Es gab eine Baugenehmigung, keine Veranstaltungsgenehmigung!
Von Petra Grünendahl

Der Loveparade-Strafprozess vor der 6. großen Strafkammer des Landgerichts Duisburg findet aus Platzgründen im Congress-Center der Düsseldorfer Messe statt. Foto: Petra Grünendahl.

Der Vorstizende Richter Mario Plein (mitte) mit zwei beisitzenden Richtern beim Loveparade-Strafprozess im Gerichtssaal im Congress Center Düsseldorf. Foto: Lars Heidrich / Funke Foto Services.
Wenig Kooperation vom Veranstalter: Wozu ein Bauantrag, wenn wir nicht bauen?

Gedenktstätte für Opfer der Loveparade 2010 in Duisburg am Alten Güterbahnhof.
Foto: Petra Grünendahl,
„Wir prüfen bei Veranstaltungsstätten nicht, ob die Veranstaltung problemlos verlaufen würde. Wir müssen ein Brandschutzkonzept haben, dass im Ernstfall eine Entfluchtung gefahrlos möglich ist“, erklärte die Amtsleiterin. Die Bauordnung verlange für die Genehmigung eines Bauantrages nicht, dass der Zugang zur Fläche überprüft wird: „Die Veranstaltungsfläche begann an der Rampe. Früh in der Planung war damit klar, dass die Tunnel nicht voll laufen durften. Dazu schrieb die Bauordnung Vereinzelungsanlagen vor, die aber nicht auf dem Veranstaltungsgelände, sondern im öffentlichen Raum installiert wurden“, sagte die Zeugin. Für die Sicherheit bei Großveranstaltungen im öffentlichen Raum ist das Ordnungsamt zuständig. „Wir sind davon ausgegangen, dass die Leute nicht ungebremst auf die Rampe kommen. Für uns war klar, da kümmern sich andere drum“, erklärte die Bauamtsleiterin die Zuständigkeiten der Fachleute von Ordnungsamt, Feuerwehr und Polizei für die Sicherheit der Zuwege.
Seit das Bauordnungsamt Anfang 2010 in das Genehmigungsverfahren involviert war, hätten ihre Mitarbeiter die Veranstalterin Lopavent mehrfach und immer wieder aufgefordert, eine Bauantrag einzureichen, damit ihre Behörde die Genehmigung des Güterbahnhofsgeländes als Veranstaltungsgelände prüfen könne: „Dies ist sowohl von der Kanzlei von Lopavent als auch von den Mitarbeitern immer wieder zurück gewiesen worden. Der Kooperationsvertrag der Ruhrgebietsstädte von 2007 hätte eine solche Vorgehensweise nicht vorgesehen, so die Lopavent-Argumentation.
Für die Sicherheit der Zu- und Abwege waren Fachleute gefragt

Gedenktstätte für Opfer der Loveparade 2010 in Duisburg am Alten Güterbahnhof.
Foto: Petra Grünendahl,
„Es ist nicht unüblich, dass Bauherren große Vorhaben platzen lassen wollen, wenn sie Gegenwind bei der Baugenehmigung kriegen. Lopavent war in dieser Hinsicht ein ganz gewöhnlicher Bauherr“, erklärte die Amtsleiterin. Nur: „Die wollten nicht einsehen, dass sie einen Bauantrag einzureichen hatten. Das wäre nicht nötig: ‚Wir bauen doch gar nicht’ haben sie argumentiert.“ Dass sie einen solchen im Gegensatz zu Essen oder Dortmund einzureichen hatten, war der Tatsache geschuldet, dass die Veranstaltung dort im öffentlichen Raum stattfand. In Duisburg jedoch sollte die große Party auf einen eingezäunten Privatgelände steigen, für das eine Nutzungsänderung beantragt werden musste: Deswegen ein Bauantrag! Nachdem Lopavent und deren Anwälte monatelang von der Bauaufsicht ein „konstruktive Entgegenkommen“ gefordert hatten, reichten sie Anfang Juni schließlich doch einen Bauantrag ein. Erst jetzt konnte die Bauaufsicht diesen darauf hin prüfen, ob alle gesetzlichen Anforderungen an die Fläche erfüllt sind. Sicherheitsbedenken der Fachleute von Feuerwehr, Polizei oder Ordnungsamt spielten hierfür keine Rolle, denn für die Zuwegung galten andere Zuständigkeiten als für die Veranstaltungsfläche. „Wir haben nicht billigend in Kauf genommen, dass Menschen zu Schaden kommen, wie uns immer wieder vorgeworfen wurde. Ich wusste doch, dass sich Kinder meiner Mitarbeiter und meiner Freunde auf der Loveparade sein würden. Wenn sich jeder an Absprachen gehalten hätte, wäre nichts passiert“, ist sich die Zeugin sicher.
Man erinnere sich an Aussagen früherer Zeugen vor Gericht [den einen oder anderen haben wir hier auch dokumentiert], die vom unkoordinierten Öffnen und Schließen der Vereinzelungsanlagen und mangelhafter Kommunikation der vor Ort Verantwortlichen berichteten. So konnten Tunnel und Rampe voll laufen, was die Vereinzelungsanlagen und wenn nötig die Sperrung der Zuwege zum Gelände hätten verhindern sollen.
© 2019 Petra Grünendahl (Text und Fotos)
Fotos: Petra Grünendahl (3). Lars Heidrich / Funke Foto Services (1)