von Bund und Land, und zwar nicht nur bei den Investitions-, sondern insbesondere bei den Betriebskosten. Andernfalls werden allein die entstehenden Aufwendungen – in Duisburg belaufen sich allein die Personalkosten für das aktuelle Ausbauprogramm auf über fünf Millionen Euro im Jahr zusätzlich – eine nachhaltige Haushaltskonsolidierung nahezu unmöglich machen. Da die erforderlichen Eigenmittel, auch bei den Investitionen, kaum aufzubringen sind, ist eine 100-Prozent-Förderung einzufordern.
- Angeregt wird eine durchgehende weitere finanzielle Beteiligung des Bundes und des Landes beim U 3-Ausbau (Bau- und Ausstattungskosten) auch in den kommenden Jahren 2015 bis 2018, um den weiterhin erforderlichen Aus- und Umbau von Einrichtungen zur Schaffung von U 3-Plätzen sicherzustellen.
- Die Umsetzung dieser Programme muss auch hinsichtlich der zeitlichen Abwicklung unter realistischen Rahmenbedingungen erfolgen können. In Duisburg stehen aus dem Förderprogramm des Bundes „Kinderbetreuungsfinanzierung 2008-2013″ bewilligte Fördermittel für laufende Baumaßnahmen der Stadt und der freien Träger bis zum 31. Dezember 2013 zur Verfügung. Durch Bauverzögerungen können bis zu diesem Zeitpunkt nicht alle bewilligten Mittel abgerufen werden. Eine Übertragung dieser Mittel über den 31. Dezember 2013 hinaus wird zurzeit noch vom Bund abgelehnt, obwohl verschiedene Initiativen seitens des Landes als auch der Stadt in dieser Hinsicht laufen und gelaufen sind. Verlängert der Bund den Durchführungs- und Bewilligungszeitraum nicht deutlich über das Jahresende hinaus, gehen der Stadt und den Duisburger Trägern rund eine Million Euro an Fördergeldern verloren, gleichzeitig verschärft sich damit das Problem der fehlenden Eigenmittel, da die laufenden Baumaßnahmen nicht gestoppt werden können und somit nachfinanziert werden müssen.
- Hinsichtlich der Ganztagsbetreuung an Schulen, die an Bedeutung gewinnen wird, muss zunächst durch Beteiligung von Bund und Land die Finanzierung auf eine solide Basis gestellt werden, bevor ein weiterer Rechtsanspruch geschaffen wird.
– Pressemitteilung des Oberbürgermeisters der Stadt Duisburg –