Niederrheinische IHK: Konjunkturbericht der Wirtschaft im Ruhrgebiet

Wirtschaftslage ist noch gut, aber Optimismus schwindet
Von Petra Grünendahl

”Noch sind die Unternehmen gut beschäftigt, aber es macht sich Unsicherheit breit”, erklärte Frank Wittig, Vizepräsident der IHK Duisburg Wesel Kleve, die Stimmung der Wirtschaft im Ruhrgebiet. Die Nachfrage schwächelt schon, aber: „Die Rahmenbedingungen, die uns die Politik vorgibt, machen uns Sorgen.“ So schmeißt die „Rente mit 63“ gerade in mittelständischen Unternehmen langfristige Personalplanungen über den Haufen. Erfahrene Fachkräfte mit entsprechender Qualifikation sind nicht mal einfach so zu ersetzen.

V. l.: Reinhard Schulz (IHK Dortmujd), Frank Wittig, Dr. Stefan Dietzfelbinger (beide Niederrheinische IHK) und Dr. Gerald Püchel (IHK Essen). Foto: Petra Grünendahl.

V. l.: Reinhard Schulz (IHK Dortmujd), Frank Wittig, Dr. Stefan Dietzfelbinger (beide Niederrheinische IHK) und Dr. Gerald Püchel (IHK Essen). Foto: Petra Grünendahl.

Den 93. Ruhrlagebericht der IHKs im Ruhrgebiet hat die Niederrheinische IHK, die in diesem Jahr federführend ist, nun vorgelegt. Frank Wittig und Hauptgeschäftsführer Dr. Stefan Dietzfelbinger von der Niederrheinischen IHK stellten den gemeinsamen Konjunkturbericht „Herbst 2014“ mit den Ergebnissen der jüngsten Umfragen gemeinsam mit Reinhard Schulz, Hauptgeschäftsführer der IHK Dortmund, und Dr. Gerald Püchel, Hauptgeschäftsführer der IHK Essen Mülheim Oberhausen, vor. Mit einem Konjunkturklimaindex Ruhr von 114 kann nach einem Wert von 115 im Frühjahr ist zumindest die aktuelle Wirtschaftslage stabil. Allerdings treiben die Rahmenbedingungen für künftige Entwicklungen so manchem Unternehmer Sorgenfalten auf die Stirn. Beteiligt hatten sich an der Umfrage rund 1.000 Unternehmen aller Branchen mit über 170.000 Beschäftigten.

Schlüsselinvestitionen bleiben aus
Rückläufige Aufträge aus dem Ausland dämpfen die Erwartungen der Wirtschaft. Die Auslastung der Produktionskapazitäten lag bei 82,5 Prozent. Bei Investitionen in den Standort halten sich vor allem Industrie-Unternehmen zurück: Ersatzbeschaffungen (74 Prozent), Rationalisierungsmaßnahmen (32 Prozent) und Produktinnovationen (30 Prozent), aber kaum Betriebserweiterungen oder Neuansiedlungen. „Auf einen Industriebetrieb, der Arbeitsplätze schaffen will, kommen zwei, die Personal einsparen wollen. Aber auch die Bereiche Handel und Dienstleistung blicken zunehmend mit Sorge in die Zukunft. Die Beschäftigung stagniert. Gesucht werden vor allem Fachkräfte.

An der Steuerschraube beißt sich der Hund in den Schwanz
„Die kommunale Finanzierung steht auf den falschen Säulen“, erklärte Wittig ein ganz massives Problem der Region Ruhrgebiet mit seinen hoch verschuldeten Städten. Zwar mahnte er die Kommunen zum Sparen, allerdings machte er auch die Umverteilung von Lasten vom Bund und Land auf die Städte als Problem aus, da sie nicht ordentlich gegenfinanziert würden. Die einzige Schraube, an der die Städte drehen könnten, um mehr Einnahmen zu erzielen, wenn ihnen die Pflichtausgaben davon laufen, sei die Steuerschraube, so Wittig: die Gewerbesteuer und die Grundsteuer. Hier beißt sich aber der Hund in den Schwanz: Hohe Steuern machen die Region unattraktiv für neue Ansiedlungen, zumal wenn schon in der Nachbarschaft Städte mit niedrigen Steuersätzen locken. „Steuern können ganz entscheidend sein, ob ich mein Unternehmen hier ansiedle oder woanders“, bestätigte auch Dietzfelbinger.

Bewährtes System steht auf dem Spiel
Der Mindestlohn macht Frank Wittig auch in Bezug auf die duale Ausbildung Sorgen. Angesichts des demographischen Wandels geben mehr Unternehmen auch schlechteren Schulabgängern eine Chance auf einen Ausbildungsplatz. Der Mindestlohn ab 18 Jahre könnte künftig so manchen schlechten Schulgänger, die meist dicht an der Volljährigkeit oder schon drüber sind, dazu verleiten, sich eine ungelernte Tätigkeit zum Mindestlohn zu suchen, statt einen Ausbildungsplatz, bei dem deutlich weniger bezahlt wird. „Hier wird ein bewährtes System konterkariert“, so Wittig. Denn nur eine gute Ausbildung bietet die Möglichkeit auf Zukunft, während ungelernte Tätigkeiten schon lange immer weniger werden.

© 2014 Petra Grünendahl (Text und Foto)

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