Mit 20 Demonstranten gegen Hunderte Gegendemonstranten
Die „dunklen Orte Deutschlands“ will Pro Deutschland auf seiner Wahlkampftour zu Bundestagswahl 2013 besuchen – oder das, was die Rechtspopulisten als „dunkle Orte“ ausgemacht zu haben meinen. In Essen vor einer Moschee hatte der Wanderzirkus von Pro Deutschland morgens um Halb Zehn seine Tour begonnen, gegen Halb Eins waren sie vor der Merkez-Moschee in Marxloh aufgelaufen. Ab 14.30 Uhr war dann Bergheim im Duisburger Bezirk Rheinhausen an der Reihe, bevor das „Karawänchen“ dort nach gut zwei Stunden Richtung Krefeld und einer dortigen Moschee weiter zog.
Auf einem kleine Stückchen Rasen, hinter Absperrgittern, stand jenseits der Neuen Krefelder Straßen ein kleines Häuflein Rechter, die trotz Beschallungsanlage Mühe hatten, sich über ihren kleinen Kreis hinaus verständlich zu machen. Die Häuser In den Peschen – unzweifelhaft ein Duisburger Problemgebiet – sind von hier aus kaum auszumachen. Zu den sechs bis acht, die von der Wahlkampf-Demo der selbsternannten „Bürgerbewegung“ vor der Merkez-Moschee im Kleinbus rüber nach Rheinhausen gefahren waren, hatte sich noch ein gutes Dutzend weiterer Gestalten gesellt, die kleine Schildchen mit Sprüchen hochhielten, die man schon bei den Gegendemonstranten nicht mehr lesen konnte. Zumal der Streifen zwischen den Gruppierungen, in dem sich nur Polizei und Presse aufhielten, diese auf gebührendem Abstand zueinander hielt. Die Gruppen waren so weit voneinander abgetrennt, dass Konfrontationen, die über die verbale Schiene hinausgingen, unmöglich waren. Die mehreren Hundert Polizisten, die hier ihren Dienst schoben (in Duisburg insgesamt sollen es etwa 400 gewesen sein), hatten zum Glück einen entspannten Nachmittag.
Thema verfehlt: Sechs, setzen!
Der Redner von Pro Deutschland konnte sich mit seinem Mikrophon kaum gegen die lautstarken und bunte Fahnen schwenkenden Gegendemonstranten aus dem linken Spektrum durchsetzen, die das Duisburger Netzwerk gegen Rechts auf die Beine gestellt hatte. Neben ein paar verbalen Provokationen auf Kindergarten-Niveau hatte der Redner der Rechten eine abgelesene Rede parat, die ein wenig von Ausländerkriminalität und überwiegend von Asylmissbrauch handelte. Sechs, setzen: Thema verfehlt! Besser konnten die Truppe gar nicht dokumentieren, dass sie weder eine Ahnung von noch ein Interesse an den Problemen der Menschen vor Ort haben. Zumal ein Augenzeuge berichtete, der Redner habe die gleiche Rede vor der Merkez-Moschee abgespult – woraus zu folgern ist, dass er sie davor in Essen und danach in Krefeld ebenfalls und zum Amüsement von aufgeklärten Menschen zum Besten gegeben hat.
Lautstark machten sich im Kreuzungsbereich die Gegendemonstranten des Duisburger Netzwerks gegen Rechts bemerkbar, die mit ihren Sprüchen und Gesängen sowohl Rede als auch die musikalische Kulisse von Pro Deutschland übertönten. Hier das klare Bekenntnis zu Duisburg, das auf Schildern und T-Shirt deutlich wurde, und dort die zugereisten politischen Brandstifter, deren Parolen die Probleme vor Ort praktisch überhaupt nicht thematisierten. Schon eine halbe Stunde, bevor sie weiter zogen, hatten die „Pros“ alles in ihrem Kleinbus verstaut und warteten nur noch die Abfahrt ab.
Reden, buntes Programm und Gespräche
Ein Stück jenseits der Kreuzung die Straße hoch, direkt vor den Hochhäusern In den Peschen 3-5 hatte das Bündnis für Toleranz und Zivilcourage ihre Bühne aufgebaut. Hier machten u. a. Oberbürgermeister Sören Link, Hans-Wilhelm Halle für die Nachbarschaft sowie ein Vertreter der Hausbewohner, Pfarrer Heiner Augustin und Angelika Wagner für das Bündnis für Toleranz und Zivilcourage Mut, die Probleme mit Gesprächen und im Dialog vor Ort und miteinander zu lösen. Hier tummelten sich die Rheinhauser und Duisburger, die das Gespräch suchten und auch miteinander ins Gespräch kamen.
Verschiedene politischen Ehrenamtler (Bezirksvertretung, Stadtrat), aber auch Politprofis aus Landtag, Bundestag und der Verwaltungsspitze mischten sich unters Volk, standen dort aber auch Rede und Antwort. Auch wenn es kontroverser wurde, denn natürlich hat die Politik nicht die Lösung für alle Probleme. Sie kann daran mitarbeiten, aber sie ist nur ein kleiner Teil dessen, was den Weg zur Bewältigung der vorhandenen Probleme ebnet.
Kommentar
Probleme vor Ort lassen sich nicht durch einen Wanderzirkus von Rattenfängern lösen, denen die Probleme der Menschen bei ihrem perfiden Stimmenfang völlig egal sind. Die Rechtspopulisten ziehen weiter … Wer die Probleme lösen will, muss vor Ort ins Gespräch kommen – und offen sein für Lösungen ebenso wie dafür, dass Menschen unterschiedlich sind. Für ein einvernehmliche Lösung vor Ort werden alle Kompromisse machen müssen, aber der eine oder andere wird erst einmal seine persönlichen Abneigungen (oder doch Hassgefühle?) gegen Menschen, die anders sind, in den Griff bekommen müssen. Nur dann sind Lösungen möglich!
Für eine Chronologie der Ereignisse schaut man am besten hier …
© 2013 Petra Grünendahl (Text und Fotos)
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