Im Hafen wird Geld verdient:
Logistik sichert Wahlstand und Arbeitsplätze Von Petra Grünendahl
Dr. Christoph Kösters, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Verkehrswirtschaft und Logistik NRW (VVWL). Foto: Petra Grünendahl.
„Die Industrie braucht funktionierende Logistik“, erklärte Dr. Christoph Kösters, Hauptgeschäftsführer des Verbandes Verkehrswirtschaft und Logistik NRW (VVWL). Die funktionierende Logistik ist allerdings angesichts der maroden Infrastruktur – aktuelle Beispiele sind die zeitweisen Sperrungen der A40-Rheinquerung Neuenkamp oder der A1 bei Leverkusen – längst nicht mehr gewährleistet, worunter auch der Wirtschafts- und Logistikstandort Duisburg leidet. Zumal sich Duisburg mit dem größten Binnenhafen der Welt als Hinterlandhub der westlichen Nordseehäfen*) und logistische Drehscheibe etabliert hat.
Uwe Beckmeyer, Maritimer Koordinator beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie. Foto: Petra Grünendahl.
Bereits zum siebten Mal fand in der IHK an der Mercatorstraße das Branchenforum SchifffahrtHafenLogistik statt. Fachleute und Unternehmer aus der Branche befassten sich in diesem Jahr mit dem Thema „Maritime Verkehrspolitik des Bundes – Die Rolle der Binnenländer“. Die Traditionsveranstaltung des Verbandes Verkehrswirtschaft und Logistik Nordrhein-Westfalen (VVWL) e.V., des Logistikclusters NRW in Zusammenarbeit mit der Niederrheinischen IHK, stieß mit ca. 90 Teilnehmern aus der Logistikbranche, der Industrie, Politik und dem Verkehrsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen wieder auf ein reges Interesse. Als Gastredner hatte man Uwe Beckmeyer, Maritimer Koordinator beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, gewinnen können. Das „Hinterland“ sei kein nachgelagerter Partner, sondern ein elementarer Bestandteil der Maritimen Logistik: „Und daher sind wir im Cluster NRW auch seit Jahren so ‚vermessen‘, vom ‚Maritimen Logistikstandort NRW‘ zu sprechen“, so Christoph Kösters in seiner Begrüßung. Kösters rannte damit bei Beckmeyer offene Türen ein: „Maritime Logistik endet nicht an der Küste, da sind wir uns einig“, erwiderte Uwe Beckmeyer. Deshalb müsse der Bundesverkehrsminister mit der Düsseldorfer Liste so umgehen, wie mit der Ahrensburger Liste: Beide listen vorrangig benötigte Infrastrukturprojekte auf und müssten in einem Gesamtkonzept gleichrangig berücksichtigt werden. Deutschland müsse allerdings insgesamt seine Infrastrukturinvestitionen deutlich erhöhen, sagte Beckmeyer.
Hans Martin Müller, Ministerialrat im Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW. Foto: Petra Grünendahl.
Nicht nur betriebswirtschaftlich,
sondern auch volkswirtschaftlich denken
Nordrhein-Westfalen ist als Logistikstandort das Binnenschifffahrtsland Nummer 1: Rund 25 Prozent des Güterverkehrs wird über das Wasser abgewickelt. So schlagzeilenträchtig wie gesperrte Autobahnbrücken sind andere Baustellen in der Infrastruktur nicht, aber auch hier besteht Nachholbedarf: Das westdeutsche Kanalnetz stammt aus Kaisers Zeiten, Sanierungen sind dort ebenso nötig wie Anpassungen der Infrastruktur an den heutigen Bedarf. zum Beispiel durch Brückenanhebungen. Hans Martin Müller, Ministerialrat im Ministerium für Bauen, Wohnen, Stadtentwicklung und Verkehr des Landes NRW, ging in seinem Impulsreferat auch auf den Zustand der Wasserstraßeninfrastruktur ein und erklärte einige Probleme seien hausgemacht, da in den Fachverwaltungen das nötige Personal zur Planung fehle.
Branchenforum SchifffahrtHafenLogistik: Blick ins Auditorium. Foto: VVWL.
Die Sicherung der Hafenstandorte in NRW gegen städtebauliche Begehrlichkeiten brennt der Wirtschaft natürlich ebenso unter den Nägeln. Logistikflächen in Häfen sind schon jetzt knapp für die Wertschöpfende Industrie, die Steuern und Arbeitsplätze garantiert. Hier versicherte Müller, dass das Hafen- und Logistikkonzept 2015 zwar an der vielfach kritisierten Priorisierung von „landesbedeutsamen Häfen“ festhalten solle, alle anderen Binnenhäfen allerdings ebenso geschützt seien: „Im Hafen wird Geld verdient und das soll auch so bleiben!“
Gerd Deimel, Vorsitzender des Deutschen Seeverladerkomitees (DSVK) und Bevollmächtigter des Lanxess-Vorstandes für die Initiative Infrastruktur des VCI. Foto: Petra Grünendahl.
Gerd Deimel, Vorsitzender des Deutschen Seeverladerkomitees (DSVK) und Bevollmächtigter des Lanxess-Vorstandes für die Initiative Infrastruktur des VCI, wies auf die strategische Bedeutung von NRW für die deutsche Wirtschaft hin. Er erinnerte daran, dass der Hamburger Hafen einen Anteil von 12 Prozent am deutschen Außenhandel hat, der Rotterdamer Hafen ihm mit einem Anteil von 10 Prozent folgt. Die Relationen dürften aber im „nordrhein-westfälischen“ Außenhandel anders aussehen. Die Bedeutung der Westhäfen* stellt in NRW keiner in Frage, die Hinterlandanbindung über den Rhein an das westdeutsche Kanalnetz ist ein bedeutender Standort- und Wirtschaftsfaktur im Land. „Wir dürfen nicht nur betriebswirtschaftlich, sondern sollten auch volkswirtschaftlich denken“, so Deimel, und weiter: Die Logistik, über welchen Seehafen sie auch abgewickelt wird, sichere Wohlstand, Wachstum und Arbeitsplätze in ganz Deutschland.
Diskussionsrunde (v.l.): Moderator Sebastian Reimann (Stv. Chefredakteur DVZ), Ralf Düster (Setlog GmbH), Michael Viefers (Rhenus SE & Co. KG), Hans-Michael Dietmar (DB Schenker AG Global Ocean Freight) und Steffen Günner (Apanage Fashion Group (Steilmann) / NTS Bangladesh). Foto: VVWL.
Im zweiten Teil der Veranstaltung befasste sich eine Podiumsrunde mit „Maritime Supply Chains 4.0: Optimierung und Innovationen“ und der Logistik in globalen Produktions- und Lieferketten. Aus der Praxis schilderten Ralf Düster (Setlog GmbH) und Steffen Günner (Apanage Fashion Group (Steilmann) / NTS Bangladesh), wie heute schon globale Supply-Chains unter der Nutzung der Seeschifffahrt digital gestützt funktionieren und wohin in naher Zukunft die Reise geht. In der abschließenden Diskussionsrunde nahmen neben den beiden Referenten auch Hans-Michael Dietmar (DB Schenker AG Global Ocean Freight) und Michael Viefers (Rhenus SE & Co. KG) teil.
*) Die Westhäfen werden auch ZARA-Häfen genannt: Zeebrügge, Antwerpen, Rotterdam und Amsterdam.