Gelände nur für 200.000 bis 250.000 genehmigungsfähig, Tunnel und Rampe zu eng
Von Petra Grünendahl

Klaus Jürgen Schäfer, damals Leiter des Instituts für Feuerwehr- und Rettungstechnologie (IFR) der Stadt Dortmund, sagte im Loveparade-Strafprozess vor dem Landgericht Duisburg aus. Foto: Petra Grünendahl.

Der Vorsitzende Richter Mario Plein, von der 6. großen Strafkammer des Landgerichts Duisburg, flankiert von zwei beisitzenden Richterinnen. Foto: Lars Heidrich / Funke Foto Services.
Ein erfahrener Planer von Großveranstaltungen

Gedenktstätte für Opfer der Loveparade 2010 in Duisburg am Alten Güterbahnhof.
Foto: Petra Grünendahl,
Sowohl in Essen (2007) als auch in Dortmund (2008) habe es massive Probleme gegeben, erzählte Schäfer, die nur durch viel Glück nicht zu Katastrophen geführt hätten. In Essen habe die Loveparade unweit des Hauptbahnhofes stattgefunden, was zum Rückstau der Besucher bis in den Bahnhof hinein und wartende Züge auf den Gleisen führte. Stauungen der Floats habe es bei einer Straßenverengung gegeben, die besonders an einem Wagen kritisch wurden, bei den vielen Menschen drum herum mitliefen. In Dortmund sei es Starkregen gewesen, der gegenläufige Menschenströme aus einem U-Bahnhof ins Freie zur Loveparade sowie in umgekehrte Richtung von Schutz suchenden Menschen ins Trockene verursachte. Hier wie auch an anderen Stellen wurden dichte Menschenmassen zum Problem, da es keine Ausweichflächen gab. Ab sechs Personen pro Quadratmeter wird die Masse zum Risiko, ab acht Personen mitunter tödlich: Roskilde, das Heysel-Stadion in Brüssel oder das Rheinstadion bei einem Tote-Hosen-Konzert führte Schäfer als Beispiele an.
Ende März 2010 frühes Stadium der Planungen

Aus Platzgründen findet das Strafverfahren gegen vier Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent und sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg vor der 6. großen Strafkammer des Landgerichts Duisburg im CongressCenter der Messe Düsseldorf (CCD) statt. Foto: Petra Grünendahl.
Das Gelände empfand er als ungeeignet (Schotter, verbliebene Gleise), den Zugang durch den Tunnel als riskant: „Menschenströme von zwei Seiten, die aufeinander prallen und dann den 90 Prozent Schwenk auf die Rampe verstehen müssen.“ Das sah er schon als Zugang riskant an. Dass über den gleichen Weg die Besucher das Gelände verlassen sollten, musste zum „Schichtwechsel“ zu weiteren Problemen führen: Wer früh kam, wollte nach der eigentlichen Parade wieder gehen, während zur gleichen Zeit am späteren Nachmittag die Besucher kamen, die zur Abschlusskundgebung wollten. „Die Personenstromführung war gegen jede Regel. Die Breite der Rampe war zu schmal, es gab keine Entlastungsflächen.“ Ähnlich war es auf den Zuwegen vom Bahnhof zur Karl-Lehr-Straße: Bauzäune begrenzten den Straßenraum. So wäre auch klar, dass Vereinzelungsanlagen unter zu hohem Druck nicht standhalten könnten. Und der Druck hätte sich mangels Entlastungsflächen zwangsläufig aufgebaut.
Wie soll man mit ignoranten Vorgesetzten umgehen?

Aus Platzgründen findet das Strafverfahren gegen vier Mitarbeiter des Veranstalters Lopavent und sechs Mitarbeiter der Stadt Duisburg vor der 6. großen Strafkammer des Landgerichts Duisburg im CongressCenter der Messe Düsseldorf (CCD) statt. Foto: Petra Grünendahl.
Er und sein wissenschaftlicher Mitarbeiter hatten im kleinen Kreis mit der Stellvertretenden Leiterin des Ordnungsamtes, Feuerwehrleuten sowie Mitarbeitern der Bauaufsicht weiter über die Möglichkeiten von Planung und Genehmigung der Loveparade 2010 in Duisburg gesprochen. So, wie ihm die Planungen vorgestellt worden seien, sei das Ganze nicht genehmigungsfähig gewesen: „Durch Verbesserungen hätte man da aber vielleicht etwas machen können“, fand Schäfer. Er habe angeboten, die Planungen mit dem IFR wissenschaftlich zu begleiten, um hinterher Material aus Kameraüberwachungen für Forschungszwecke mitnehmen zu können. Nachdem er zum 1. Mai 2010 vom Dienst suspendiert worden war, habe er den weiteren Planungsprozess nicht mehr begleiten können, bedauerte Schäfer.
Er habe im Seminar zu einer Gesamtgenehmigung geraten, erinnerte sich Schäfer. Verschiedene Behörden seinen an der Planung beteiligt gewesen (Feuerwehr, Polizei, Ordnungsamt und Bauaufsicht), so dass es ein Gesamtkonzept habe geben müssen. Letztendlich sei es aber nur eine baurechtliche Verfügung gewesen, mit der die Veranstaltung genehmigt worden sei.
© 2018 Petra Grünendahl (Text und Fotos)
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